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Tim (German Edition)

Tim (German Edition)

Titel: Tim (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Jäger
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konnte ich mich entspannen und abschalten. Es war nicht einfach, den Druck auszuhalten, aber ich hatte ja gesagt. Und ich hielt mich daran. Coach, an einem schlechten Tag können Sie mich nicht einmal halb so sehr quälen, wie es diese Jungs zwei Wochen lang gemacht haben. Und ich liebe jeden einzelnen von ihnen dafür.«
    »Wir bekamen den seltsamsten Brief aller Zeiten von Charlie«, mischte sich Hazel ein. »Er schrieb uns über den neuen Hal und wir hatten keinen blassen Schimmer, wovon er redete. Im Grunde schrieb er uns, dass wir uns darauf einrichten sollten, einen völlig anderen Jungen wieder mit nach Hause zu nehmen. Als wir im Camp ankamen, sprachen wir Charlie sofort darauf an. Kein Wort von dem, was er sagte, machte für uns auch nur im entferntesten Sinn. Als Hal vom Laufen zurück kam, fielen die Puzzleteile zusammen. Neue Frisur, neue Kleidung, neues Selbstwertgefühl. Er war ein völlig anderer Mensch.« Hazel bekam feuchte Augen, also sprach John für sie weiter.
    »Jedes Mal, wenn wir etwas sagen wollten, flüsterte uns Charlie zu, es etwas anders zu formulieren. Ich glaube, wir sind nicht gerade die schnellsten, was das Lernen angeht. Charlie meinte, wir könnten ihn jederzeit anrufen, aber Hazel hat recht. Bisher mussten wir das nicht einmal machen. Die Parole war: ›Was würde Charlie sagen‹ . Und wir wussten es bisher immer, ohne ihn nerven zu müssen.«
    »Ich habe noch nie so eine tolle Geschichte gehört. Ich würde Tom und die anderen gerne kennenlernen«, sagte Terri überraschend. »Danke für die Einladung Carl«, fügte sie hinzu und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange.
    Hal schaute mich nachdenklich und ein bisschen misstrauisch an. »Charlie, was machst du eigentlich hier? Ich dachte du bist in Rockford und lernst fleißig?«, fragte er schließlich.
    »Ich dachte mir einfach, ich besuche Tim dieses Wochenende mal. Ich hatte gehofft, dich auch zu sehen. Als ich erfuhr, dass ihr heute zum Abendessen kommt, habe ich mich wirklich gefreut«, antwortete ich.
    Hal schwieg einen Moment und sah mich forschend an. Dann runzelte er die Stirn. »Die wahre Geschichte möchtest du uns also nicht erzählen?«
    »Was immer du für die wahre Geschichte hältst, vergiss es einfach. Dein Sommer war der Sommer des Laufens. Tim‘s war der Sommer der tiefgründigen Gespräche mit Charlie. Und wir haben es genossen, diese Unterhaltungen an diesem Wochenende fortzuführen.«
    Hal sagte nichts dazu, grinste mich aber an. Ich wäre gerne in seinen Kopf gekrochen, um zu sehen, was er dachte.
    »Ich habe da etwas, das euch alle interessieren wird«, sagte Carl und stand vom Tisch auf. Zwei Minuten später kam er mit einem Notebook unterm Arm zurück. Er klickte ein bisschen herum und zeigte uns dann einen Ordner mit Fotos aus dem Camp. Natürlich war auch Hal dabei. Arbeitshose, Lederschuhe, Poloshirt, gesenkter Blick und lange Haare.
    »Wenn ich es nicht mit meinen eigenen Augen sehen würde, könnte ich es nicht glauben. Hal, du bist ein Wunder. Aber ich finde Charlie, Tim, Tom und die anderen bekommen zu viel des Lobes. Derjenige, der die Arbeit gemacht und sich geändert hat, bist du.«
    Hal saugte das Kompliment seines Trainers in sich auf und strahlte.
    Wir unterhielten uns noch über dies und jenes. Gegen 22:00 Uhr verabschiedeten sich Coach Johnson und seine Frau. Carl und seine Freunde gingen ebenfalls, um noch irgendwo ein Eis zu essen. Kurz darauf gingen auch Hal und seine Eltern. Tim und Hal umarmten sich lange und versprachen sich, in Kontakt zu bleiben. Einen Moment lang war ich eifersüchtig.
    »Danke für den wundervollen Abend«, sagte ich zu Norman und Betsy, nachdem wir alleine waren.
    »Komm, Charlie. Lass uns ins Bett gehen«, warf Tim ein, bevor seine Eltern antworten konnten. Wir wünschten ihnen eine gute Nacht, dann zog mich Tim die Treppe hinauf.

Kapitel 22: Tim
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    Wir gingen gemeinsam duschen, zum zweiten Mal an diesem Tag. Danach kuschelten wir uns ins Bett, in genau der gleichen Position, wie am Abend zuvor. Wir schwiegen eine Weile. Ich genoss Charlie‘s Nähe und seine Finger, die über meinen Bauch wanderten. Ich wünschte mir, dass sie etwas tiefer wandern würden, aber davon konnte ich nur träumen. Ich gab mich mit dem zufrieden, was ich hatte.
    »Heute war mit Abstand der schönste Tag meines Lebens«, sagte ich schließlich nachdenklich. »Ich durfte den ganzen Tag mit dir verbringen und vor allem mit dir allein sein. Dann dieses tolle Abendessen mit Hal.

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