Tiffany Extra Band 03
lässt. Aber ist auch egal. Ich bin ja froh, dass die Schreinerei meines Vaters so gut läuft. Sam und Dad haben immer zu tun.“
In der offenen Tür blieb Gwen zögernd stehen. „Willst du nicht mit uns zum Lunch kommen?“
„Nein, danke.“ Der Anblick eines glücklichen Pärchens würde sie nur deprimieren. Gwen und ihr Freund tauschten oft verliebte Blicke aus, dabei kannten sie sich schon seit Jahren.
„Und was hast du mit dem Rest deines freien Tages vor?“
„Ich muss den Dachvorsprung reinigen.“
Gwen stöhnte. „Du bist unverbesserlich.“
„Ja.“ Marley grinste. „Aber du liebst mich trotzdem.“
„Stimmt. Wir sehen uns morgen im Krankenhaus, okay?“ Gwen umarmte sie, dann lief sie die Verandastufen hinab und stieg in ihren schwarzen Jeep.
Marley winkte ihrer Freundin noch einmal zu und ging ins Haus zurück. Nun war sie wieder allein. Sie seufzte. Jedes Gespräch über Patrick weckte wieder all die bitteren Gefühle in ihr. Die Wut auf ihn. Den Abscheu, weil sie einen Mörder geliebt hatte. Und auch die Selbstvorwürfe!
Wie hatte sie nur so blind sein können?
Auf ihre Menschenkenntnis war anscheinend kein Verlass. Sonst hätte sie doch spüren müssen, dass ihr Verlobter ein Doppelleben führte, oder? Sie hatte jedoch nie etwas gemerkt. Nie den geringsten Verdacht geschöpft. Und das verunsicherte sie. Wie sollte sie in Zukunft denn wissen, ob sie ihren Instinkten trauen durfte?
Ach, Marley kam sich so dumm vor. Warum war sie nie misstrauisch geworden? Sie hatte Patrick immer jeden Wunsch erfüllt, ihm jedes Wort geglaubt. Egal, was er ihr erzählt hatte. Darum gab es auch ein gemeinsames Sparkonto. Er hatte gemeint, da sie ja bald heiraten würden, bräuchten sie eins. Zum Glück war sie nicht dazu gekommen, Geld einzuzahlen, aber es ärgerte sie, dass dieses Konto noch existierte. Die Polizei hatte es sperren lassen und bislang nicht wieder freigegeben, also konnte sie es nicht löschen.
Und ja, Marley gab es zu, sie versteckte sich vor der Welt. Aber das Streichen und Tapezieren half ihr, nicht ständig an ihren Exverlobten zu denken, der sich vermutlich in Mexiko ein schönes Leben machte. Außerdem hatte sie wirklich Spaß an solchen Arbeiten.
Marley wohnte in einem ruhigen Stadtteil mit viktorianischen Häusern, die von Rasenflächen und Laubbäumen umgeben waren. Ihr Haus lag am Ende einer Sackgasse. Es hatte zwei Stockwerke, war cremefarben gestrichen und brauchte dringend neue Fensterläden. Die Holzveranda war bereits ziemlich morsch, und die Zimmer mussten auch renoviert werden, doch Marley liebte dieses romantische alte Gebäude.
Sie schlüpfte in ihre weißen Sneaker, holte sich einen Handfeger und ging damit nach draußen, wo sie heute Morgen eine Leiter an die Hauswand gelehnt hatte.
Gut, in schwindelerregende Höhen zu klettern, um Spinnweben aus den Ecken zu fegen, war keine erfreuliche Aufgabe, doch es musste getan werden. Und man konnte ja nie wissen – vielleicht erfüllte sich eine von Gwens Fantasien.
Ein sehr attraktiver dunkelhaariger Mann kommt auf dein Haus zu. Er lächelt dich an und sagt: „Holde Schöne. Ich finde Sie bezaubernd. Bitte lassen Sie mich Ihren Dachvorsprung reinigen.“
Marley musste kichern. „Diese holde Schöne braucht keinen Mann, der ihr zu Hilfe eilt“, lachte sie und stieg entschlossen die Leiter hinauf.
Caleb Ford lehnte sich auf dem Drehstuhl zurück, ohne den Blick vom Monitor zu wenden. Verflucht noch mal! Bisher hatte er sich immer für einen anständigen Mann gehalten – und nun war er ein Spanner.
Na ja, nicht freiwillig. Die Observierung von Personen gehörte zu seinem Job. Und es war ja auch nicht so, dass er jemanden ohne Grund bespitzelte. Die meisten der Verdächtigen hatten ziemlich was auf dem Kerbholz. Aber … diese blonde Frau zu überwachen, schien ihm nicht richtig zu sein.
Süß sah sie aus. Sehr verführerisch. Und Caleb fühlte sich wie ein Schuft, weil er sie heimlich beobachtete.
Er war seit zehn Jahren bei der Drogenfahndung, hatte schon etliche Verbrecher ins Gefängnis gebracht und war einige Male angeschossen worden. Es mangelte ihm also nicht an Erfahrung. Doch nun saß er hier, und diese simple Überwachung machte ihn völlig nervös.
Dabei war es ein Job für Anfänger. Man musste nur warten und zugreifen, sobald die Zielperson auftauchte. Die örtlichen Gegebenheiten waren optimal, die technische Ausrüstung vom Feinsten, und der Lockvogel verließ kaum das Nest.
Ja, als Profi sollte
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