Tiger Eye
sie an ihn dachte. Das Letzte, was sie von ihm gehört hatte, war, dass er sich irgendwo in Südamerika mit den Jungs von Dirk & Steele herumtrieb, einem Namen, der immer gut für einen Lacher war, allerdings nur so lange, wie man das nicht vor den tatsächlichen Dirk und Steele tat. Sie versuchten, der Spur irgendwelcher Touristen zu folgen, die von Guerilleros gekidnappt worden waren. Dela machte sich jedoch keine großen Sorgen um ihn; ihr war durchaus bewusst, dass es für ihn ein Riesenspaß war, Übeltätern hinterherzuschleichen, und die anderen Jungs... Puh! Diese großen Jungs mit ihren Spielzeugen, also wirklich!
Ich muss es wissen; schließlich habe ich einige ihrer »Spielzeuge« angefertigt.
Es klopfte. Der Zimmerservice.
Dela fühlte sich sicher, war abgelenkt und dachte nicht nach. Sie öffnete die Tür, ohne zuvor durch das kleine Guckloch zu sehen, doch dann zuckte etwas Langes, Scharfes blitzend auf.
Sie schrie auf und sprang zur Seite, als eine lange Klinge durch ihren Schatten schnitt. Ihre Instinkte setzten ein, und sie packte die Hand, die das Langmesser hielt. Dela sah dunkle Augen, tief in einem flachen Gesicht liegend, und einen schmalen Mund. Doch dann wurde sie zurückgeschleudert, als eine Faust gegen ihre Schulter hämmerte.
Aber sie stürzte nicht zu Boden. Starke Arme umfingen Dela; Haris Brust fühlte sich an ihrem Rücken wie eine warme Mauer an. Ihre Fingerspitzen glitten über einen nackten Schenkel, als er sie stabilisierte. Sie hörte ein Grollen, ein tiefes, drohendes Grollen, und begriff, dass es aus seiner Brust kam.
Der Angreifer sprang vor, hielt die Klinge, bereit für einen Unterhandschlag. Seine Augen waren tot, so kalt wie die eines Reptils, und zu Delas Entsetzen war ihr Blick vollkommen auf sie gerichtet.
Hari schob sie zur Seite und stellte sich dem Angreifer entgegen. Er bewegte sich unglaublich schnell, und seine Hände waren kaum zu erkennen, als er das Handgelenk packte, das die Klinge hielt, und es so hart gegen die Wandvertäfelung hämmerte, dass sich mehrere hölzerne Paneele lösten. Noch während die Waffe zu Boden fiel, bemerkte Dela, wie weitere Messer in der freien Hand ihres Angreifers aufblitzten.
»Hari!«, schrie sie, als die Knöchelmesser gegen seine nackte Brust zuckten. Hari wirbelte gerade noch rechtzeitig herum, um einen tödlichen Schlag abzuwehren, aber die Klingen fuhren wie Klauen über seine Schulter und seinen Arm. Blut quoll aus den Wunden und lief über seine Haut. Hari zeigte jedoch kein Anzeichen von Schmerz. Mit grimmiger Miene packte er den Mann an der Kehle und drückte zu.
Der hob die Hand zu einem neuen Schlag. Dela zögerte keine Sekunde. Sie sprang vor, umklammerte die Hand, die zu einem tödlichen Schlag ausholte, und hielt sie mit aller Kraft fest, damit sie Hari nicht treffen konnte. Hari schrie ihr etwas zu, aber sie achtete gar nicht darauf. Sie grub ihre Fingernägel in die Druckpunkte, bohrte sie erbarmungslos in das Fleisch und knurrte dabei vor Anstrengung. Als der Mann die Klingen schließlich fallen ließ, stieß sie die Waffen mit den Füßen weg, in das Zimmer hinein.
Das Gesicht ihres Angreifers verfärbte sich blaurot; er keuchte erstickt und wehrte sich nach Leibeskräften. Hari hielt ihn mit einer Hand fest.
»Wer hat dich geschickt?«, fauchte er den Mann an und schüttelte ihn, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. In seinen goldenen Augen glühte eine mörderische Wut, als lauere eine Bestie unter ihrer Oberfläche.
Doch eine Antwort sollte Hari nicht bekommen. Delas Angreifer konnte seine Hand aus ihrem Griff befreien, packte sie am Hinterkopf und schleuderte sie gegen Hari, der vor Überraschung seine Faust etwas öffnete. Der Mann riss sich los und verschwand.
Dela stolperte in den Flur und sah, wie der Mann durch einen Notausgang verschwand. Hari wollte ihm folgen, aber Dela schob ihn in das Hotelzimmer zurück und schloss die Tür.
»Lass mich gehen«, befahl er. »Ich kann ihn verfolgen.«
»Nein«, widersprach sie entschieden. »Soll er doch entkommen. Aber du bist verletzt.« Außerdem wollte sie unbedingt vermeiden, Aufmerksamkeit auf sie beide zu lenken. Sie hoffte, dass niemand den Kampf gehört und den Sicherheitsdienst verständigt hatte. Wenn die Polizei in die Sache hineingezogen wurde, würde sie Fragen stellen, Haris Pass sehen wollen - doch dieses so bedeutende Dokument existierte schlichtweg nicht. Noch nicht.
Außerdem gab es noch einen Grund, warum Hari nicht einfach
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