Tim (German Edition)
fehlte und wie sehr ich ihn liebte.
Auch Tim‘s Juli-Brief haute mich um und ich war mir nicht sicher, wie ich damit umgehen sollte. Es blieb mir wohl nichts anderes übrig, als es einfach zu akzeptieren.
Charlie, ich bin im Zirkus! Jeder Tag macht riesigen Spaß und die harte Arbeit tut mir wirklich gut. Auch das Publikum ist super. Sie lieben meine Show und ich sauge alles in mich auf. Was für ein Spaß! Sutvan‘s geben sich große Mühe, dass ich in den Zeitungen als ihr Haupt-Act aufscheine. Meine Entscheidung, den Sommer von zuhause wegzulaufen, war absolut richtig. Ich wünschte, du könntest hier sein.
Oder vielleicht auch besser nicht. Du hast noch eine Menge Arbeit vor dir bis 2008. Dein Equipment ist nicht gerade das beste. Du brauchst den besten Bogen, den du kriegen kannst. Ich habe online nachgesehen und sie kosten um die 800 Dollar. Dem Brief liegt ein Scheck dafür bei. Und nicht dass du denkst, ich habe das Geld gestohlen. Es ist von Dad geliehen und ich zahle es ihm von meinem Lohn hier im Zirkus zurück.
Kauf dir einen Bogen, nenne ihn Timmy, steigere dein Training auf 4 Stunden täglich und schaue nicht zurück. Und komme ja nicht auf die Idee zu sagen, du kannst das nicht annehmen. Dann breche ich alle deine Regeln, komme nach Des Moines und stecke dir das Geld in irgendwelche Körperöffnungen. Ich habe da einige im Sinn. Und ich mache keine Witze! Frag Dad, wenn du mir nicht glaubst.
Wie reagiert man darauf? Ich musste das Geld zurück schicken, konnte es aber nicht. Ich griff zum Telefon und wollte Norman anrufen, hörte dann aber eine kleine Stimme in meinem Kopf, die vertraut klang: ›kauf die verdammten Schuhe‹ . Ich musste lachen, aber ich tat genau das. Ich verliebte mich im Geschäft sofort in Timmy, nahm ihn mit und drei Wochen später brach ich zum ersten Mal die 1000-Punkte-Marke. Man sollte nie unterschätzen, wie wichtig das richtige Equipment ist. Als ich meinen Antwort-Brief schrieb, hatte ich diese Marke noch nicht geschafft, aber ich war schon nah dran. Ich ließ mich mit Timmy zusammen fotografieren und legte Tim einige Fotos in den Brief. Ich wusste aber nicht, wie schnell der Brief bei ihm ankommen würde, da er unterwegs war.
Eins war mir klar: ich würde mir nicht entgehen lassen, mir eine von Tim‘s Shows anzusehen. Ich dachte mir, dass auch er damit rechnen würde. Ich war mir sicher, dass er südlich von Wisconsin nach mir Ausschau halten würde. Deshalb beschloss ich, nach Brainerd zu fahren, etwa 130 Meilen nördlich von Minneapolis. Dort würde er sicherlich nicht mit mir rechnen.
Ich übernachtete in St. Paul, bei Hal‘s Familie. Hal wollte mit mir fahren, aber ich lehnte ab. Ich sagte ihm, er sollte sich die Show ansehen, aber ohne mich, damit er mit Tim reden konnte, anstatt sich verstecken zu müssen. Ich fuhr zum Stadtrand und schaute mir das Zelt an. Es war wirklich winzig und hatte nur 8 Reihen für die Zuschauer. Ich fragte mich, wo ich sitzen sollte, ohne von Tim gesehen zu werden. Ich suchte mir ein kleines Motel, um ihm nicht zufällig über den Weg zu laufen. Dort wartete ich eine Weile und fuhr kurz bevor die Show beginnen sollte zurück zum Zelt. Ich trug Kleidung, die Tim nicht wiedererkennen konnte und hatte mir ein Basecap tief ins Gesicht gezogen. Ich trug nie Basecaps, also konnte Tim mich auch daran nicht erkennen. Ich kam mir schon irgendwie etwas komisch vor. Ich setzte mich in die letzte Reihe und wartete.
Es dauerte nicht lange und ich sah Tim auf dem Trampolin, das am Rand aufgebaut war. Während er sich aufwärmte, sprach er nebenbei mit einer Gruppe Kinder, die sich dort versammelt hatten. Als ein Pfiff ertönte, verschwand Tim jedoch und die Show begann. Nachdem ein Löwe, ein Tiger und ein Elefant ihren Auftritt hatten, war Tim an der Reihe. Ich hatte Tim noch nie an den Grenzen seines Könnens auf dem Trampolin gesehen und es war wirklich atemberaubend. Nach ein paar Minuten kam ein zweiter Künstler zu ihm aufs Trampolin, um ihm mehr Höhe zu geben. Ich musste sofort an unserem Sommer im Camp denken, als ich das gleiche getan hatte. Als er genug Höhe bekommen hatte, ergriff er das Trapez, das von der Decke des Zeltes hing. Nicht nur ich war davon überrascht. Von dieser Nummer wusste ich nichts. Die Crew am Boden spannte schnell ein Sicherheitsnetz auf und Tim legte am Trapez los. Man konnte erkennen, dass er kein Experte darin war, aber die Show, die er ablieferte, war spektakulär. Als er fertig war, ließ er sich
Weitere Kostenlose Bücher