Tiffany Lieben & Lachen Band 0003
durch.”
Rosie warf den Plastiklöffel in die Spüle. Dass sie sich vor Kurzem selbst wie so ein Mädchen gefühlt hatte, wollte sie der Freundin lieber nicht erzählen. “Ich muss gehen. Ich muss noch die Notiz von Mr Real schreiben und dann los.”
“Du kannst sicher fantastisch Süßholz raspeln, egal wie der Typ ist.”
Rosie sah Pam überrascht an. “Glaubst du?”
“Na, nach all dem Honig, den du gegessen hast …”
Ben ging schnell die Straße hinunter. Das Hemd klebte ihm auf der Haut. Die Sommer in Chicago waren meist heiß und feucht. Hier in der Innenstadt waren immer viele Menschen unterwegs. Aber er war froh, dass seine Kanzlei mitten in der Stadt lag, hier war viel los, und es gab jede Menge Restaurants. Und das Café, in dem er Mr Real treffen würde, war gleich um die Ecke.
Er stieß die Tür auf und schloss kurz die Augen, als ihn ein Schwall kühler Luft traf. In dieser Jahreszeit mussten die Räume klimatisiert sein. Dann sah er sich um. Der Raum war voll. Aber die meisten Menschen übersahen die beiden Plätze bei dem Bücherregal, das hinter der Kasse stand.
Ben schlängelte an der Kasse vorbei. Eine Frau saß auf einem der beiden Stühle. Jetzt blickte sie hoch, starrte ihn kurz an und lächelte dann.
Ben blieb überrascht stehen. “Sie …?”, fragte er mit einem leicht drohenden Unterton.
Sie strahlte ihn an, als könnte sie sich nichts Schöneres vorstellen, als ihm hier zu begegnen. “Hallo!”
“Ihretwegen habe ich wahrscheinlich einen Klienten verloren.”
“Was?”
Noch nie hatte er solche großen braunen unschuldigen Augen gesehen. “Ich sage nur acht Uhr dreißig.”
“Acht …?” Sie schlug die Hand vor den Mund. “Oh! Ich habe vergessen mein Auto wegzufahren.”
“Tatsächlich?”
“Das tut mir wahnsinnig leid!” Sie stand schnell auf. “Ich würde es ja schnell wegfahren, aber ich warte hier auf jemanden.”
Selbst hier in dem Café klaute sie ihm noch den Platz! “Ich auch”, sagte Ben betont.
“Ja, die Welt ist klein”, sagte sie leise.
Zu klein. “Würde es Ihnen etwas ausmachen, sich woanders hinzusetzen?”, fragte Ben. “Meine Verabredung ist ziemlich wichtig.”
“Meine auch.”
Ben steckte die Hände in die Hosentaschen, um seine Mordgelüste zu unterdrücken. “Heute Morgen haben Sie mir den Parkplatz weggenommen, weil Sie eine wichtige Besprechung hatten. Da wäre es ja nur fair, wenn Sie mir diesen Platz jetzt für meine Verabredung überließen.”
Rosie nickte beschämt. “Wann sind Sie denn verabredet?”
“Um elf.”
“Ich auch.” Sie starrte auf ihre Hände. “Vielleicht könnten wir ja … hier beide sitzen, bis unsere Leute kommen.” Sie warf Ben einen kurzen Blick zu. “Keine gute Idee, was? Ich habe Ihnen in den letzten Tagen nur Probleme gemacht, während Sie sehr hilfsbereit waren.” Sie zog sich das Sweatshirt über die Hüften. “Ich stelle mich da an die Seite und warte auf meine Verabredung.” Sie machte ein paar Schritte in Richtung Kuchenbuffet. “Am besten, Sie beachten mich gar nicht.”
Als wenn er das könnte. “Danke”, sagte Ben und setzte sich.
Keiner von beiden sagte ein Wort. Darüber vergingen fünf Minuten. Rosie blickte angestrengt auf die Eingangstür, und er beobachtete Rosie. Ihre verrückte Frisur war etwas aus der Form geraten. Weiche braune Locken umrahmten jetzt ihr Gesicht und kringelten sich im Nacken. Sie wirkte weicher, femininer, und er musste gleich wieder an sein Lieblingsbild von Manet denken.
Während er sie beobachtete, erinnerte er sich an etwas, was schon Jahre zurücklag. Seine kleine Schwester, damals wohl sechzehn Jahre alt, stand nahe der Haustür. Sie trug ein neues hübsches Kleid und hatte ihr langes Haar mit dem Lockenstab bearbeitet und nach hinten gekämmt. Ein junger Mann sollte sie um sechs Uhr abholen. Um Viertel nach sechs stand sie immer noch da, und Ben versuchte sie zu trösten. Der junge Mann hatte sich sicher nur verspätet. Um halb sieben brachte Ben seine Schwester dazu, sich auf das Sofa zu setzen. Er setzte sich neben sie, damit sie nicht allein warten musste.
Um Viertel vor sieben fing Ben an, auf den jungen Mann zu schimpfen. Dem sei wohl nicht klar, was ihm hier entging, und er, Ben, wäre glücklich, wenn seine hübsche Schwester mit ihm ausgehen würde.
Als er Rosie so stehen sah, musste er an seine Schwester denken. Rosie war zwar energisch und wusste, was sie wollte, aber sie war auch hübsch und intelligent und wirkte
Weitere Kostenlose Bücher