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Tiger Eye

Titel: Tiger Eye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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werde, von dem, der mich ruft, ganz gleich wie lange, überkommt mich ein überwältigender Zwang, zu ihm oder ihr zurückzukehren. Es ist ein unwiderstehlicher Instinkt.«
    »Das bedeutet, du und ich...?«
    »Bis zu dem Tag, an dem du stirbst oder mich in die Schatulle zurückbefiehlst.« Er griff an Dela vorbei und nahm die Schatulle vom Bett. Seine plötzliche Nähe raubte ihr den Atem. Sie roch Moos, den Moschusduft einer Raubkatze, einen scharfen, harten Duft. Ihre Wangen glühten.
    Hari schien ihr Unbehagen nicht zu bemerken. Er hielt ihr die Schatulle hin.
    »Wenn du mich zurückweisen willst, brauchst du nur die Schatulle zu öffnen. Ich werde verschwinden. Wenn du den Deckel schließt, bin ich für immer fort.«
    Dela nahm ihm das Kästchen aus der Hand. Er sah sie erwartungsvoll an.
    »Was?« Sie klang ungläubig. »Du willst, dass ich dich wieder einsperre?«
    »Ich weiß nicht, was ich will«, erwiderte er. Sie spürte, dass dies nicht die Wahrheit war.
    Dela stand auf und stellte die Schatulle auf den Nachttisch. »Wenn du es herausgefunden hast, lass es mich wissen.« Ihr tat der Nacken weh, weil sie ständig zu ihm hochsehen musste. »Gibt es eine Möglichkeit, den Fluch zu brechen?«
    Er saß reglos da. »Der Magier hat meine Haut gestohlen, als er meine Schwester tötete. Er hat mir gesagt, der Fluch würde nur dann aufgehoben werden, wenn ich sie wiederbekäme.«
    »Deine Haut? Ich verstehe nicht...«
    Dela verstand genau genommen gar nichts, nur dass diese ganze Situation viel schlimmer war als ein Märchen. Aber wenn sie sich schon mit dem Fantastischen auseinandersetzen musste, wollte sie wenigstens so mutig sein wie die Heldin aus einem Buch oder einem Film - oder bei dem Versuch sterben.
    »Das hier ist nicht mein einziger Körper«, sagte Hari ernst. »Ich bin ein Gestaltwandler. Ein Tiger. Jedenfalls war ich das früher, bevor mir der Magier meine Haut und damit meine Fähigkeit genommen hat.«
    »Oh, Mann!« Dela setzte sich wieder.
    »Du hast von meiner Art noch nie gehört?« Haris Stimme klang vollkommen tonlos.
    »Ich habe schon von Gestaltwandlern gehört«, sagte Dela schwach. »Es sind aber Legenden. Sie existieren nicht wirklich.« Ihr selbst kam diese Bemerkung ziemlich absurd vor, nachdem sie bereits akzeptiert hatte, dass Hari dazu verdammt war, eine Ewigkeit als Sklave zu dienen, und dann auch noch aus einer Schatulle aufgetaucht war.
    Da fiel ihr plötzlich die Geschichte ein, die im Rand der Schatulle eingeschnitzt war. Schlagartig wurde ihr klar, dass es Haris Geschichte war, die dort erzählt wurde. Mann und Tiger, aus dem Wald in den Käfig, eingekerkert. Ihr schwindelte, wenn sie nur daran dachte.
    Wenn du alles andere akzeptieren kannst, warum dann nicht auch, dass er ein Gestaltwandler ist?
    Ganz einfach, beantwortete sie ihre Frage. Weil ich allmählich verrückt werde!
    Dela schüttelte den Kopf. »Ich muss mich anziehen. Mach es dir gemütlich.«
    »Dein Wunsch ist mir Befehl.« Er antwortete ohne auch nur den Anflug eines Lächelns und legte sich geschmeidig auf das Bett, ohne sich von ihrer finsteren Miene beeindrucken zu lassen. Als sie in ihrem Koffer wühlte, sah er ihr zu.
    Dela nahm nur eines wahr, seinen Blick, den sie auf ihrem ganzen Körper fühlte. Mit brennenden Wangen suchte sie sich frische Kleidung aus und schoss förmlich ins Badezimmer, froh, seiner fast übermächtigen Gegenwart entkommen zu können.
    *
    Es war erschreckend, plötzlich wieder wie ein Mann behandelt zu werden. Mit Augen betrachtet zu werden, die kein Tier oder gar einen Mörder in ihm sahen. Es war erschreckend und... auch traurig.
    Ich dachte, ich hätte es vergessen.
    Aber nein - nur ein Funke, ein Versprechen, und sofort keimte die Hoffnung auf und roch an seinem Herzen. Als die Frau in den angrenzenden Raum eilte, empfand Hari einen Moment lang Widerwillen gegen seine Herrin, deren abgewandter Blick, deren blasse Haut und klare Formen vor seinen Augen blitzten. Die Tür schlug zu und traf fast ihre Hacken.
    Wie konnte sie es wagen, ihn daran zu erinnern, dass es Hoffnung gab!
    Hari holte tief, vibrierend Luft und rollte sich vom Bett. Die Wände bedrängten ihn; wo er auch war, er fand sich in einem Käfig wieder. Er zwang sich, die abgestandene Luft einzuatmen. Sie roch nach Staub und einer Spur Eisen und Schimmel. Als die Frau noch dagewesen war, hatte sich der Raum nicht so beengend angefühlt, doch in ihrer Abwesenheit fand er keine Ruhe.
    Er trat ans Fenster, getrieben von

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