Tim (German Edition)
Gespräch mit Tim. Tim sagte, dass Coach Nelson in jedem Fall für die nächsten fünf Jahre auf dem Papier sein Trainer bleiben würde und damit das Recht hatte, mit ihm nach Peking zu gehen. Das machte Tim zur Bedingung für eine Teilnahme, es sei denn Coach Nelson konnte oder wollte es nicht. Es war eine von Tim‘s nicht verhandelbaren Positionen.
Meinen Brief schickte ich kurz vor den nationalen Meisterschaften ab und ich wünschte Tim viel Glück. Ich gestand ihm, dass ich nun pleite war. Ich hatte mir einen neuen Fernseher kaufen müssen, um seinen Auftritt sehen zu können. Das würde ich mir um nichts auf der Welt entgehen lassen. Ich ergänzte meinen Brief mit ein paar Details zu meinem Job und meiner Freundschaft mit Priscy.
Kapitel 52: Tim
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Ich hatte ein schlechtes Gewissen wegen Coach Nelson. Er hatte sich solche Mühe mit mir gegeben und war immer für mich da, wenn ich ihn brauchte. Schon lange bevor Dad mit mir über das Thema sprach, machte ich mir Gedanken darüber. Die Spiele in Athen kamen für mich aber einfach nicht in Frage. Nicht ohne Charlie.
»Meinst du, Coach Nelson hat ein Problem damit, dass du Athen sausen lässt?«, fragte mich Dad eines Abends.
»Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Und ich habe auch schon einen Plan.«
»Da bin ich mal gespannt.«
»Auch wenn ich nicht nach Athen gehe, muss Coach Nelson nicht auf die Erfahrung verzichten.«
»Wie meinst du das? Du wirst am College sein, wenn die Spiele in Peking stattfinden. Wer auch immer dann dein Trainer ist, will sicherlich auch ein Stück vom Kuchen haben.«
»Ja, aber selbst wenn ich irgendwo aufs College gehe, kann Coach Nelson mein Trainer bleiben. Auch wenn nur auf dem Papier. Und damit hat er ein Recht mit nach Peking zu fahren.«
»Und du meinst, dass du ein College findest, das da mitspielt.«
»Entweder sie spielen mit oder sie kriegen mich nicht. Darüber diskutiere ich auch nicht.«
Dad lachte. »Eine der nicht verhandelbaren Positionen?«
»Exakt. Wer etwas von mir will, muss nach meinen Spielregeln spielen oder er spielt nicht mit.«
»Lass uns noch etwas anderes bedenken«, sagte Dad.
»Was?«
»Meinst du nicht, Coach Nelson hat ein Recht zu erfahren, warum du auf Athen verzichtest?«
»Denkst du, er wird es verstehen?«
»Das ist eine Frage, die nur du beantworten kannst«, antwortete er. »Du hast ihn jeden Tag um dich. Ich kenne Coach Nelson nicht genug, um das zu beantworten.«
Ich dachte einen Moment darüber nach. Er hatte Recht. Coach Nelson sollte wissen, warum ich Athen auslasse. Und ich war mir ziemlich sicher, dass er den Grund dafür verstehen würde.
»Okay. Aber lass uns damit bis nach den Nationals warten.«
Ich ließ Charlie ausrichten, dass ich es nicht lustig finde, dass er meinen Dad anruft und nicht mich. Aber so waren nun mal die Regeln — scheiß Regeln, wenn man mich fragt. Aber ich hatte sie akzeptiert. Viel schlimmer fand ich, dass Charlie bei den National Championships nicht bei mir war. Ich vermisste ihn so sehr, dass es weh tat.
Kapitel 53: Charlie
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Ich brauchte nicht auf Tim‘s Brief zu warten, um herauszufinden, wie die National Championships für ihn gelaufen waren. Ich brauchte nur den Fernseher einschalten oder den Sportteil der Zeitung lesen. Sein Erfolg und sein Foto waren auf allen Titelseiten zu sehen. Jüngster Champion in der Geschichte, sowohl vom Brett als auch vom Turm. Unfassbar! Die Medien überschlugen sich mit Superlativen und leckten sich die Finger. Tim war süß, umgänglich und relativ unbekannt. Das war genau die Geschichte, nach der die Medien suchten. Auch dass Tim keinen Trainer mit einem großen Namen hatte und keinem weltbekannten Förderprogramm entsprungen war, aus denen Weltklasse-Athleten für gewöhnlich hervorgehen, machte seine Geschichte umso bemerkenswerter. Ich las Interviews mit Norman und Betsy, aber auch mit Carl und Tina. Lustigerweise schlussfolgerten die Zeitungen das offensichtliche zwischen Tina und Tim. Beide lächelten nur, anstatt die Reporter zu korrigieren. Priscy und ich lasen die Artikel gemeinsam. Sie konnte nicht begreifen, wie locker ich damit umging, dass Tim und Tina gemeinsam in der Zeitung abgebildet waren.
»Sieh es mal so, Priscy«, versuchte ich ihr zu erklären. »Es gibt 2 Möglichkeiten. Erstens, er liebt mich wirklich so sehr wie er immer sagt. Dann ist die Zeit mit Tina ein angenehmer Spaß und eine gute Tarnung für einen schwulen Jungen, der noch nicht dazu bereit ist, sich zu
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