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Timm Thaler

Timm Thaler

Titel: Timm Thaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Krüss
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Stimme Kreschimirs.
    „Kommen Sie mit an Deck!“ befahl die erste Stimme.
    Timm hörte das Poltern von Schritten auf der kleinen eisernen
    Leiter, die aufs Achterdeck führte. Dann verloren sich die Schritte und Stimmen. Aber in Timms Gedächtnis rumorten sie weiter. Er
    vermeinte die Stimme zu kennen, die mit Kreschimir gesprochen
    hatte. Und plötzlich – er trocknete gerade eine Suppenterrine ab –
    plötzlich wußte er, wem die Stimme gehörte.
    Es war die Stimme des Mannes, dem er sein Lachen verkauft
    hatte, es war die Stimme des Barons.
    Die Suppenterrine entglitt seinen Händen und zerklirrte auf dem
    Boden der Kombüse; Enrico, der Koch, sprang mit einem
    erschrockenen „mamma mia“ zur Seite; dann stürzte Timm den
    Stimmen nach zum Achterdeck.
    Oben war niemand zu sehen. Zwei Schiffslaternen beleuchteten
    matt die Deckaufbauten und das segelüberspannte Beiboot. Aber
    plötzlich hörte Timm leise Stimmen, und als er nach links schaute –
    denn von dorther kamen die Stimmen – konnte er undeutlich
    erkennen, daß sich unterhalb des Beibootes etwas bewegte. Auf
    Zehenspitzen schlich der Junge näher und sah nun unter dem Beiboot vier Beine in Männerhosen. Genaueres konnte er nicht feststellen.
    Aber er war sicher, daß die Stimmen von den beiden Männern hinter dem Boot herkamen. So ging er Schritt für Schritt und mit
    angehaltenem Atem näher an das Beiboot heran. Einmal knirschte
    eine Deckplanke. Aber die beiden hinter dem Boot schienen nichts
    bemerkt zu haben.
    Endlich war Timm nahe genug, um die halblaute Unterhaltung
    belauschen zu können.
    „… ist ja lächerlich!“ zischte die Stimme des Barons. „Sie wollen mir doch nicht weismachen, daß Sie das Geld, das Ihnen die Aktien einbrachten, schon ausgegeben haben!“
    „Kurz, nachdem Sie mir die Aktien ausgehändigt haben, sind sie
    rapide gefallen“, bemerkte Kreschimir ruhig.
    „Zugegeben!“ Der Baron ließ das gekaufte Lachen ertönen. „Die
    Aktien sind gefallen, weil ich einigen Einfluß auf die Börse habe, aber eine Viertelmillion dürfte Ihnen trotz allem geblieben sein.“
    „Und diese Viertelmillion brachte ich zu einer Bank, die kurz
    darauf pleite machte, Baron.“
    „Ihr Pech!“ Wieder lachte Lefuet, und den Lauscher Timm
    durchfuhr es bei diesem Gelächter. Er wäre am liebsten
    vorgesprungen.
    Aber er war klug genug zu wissen, daß Zuhören und Abwarten
    gescheiter war.
    „Selbst wenn Sie wieder arbeiten müssen“, sagte der Baron jetzt,
    „selbst dann besteht kein Grund, ausgerechnet auf diesem Schiff und mit diesem Jungen zusammen zu arbeiten.“
    Diesmal lachte Kreschimir. „Niemand kann es mir verbieten!“
    rief er.
    „Reden Sie leiser!“ zischte Lefuet.
    Halblaut fuhr Kreschimir fort: „Ich habe Ihnen meine Augen
    verkauft und Ihre Fischaugen dafür eingetauscht. Als Preis erhielt ich von Ihnen Aktien im Werte von einer Million, von der nicht eine
    einzige Mark in meine Tasche geflossen ist. Sie waren schlauer als ich. Aber diesmal werde ich schlauer sein, Baron. Ich habe Sie
    zweimal mit dem Jungen zusammen auf dem Rennplatz beobachtet.
    Ich habe festgestellt, daß der Junge nachher jede Rennwette gewann, und ich habe weiter festgestellt, daß der Kleine trübsinnig und
    vergrämt geworden ist wie ein kranker, einsamer, alter Pensionär.“
    Dem Jungen schlug, als er Kreschimir reden hörte, das Herz bis
    zum Halse. Aber er hielt sich eisern still.
    Kreschimir fuhr fort: „Ich werde herausbringen, welcher Art Ihr
    Geschäft mit dem Jungen ist, Baron! Ich beobachte den Kleinen seit vier Jahren, und es hat mich einige Mühe gekostet, Steward auf
    diesem Dampfer zu werden, aber jetzt…“
    Die Stimme des Barons unterbrach Kreschimir: „Jetzt biete ich
    Ihnen abermals eine Million. In bar und auf die Hand!“
    „Diesmal, Baron, ist der Vorteil bei mir!“ Kreschimir sprach sehr überlegt. „Ich kann mir mein Wissen auf dreierlei Art bezahlen
    lassen: entweder meine Augen zurückfordern oder die Million
    annehmen oder – was vielleicht nicht das Schlechteste wäre – Sie
    zwingen, den Jungen aus dem Vertrag zu entlassen, welcher Art
    dieser Vertrag auch immer sein mag.“
    Timm preßte in der Dunkelheit eine Faust in den Mund, um sich
    durch sein Stöhnen nicht zu verraten.
    Es war eine Weile still. Dann ertönte wieder die Stimme des
    Barons: „Mein Geschäft mit dem Jungen geht Sie nichts an. Aber
    wenn Ihnen an Ihren alten Augen liegt, dann wäre ich unter
    Umständen bereit…“
    Kreschimir

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