Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
entblößen, um danach den Laufpaß zu bekommen. Und nach allem, was sie von ihren Freundinnen und Cammys kurzlebiger Ehe wußte, schien dieses Ende unvermeidlich. Allein und sitzengelassen aufzuwachen würde sie umbringen, das wußte Chloe. Folglich ging sie mit Männern aus, amüsierte sich mit ihnen und behielt sie, statt mit ihnen ins Bett zu gehen, als Freunde. Vielleicht war das feige. Trotzdem war es für sie die einzig mögliche Lösung.
Nur mit Joseph war die Sache ernster gewesen. Joseph war ein Amerikaner italienischer Abstammung, den sie auf einer Studienfahrt durch Italien kennengelernt hatte. Er war orthodoxer Jude und studierte auf der Ponte Vecchio das Goldschmieden, ehe er seinen Platz im Familienbetrieb einnehmen wollte. Ihre Beziehung war weniger erotisch als romantisch gewesen. Picknicks (mit nichtkoscherem Essen), Spaziergänge durch die schmalen Straßen, ruhige Abendessen. Sogar Lyrik. Natürlich hatte es zwischen ihnen geknistert, doch er war bereits verlobt gewesen, darum hatten sie sich beide in Selbstbeherrschung geübt.
Ihnen war klar gewesen, daß ihre Beziehung keine Zukunft hatte, dennoch war Chloe bezaubert gewesen. Ihr ganzes Leben hatte sie Schlechtes über Israel und die Juden gehört, schließlich zählten Saudi-Arabien und die anderen arabischen Staaten, in denen sie aufgewachsen war, nicht zu den Fans Israels. Dann plötzlich war dieser Mann in ihrem Leben aufgetaucht, überlebensgroß und mit einem Durst nach Schönheit und Ausdrucksmöglichkeiten, der sich mit ihrem eigenen messen konnte. Er hatte phantastisch ausgesehen – Michelangelos David im schwarzen Anzug, mit breitem Lächeln und sanftem Gemüt.
Und so war sie entweder dank ihrer Stärke, Schwäche oder Feigheit immer noch Jungfrau.
RaEmhetepet hingegen nicht. Sie hatte ganz offensichtlich gegen die heiligen Gesetze ihrer Priesterschaft verstoßen. Sie mußte schon schwanger gewesen sein, bevor Chloe in ihre Haut geschlüpft war. Irgendein Kerl kannte demnach bereits die ganze Geschichte und wartete nur darauf, daß sie … was? Chloe schüttelte den Kopf, denn alles Grübeln führte ständig an denselben Punkt zurück. Die Verbannung war die Strafe für die Missetaten, die RaEm mit ihrem Geliebten begangen hatte. Aber wieso gab er sich nicht zu erkennen? Vielleicht gab es zu viele Möglichkeiten, als daß er wirklich sicher sein konnte? Wieder blitzten vor ihrem inneren Auge das Gesicht – das Blut, die Frauenhände auf.
Sie zuckte zusammen, weil sie Sandalen im Gang hörte. Verdammt, bin ich nervös, dachte sie, und hoffte, daß da nicht der zürnende Prinzregent heranrauschte. Er hatte ihr die Palette überbringen lassen, vielleicht hatte er ihr ja vergeben? Basha kam ins Zimmer, ein großes Tablett mit Obst, Bier und süßem Gebäck balancierend. Der bloße Anblick ließ Chloes Magen rebellieren, und sie wandte sich ab.
Später, während sie auf einem Tisch lag und sich mit nach Zitrone duftendem Öl massieren ließ, spürte sie eine winzige Bewegung tief in ihrem Inneren, minimal, wie das Beben einer durchsichtigen Hand und bezeichnend wie das Öffnen einer Tür ins Jenseits. Sie schickte die Sklavin fort, setzte sich auf und blickte fassungslos auf ihren braunen Bauch.
Es bewegte sich erneut. In ihr war Leben! Schützend deckte Chloe beide Hände auf den Bauch, während ein Schwall unbekannter, ungestümer Gefühle sie überflutete.
»Ich passe schon auf dich auf, mein kleiner Fremder«, flüsterte sie auf englisch.
»Irgendwie kriegen wir das schon hin.« Sie streichelte die feste Masse unter ihrer eingeölten Haut; sie fühlte sich an wie ein winziger Ball, der zwischen und über ihren Beckenknochen saß. »Ich werde dich beschützen«, flüsterte sie ehrfürchtig.
Kurz darauf saß Chloe vor ihrem Frisiertisch, als ein Besucher angekündigt wurde. Basha warf sich zu Boden, und Chloe beobachtete verwundert, wie eine zierliche Frau mit dem Gehabe einer Göttin ins Zimmer trat. Fünf weitere Frauen folgten ihr, alle gleichermaßen in weiße Umhänge und Silberkragen gekleidet.
Chloe stand auf, nahm die feine Hand, die ihr entgegengestreckt wurde, und durchforstete ihr Gehirn nach irgendwelchen Anhaltspunkten. »Leben, Gesundheit und Wohlergehen«, sagte sie, ehe sie in die Hände klatschte und Basha anwies, Stühle und Erfrischungen zu bringen. Ihr entging nicht die Überraschung auf einigen Gesichtern, als offensichtlich wurde, daß sie sprechen konnte. Basha kehrte zurück, erklärte den
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