Tiffany Duo Band 128
bis zur Tür bringen?" fragte Lucy mit leichtem Ärger. „Ich bin doch nicht völlig hilflos ."
„Er ist so aufmerksam", stellte Sally fest und setzte sich ebenfalls. „Er ist natürlich sehr ruhig, aber bei einem Nachbarn ist das doch eine gute Eigenschaft, nicht wahr?"
Das sagen Nachbarn immer, wenn ein Serienmörder gefasst wurde, dachte Lucy. Er war ein ruhiger Mann .
„Sally, darf ich dich etwas fragen?"
„Immer, Schätzchen, was willst du wissen?" antwortete sie und schaute Lucy aufmerksam in die Augen.
„Gehörst du zu denen, die denken, er habe seine Exfrau und die anderen getötet?" Lucys Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Sally zögerte kurz, schüttelte dann den Kopf. „Nein. Erst schon", gab sie zu. „Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto weniger scheint es mir zu stimmen. John ist so fürsorglich zu dir, er ist so ... anständig. Das hat mich meine Meinung ändern lassen."
„Gut", sagte Lucy erleichtert" John musste erfahren, dass er sich irrte, wenn er sagte, alle hielten ihn für schuldig. Wenn Sally ihn nicht für verdächtig hielt, dann gab es sicher auch andere, die genauso dachten. „Du wolltest mir gestern von Claire erzählen, als wir unterbrochen wurden."
„Sie war sehr ..."
„Nett", vervollständigte Lucy den Satz. „Ich will nicht, dass du höflich bist. Ich will wissen, warum sie jemand getötet hat,"
Sally seufzte und stützte die Arme auf den Tisch. „Nun, ich nehme mal an, dass es einer von ihren Verehrern gewesen ist." Sie runzelte die Stirn. „Claire wurde von Männern geradezu angebetet, und sie hat es auch immer genossen. Wie soll ich es dir erklären. Stell dir vor, es sind zwanzig Frauen und ein Mann auf einer Party: Claire wäre schnurstracks zu dem Mann gegangen. Sie hätte mit ihm geflirtet, ihn angelacht und sich von ihm bewundern lassen. Irgendwie hat sie das ständig gebraucht."
Lucy runzelte die Stirn. Sie hatte John für klüger gehalten, als dass er auf so eine Frau hereinfiel. Natürlich war er bei der Hochzeit noch sehr jung gewesen, das durfte sie nicht vergessen.
„Du sagst, dass sie viele Affären hatte - wie viele?"
Sally zuckte die Achseln. „Schwierig zu sagen. Claire war zwar nicht gerade diskret, aber sie war auch nie vor aller Augen untreu. Es gab Gerede, das ist alles. Ich habe von drei Affären gehört, solange John und sie verheiratet waren, und nach ihrer Trennung gab es noch ein paar." Sie beugte sich vor. „Einige davon mit verheirateten Männern."
Lucy seufzte. „Die Liste der Verdächtigen wird dadurch immer länger." Sie fragte sich, ob der Ripper vielleicht sogar eine Frau war. Der Angreifer war groß gewesen und hatte sich wie ein Mann bewegt - aber möglich wäre es. Vielleicht eine wütende Ehefrau?
Aber warum dann die anderen beiden? Warum Lucy? Warum hatte der Mörder nach Claire nicht aufgehört? Trotz der anderen und der Gefahr, in der sie selber schwebte, war sie überzeugt davon, dass Claire der Schlüssel zu allem war.
„Ja, da hast du Recht. Eine alte Flamme, ein neuer Liebhaber, ein sehr eifersüchtiger Mann." Sally sah Lucy an. „Warum nur hat der Ripper auch Ann und Sylvia umgebracht? Warum hat er es auf dich abgesehen? Das ist alles so kompliziert. Ich hätte es John jedenfalls nicht verdenken können, wenn er Claire umgebracht hätte."
„Jeder von den anderen Männern ..." begann Lucy.
„Es war so leicht, sich in Claire zu verlieben, und es war so leicht, sie zu hassen", sagte Sally so leise, dass Lucy sie kaum verstand. „Ich habe sie gehasst."
Lucy wagte es nicht, sich zu rühren. Sie hielt den Atem an.
„Ich bin froh, dass sie tot ist. Red Grove ist ohne sie besser dran."
Sally sah dabei so schuldig aus, als hätte sie gerade die Morde gestanden.
„Was ist mit der vorbildlichen Claire passiert, der Präsidentin des Gartenclubs?"
„Niemand sonst wollte den Posten haben, nur sie." Sally lächelte zittrig. „Weißt du, bei Claire war es so, dass es ihr egal war. Sie schlief mit einem verheirateten Mann und hatte nicht einmal Schuldgefühle. Sie hat John betrogen und dann den Spieß rumgedreht und so getan, als wäre es seine Schuld. Solange sie nur glücklich war, spielte nichts sonst eine Rolle." Sie rührte ihren Kaffee um. „Egoistische Ziege", murmelte sie dann. „Wenn der Ripper nur sie umgebracht hätte, hätten wir ihm am Ende noch eine Medaille verliehen."
Sie waren auf die Terrasse gegangen, weil sie es beide nicht mehr im Haus aushalten konnten. Willis rieb sich
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