Tim und Charlie (Tim: Teil 2) (German Edition)
im Rampenlicht zu stehen und konnte gar nicht genug davon kriegen. Mein letzter Sprung war natürlich der spektakulärste und die Punktrichter gaben mir sogar einstimmig eine 10 dafür. Das erfuhren wir jedoch erst viel später.
Nach dem Sprung blieb ich etwas länger unter Wasser als sonst. Mir gingen viele Gedanken durch den Kopf und mein Herz raste.
Als ich wieder auftauchte, stand Charlie wie abgesprochen an der Leiter bereit. Ich nahm seine Hand und er zog mich aus dem Wasser. Ich sprang in seine Arme, schlang meine Arme und Beine um seinen Körper und wir küssten uns leidenschaftlich. Wir hielten den Kuss gerade so lange, dass Mike genug Zeit hatte, um seine Fotos zu machen. Wir wollten dem Publikum nicht die Möglichkeit geben, selbst zu fotografieren.
Charlie, der nun fast genauso nass war wie ich, setzte mich ab und wir schauten zu Mike. Er gab uns ein Zeichen, dass er sein Foto bekommen hatte. Dann war er auch schon verschwunden, um die Fotos entwickeln zu lassen.
Coach Nelson reichte mir ein Mikrofon. Meine Hände zitterten ein wenig. Ich hielt das Mikrofon in einer Hand, die andere schlang ich um Charlie‘s Hüfte. Ich wartete einen Moment und schaute mir das verblüffte Publikum an.
»Liebe Freunde«, begann ich. »Ich liebe euch alle. Aber heute möchte ich euch Charlie vorstellen.«
Ich ließ ihn kurz los und nahm seine Hand.
»Ihn liebe ich am meisten und heute beginnt unser neues, gemeinsames Leben. Wir hoffen, dass ihr euch für uns freut.«
Direkt nach meiner kleinen Ankündigung wurden wir von meinem Team, unseren Familien und unseren Freunden umringt, die uns zujubelten. Der Großteil des Publikums stimmte ein und applaudierte lautstark. Es gab vereinzelte Buh-Rufe und eine Hand voll Leute verließen angewidert die Schwimmhalle.
»Scheiß Schwuchteln, verpisst euch!«, rief ein Mann in einer Ecke.
Es gab auch noch ein paar gröbere Beschimpfungen.
Das Publikum schien aber nicht in der Stimmung zu sein, so etwas zu tolerieren. Ich sah, wie ein Mann von ein paar anderen Zuschauern aus der Halle geschoben wurde. Ich war wahnsinnig erleichtert, dass die überwiegende Mehrheit der Zuschauer positiv auf unser Coming Out reagierte.
In einer Ecke der Schwimmhalle sah ich Susan — die Reporterin, die ich eingeladen hatte — mit diversen Leuten reden. Sie machte wie wild Notizen. Ich war gespannt darauf, was am nächsten Morgen in ihrem Artikel stehen würde.
Die Offiziellen gaben sich Mühe, um die Menge unter Kontrolle zu bringen. Sie wollten die Sieger des Wettbewerbs verkünden. Es war nicht einfach, die Leute zu beruhigen, aber irgendwie gelang es ihnen nach einer Weile.
»Ich freue mich, zu verkünden, das Tim‘s letzter Sprung von den Punktrichtern einstimmig mit einer 10 bewertet wurde. Damit belegen sowohl Tim in der Einzelwertung als auch das Team der Southwest High in der Mannschaftswertung den 1. Platz.«
Er fuhr fort, die weiteren Plätze zu verkünden, aber kaum jemand schien es zu beachten.
»Im Namen aller Offiziellen, die heute für diesen Wettkampf verantwortlich waren, möchte ich mich auch den Glückwünschen für Tim und Charlie anschließen«, fügte er hinzu, nachdem er alle Plätze verkündet hatte.
Damit war der Wettbewerb offiziell beendet.
Coach Nelson nahm sich das Mikrofon.
»Tim muss sich jetzt umziehen gehen und ich glaube, Charlie sollte sich ein bisschen abtrocknen. Sie freuen sich aber darauf, alle Freunde in 5 bis 10 Minuten in der Lobby zu treffen.«
Susan lag schon auf der Lauer, als wir zur Umkleidekabine gingen. Sie hatte viele Fragen und wir versuchten, ein paar davon zu beantworten. Sie wusste aber, dass wir nicht viel Zeit hatten. Sie umarmte mich und gab mir einen Kuss auf die Wange.
»Danke, Tim. Das ist meine größte Exklusivstory dieses Jahr. Als High School Sport-Reporterin hat man nicht viele Möglichkeiten wie diese. Mir ist aufgefallen, dass bis auf die Schülerzeitung keine weitere Presse heute anwesend war. Vielen Dank für dieses Geschenk.«
»Susan, du warst immer fair und ehrlich in deinen Artikeln«, antwortete ich. »Was aber noch viel wichtiger ist: du hast mich und das Team immer respektiert und Rücksicht auf uns genommen, wenn wir von der Presse die Nase voll hatten. Es war mir ein Vergnügen. Und danke, dass du keinen Fotografen mitgebracht hast. Das war heute Mike‘s großer Tag.«
»Ich kraule dir den Rücken, wenn du meinen kraulst«, sagte sie und zwinkerte mir zu. »Vergiss mich nicht.«
»Niemals. Sehen wir
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