Tiffany
vergaß ihren Ärger und zog ihren Notizblock näher heran. »Und was ist mit diesem sauberen Provinzler im gestohlenen Mercedes?«
Ich reichte ihr den Studentenausweis, und sie schrieb die Daten ab. »Auf jeden Fall kannst du den Besitzer von Tiffanys Hausboot ausfindig machen.«
»Vertraut sie dir nicht?«
»Warum?« Meine Stimme klang defensiver, als ich beabsichtigt hatte.
»Du bist ihr Retter in der Not. Warum macht sie so ein Geheimnis aus ihrer Identität?«
Ich schüttelte den Kopf, wütend über mich selbst, weil Tiffanys Undankbarkeit mich kränkte und Nel das sofort bemerkt hatte. »Sobald ich ihr Fragen in dieser Richtung stelle, flippt sie aus«, gab ich zu. »Meiner Meinung nach hat es nichts damit zu tun, dass irgendjemand hinter ihr her ist, aber lass uns trotzdem versuchen, mehr darüber herauszufinden.«
Sie ließ die Sache auf sich beruhen, bemerkte aber trotzdem: »Bart Simons könnte das schneller erledigen als ich.«
»Bart weiß nicht, dass Tiffany bei mir ist. Ich will ihren Namen vorläufig aus den Polizeiberichten und -Computern heraushalten.«
»Weil der General der Berater eines Ministers ist?« »Wir sollten einfach keinerlei Risiko eingehen.«
»Okay. Was machen wir mit dem Hehler? Der Dürer liegt garantiert bei ihm zu Hause.«
»Um ihn sollten wir für eine Weile einen Bogen machen.«
»Warum bittest du Bart nicht, eine Razzia bei ihm zu veranstalten?«
»Das ist eine geniale Idee«, antwortete ich. »Du bist einfach außergewöhnlich. Du bist die Frau meiner Träume. Willst du mich heiraten?«
Sie antwortete mit ihrem Katzengrinsen. »Erst den Papa fragen.«
Ich kurvte durch das friedliche, sonnige Leiden, auf dem Weg zu Joris Grimshaves Adresse im alten Stadtzentrum. Er wohnte in einem verfallenen Gebäude, dessen Wohnräume in einzeln vermietete Studentenbuden verwandelt worden waren. Neben der Haustür hing eine Reihe arg mitgenommener Schildchen, auf denen Namen und Klingelcodes standen. Ich bemerkte, dass die Tür nur angelehnt war und trat daher ohne zu schellen ein. Eine Studentin mit feuerrotem Haar sah gerade die Post an einem Telefontischchen durch, das sich zwischen den kreuz und quer abgestellten Fahrrädern verirrt zu haben schien.
»Morgen«, sagte ich. »Ich suche Joris Grimshave.«
Sie lächelte freundlich. »Die Treppe hoch, zweite Tür rechts. Sind Sie ein Verwandter von ihm?«
»Sein Onkel Max. Sollte man als Student um diese Zeit nicht an der Universität sein?«
Sie kicherte. »Oder auf seinem Zimmer, in seine Bücher vergraben. Wir hatten heute Morgen Veranstaltungen.«
»Aha. Studieren Sie auch Jura?«
Sie nickte. »Im selben Studienjahr wie Joris.«
»Ist Joris ein fleißiger Student?«
»Sie als sein besorgter Onkel sollten vielleicht besser wissen, dass er sein Studium so lange wie möglich hinauszögert.«
Ich erwiderte ihr Grinsen und stieg die Treppe hinauf. Ich klopfte an die zweite Tür und stieß sie auf. Ich betrat ein großes Zimmer mit hohen, zur Gracht hin gelegenen Fenstern, wahrscheinlich eine der teureren Unterkünfte im Haus. Drinnen herrschte ein Chaos von Büchern und Zetteln, Hockeyschlägern, Bierflaschen und herumliegender schmutziger Wäsche. Drei Studenten fläzten sich in altmodischen Rauchsesseln, die Füße auf die geriffelte Glasplatte eines Rattantischchens gelegt. Ein untersetzter Typ in grüner Kordhose und schwarzem Rollkragenpullover warf einen seitlichen Blick zu mir hinüber. »Ja?«
»Wir kaufen nichts an der Tür«, bemerkte geistreich sein Nachbar, ein hochaufgeschossener Halbasiate, der eine dünne Zigarre rauchte.
»Wie man sieht, wird hier nicht sehr eifrig studiert.« Ich schaute den Studenten mit den Pickeln an. »Joris Grimshave?«
»Oh mein Gott«, stieß der Halbasiate spöttisch hervor. »Die Sittenpolizei!«
Sie feixten, aber ich erkannte, dass das Wort Polizei sie nervös machte. Wieder schaute ich den Verpickelten an. »Ich muss dich sprechen.«
»Weswegen?«
Ich zog die teure Brieftasche aus meiner Innentasche. »Wegen einer Fundsache.«
Ich sah, wie sein Atem stockte. Der Halbasiate drückte seine Zigarre aus. »Eine Fundsache, die zu Hause abgegeben wird? Ist dieser Service nicht ein bisschen übertrieben?«
Joris Grimshave sprang aus seinem Sessel auf und starrte die Brieftasche an. Er schien sich nicht entscheiden zu können, ob er ein erleichtertes oder ein beunruhigtes Gesicht machen sollte. Ich öffnete die Brieftasche. »Sollten wir das nicht lieber unter vier Augen
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