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Tiger Eye

Titel: Tiger Eye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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Delilah. Du hast keine Ahnung, was mir das bedeutet, und was es heißt, die Freiheit der Wahl zu haben. Und dass man mir genug Vertrauen entgegenbringt, diese Wahl selbst zu treffen. Mein Leben bestand nur aus Befehlen, bis ich auf dich traf. Befehle, die meinen Gehorsam verlangten, die meinen Schutz erzwangen. Immer nur Befehle, weil niemand meinem freien Willen vertraute. Und meine Meister taten gut daran, mir nicht zu trauen. Aber du denkst nicht so. Du gehst davon aus, dass ich das Richtige tue. Du hältst mich für gut.«
    »Du bist ein guter Mensch.«
    »Du bist seit zweitausend Jahren die Erste, die das sagt«, meinte er. »Du bist die Erste, die das glaubt. Diese Ehre ist jeden Schmerz wert. Sogar den Tod.«
    »Nein«, widersprach sie.
    »Doch«, gab er zurück. »Wenn du mir dein Leben anvertraust, Delilah, dann kannst du mir auch vertrauen, dass ich dir meine wahren Gefühle enthülle. Ich möchte dich beschützen, und die einzige Möglichkeit, mich daran zu hindern, wäre, wenn du es mir befiehlst.«
    Haris goldene Augen leuchteten, als er ihr Gesicht zwischen seine Hände nahm und ihr einen Kuss auf die Stirn gab. Es war ein keuscher Kuss, aber dennoch rieselte Dela ein warmes Kribbeln über den Rücken bis hinab in ihre Zehen.
    »Du bringst mich zum Weinen«, sagte sie.
    »Dann weine«, erwiderte er und küsste sie erneut, diesmal auf den Mund.
    In dem Augenblick brachte die Kellnerin ihr Essen. Drei
    Bambusdampftöpfe mit Klößen. Hari überraschte Dela, als er sich mit den Stäbchen recht geschickt anstellte. Offenbar war dieses Besteck bei vielen seiner Meister verbreitet gewesen, was ihn zu erleichtern schien. Dela sah zu, wie er die Klöße aß, und musste über seine Konzentriertheit lächeln. Er blickte hoch und ertappte sie dabei. Sein Blick war fragend.
    »Es ist nichts«, meinte sie rasch und setzte dann hinzu: »Ich glaube, es gefällt mir, dir beim Essen zuzusehen.«
    Dies zu sagen war irgendwie merkwürdig, das wurde ihr in dem Moment klar, als sie die Worte ausgesprochen hatte. Verlegen wartete sie auf seine Reaktion.
    Hari deutete auf ihren Teller, den sie kaum angerührt hatte. Es war klar, was er meinte, aber Dela wandte rasch den Blick ab, schüttelte den Kopf und lächelte. Hari beugte sich mit seiner massigen Gestalt vor, doch sein Blick war zärtlich und fesselnd. Dela verschlug es die Sprache, als er einen der kleinen Klöße mit den Essstäbchen hochnahm und ihn zu ihrem Mund führte. Er strich mit dem knusprigen Teig an ihren Lippen entlang.
    »Iss, Delilah. Lass mich dir dabei zusehen.« Seine Stimme klang leise und sinnlich, und sie fühlte seinen warmen Atem auf ihrem Gesicht, der sie luftig und gleichzeitig machtvoll einhüllte. Sie genoss es, ihren ganzen Namen zu hören, wenn er Hari über die Zunge rollte. Aus seinem Mund klang er erotisch und sexy. Er klang wie ein Name, der zu einer Frau gehörte, die sich in seidene Wickelröcke und mit Juwelen besetzte Büstenhalter hüllte. Nicht in Sweatshirts und alte Flanellhemden.
    Dela öffnete den Mund und biss ein Stück von dem Kloß ab. Aus der Füllung lief ihr Fleischsoße über das Kinn. Verlegen wollte sie das Fett abwischen, doch Hari packte ihr Handgelenk und hielt es fest. Dann beugte er sich vor und... leckte ihr das
    Kinn ab. Seine Zunge fühlte sich fest an, behutsam, und unfassbar erotisch. Dela hatte keine Ahnung, dass es so erregend sein konnte, wenn ihr ein Mann das Gesicht ableckte, obwohl sie vermutete, dass das Inferno, das diese Berührung in ihrem Unterleib auslöste, mehr mit dem Mann selbst als mit seiner Technik zu tun hatte.
    Sie unterdrückte ein Stöhnen, als Hari seine Lippen gegen ihren Mundwinkel drückte, und öffnete ihren Mund, verlangte nach dem süßen Trost seines Kusses und gab sich der köstlich schwindelnden Empfindung hin, die ihre vereinten Münder in ihr auslösten, dem Liebesspiel nur mit Lippen und Zunge.
    Als er den Kopf zurückzog, sah Dela, wie die anderen Gäste sie anstarrten. Ihre Mienen boten eine Mischung aus Empörung, Verlegenheit und Interesse. Außerdem war es vollkommen still im Restaurant geworden.
    Sie zahlten ihre Rechnung und gingen. Es war zwar schon spät, aber sie waren noch nicht müde. Als sie die Einkaufspassage unter dem Hotel erreichten, zog Dela Hari in das Starbucks Cafe, dasselbe, an dem sie am Tag zuvor vorbeigelaufen waren. Sie zwang sich, die Stelle am Boden zu betrachten, wo sie zusammengebrochen war, und sich der Furcht zu stellen, die diese Erinnerung

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