Tiffany Duo Band 77
Winkel an Deck.
Es war ein warmer Abend. Die schwimmende Party war eine Stunde lang den Ohio hinunter geschippert, und nun waren sie auf der Rückfahrt zum Pier.
Lonnie futterte zufrieden, während sie die vorbeiziehende Uferszenerie betrachtete. Vom Mount Washington leuchteten die Lichter der exklusiven Apartmenthäuser herüber. Die beiden roten Kabinen der Kabelbahn bewegten sich in gegenläufiger Richtung am Hang, hinauf und hinab, in einem perfekt ausgewogenen Balance-System.
Lonnie war seit einer Ewigkeit nicht mit der Bahn gefahren, und da bei machte es soviel Spaß. Außerdem hatte man von oben einen herrlichen Blick über die Stadt.
Sie spießte eine Olive auf und steckte sie in den Mund. Dann pickte sie nach einer Garnele, tunkte sie in die scharfe Soße und wollte gerade genußvoll hineinbeißen, als eine leise belustigte Stimme sie stoppte.
„Hat die kleine Krabbe irgendwelche Pläne?"
Lonnie starrte auf die soßetriefende Garnele und dann zu der Gestalt im Schatten. „Spielen Sie auf meine Größe oder auf diesen Appetithappen an?"
Sam lachte und trat näher. „Sie können es nicht lassen, mich zu necken, Miss Stockton. Aber heute lasse ich mich nicht darauf ein. Ich meine aufs Streiten. Was tun Sie hier so allein, Lonnie?"
„Sehen Sie das nicht? Ich esse." Nicht schwach werden! Bleib auf Distanz! mahnte sie sich.
Ihr Vorsatz bröckelte mit jedem Schritt, den er näherkam. Er sah so umwerfend gut aus, er war gut gelaunt und nett zu ihr. Daß sie ihn etwas zu gern mochte, war ihr ganz persönliches Problem.
Was solls's, dachte sie. Ich bin auf einer Party und will mich amüsieren.
Sie lächelte kokett. „Futterneid, Mr. Triver?" spottete sie und hielt ihm den Bissen hin. Er nahm die Garnele zwischen die Lippen und ließ sie langsam in seinem Mund verschwinden, ohne den Blick von Lonnie zu wenden.
Aus dem Salon drangen die weichen Klänge des Saxophons. Die warme Nachtbrise liebkoste Lonnies Schultern.
„Ist dies Ihre Musik, Triver? Gefühlvoller Jazz?" Ihre Augen lachten.
„Genau, das ist die Musik, die ich mag." Während Sam ihr Gesicht betrachtete, schwand sein kühl-beherrschter Ausdruck. Ein heißes Feuer glomm in seinen Augen.
Lonnies Herz schlug schneller. Sie riß sich von seinem Blick los und konzentrierte sich auf ihren Teller.
Warum bist du nicht bei Victoria? Die Frage spukte in ihrem Kopf herum. Frag ihn!
Sie nahm ein Rippchen vom Teller, biß hinein und leckte sich über die Lippen. Sam verfolgte die Bewegung ihrer Zunge.
„Mein Barbecue ist besser", stellte sie fest.
„Das glaube ich."
Wieder durchrieselte sie ein heißes Prickeln.
Frag ihn, warum er nicht mit ihr zusammen ist, du Feigling!
„Warum..." begann sie, „warum sind Sie mir nach draußen gefolgt, Sam?"
Er schwieg. Sollte er ihr antworten, daß er aufs Deck gekommen war, um ihr zu ihrem Erfolg zu gratulieren? Denn sie hatte nicht nur bei der Bürgermeisterin, sondern auch bei Defranco gewonnen.
Frank Defranco hatte Sam nach dem Tanz abgefangen und einige Worte mit ihm gewechselt. Nur ein, zwei knappe Sätze, aber bei einem Millionär konnten wenige Worte großes Geld bedeuten.
Und so war es. Hunderttausende würden im Verlauf des nächsten Jahres auf das Anzeigenkonto der „News" fließen.
Abgesehen von Lonnies Charme und ihrer Schönheit hatte Defranco ihre Intelligenz und Dynamik gepriesen. Er wolle ihr und der „News" eine Chance geben, hatte er versprochen.
Die Zeitung würde also dank Lonnie Anzeigen im großen Stil be kommen. Aber Sam hätte gelogen, wenn er Lonnie dies als Grund genannt hätte. Er hatte sich nach ihrer Nähe gesehnt und sie deshalb an Deck gesucht.
„Sam? Haben Sie mich nicht gehört? Warum sind Sie mir hierher gefolgt?”
„Um mit Ihnen zu tanzen." Das sinnliche Klanggemisch von Tenorsaxophon, Jazz-Piano und Bass erfüllte die Dunkelheit.
„Kennen Sie den Cotton Eye-Joe?" fragte Lonnie in breitestem Texanisch.
Sam lachte. „Tut mir leid, da muß ich passen. Sie wissen, in texanischen Eingeborenentänzen kenne ich mich nicht aus. Versuchen wir's auf meine Art. Darf ich bitten?"
Sie lächelte und schmiegte sich in seine Arme. Unter dem klaren Sternenhimmel, im Silberlicht des Mondes wiegten sie sich zum Sound der Jazzmusik. Sam führte Lonnie mit traumhafter Sicherheit. Plötzlich streckte er den Arm, drehte sie in einer Pirouette und fing sie wieder auf.
„Wow", murmelte sie, „nicht schlecht, Triver."
„Dann waren also die Tanzstunden, die meine
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