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Timm Thaler

Timm Thaler

Titel: Timm Thaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Krüss
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davon widerhallte.
    Die Prinzessin beugte sich jetzt weit aus dem Fenster vor, um
    besser sehen zu können. Sie machte große Augen, aber sie blieb
    ernst.
    „Lache nicht, kleine Schwester!“ bat Timm sie insgeheim. „Laß
    uns beide ernst bleiben, wenn alle Welt lacht!“
    Aber Timm bat umsonst. Der traurige fremde König war so
    ungeschickt, den Hund am Ende des Zuges zu streicheln, und
    plötzlich schien er am Hundeschwanz mit der Hand haften zu
    bleiben. Er erschrak und ergriff mit der freien Hand die Rechte des anderen Königs, des Vaters der Prinzessin. Nun klebten auch die
    beiden Könige fest und bildeten das Ende des seltsamen Aufzuges.
    Man merkte ihren zuckenden Bewegungen an, daß sie sich gern
    wieder von diesem unbegreiflichen Zauber gelöst hätten. Aber es
    gelang ihnen nicht. Sie mußten sich in ihre absonderliche Lage
    schicken, und fast schien es, als fänden sie sogar Spaß daran.
    Ihre Beine versuchten sich ungeschickt im Tanz, ihre
    Mundwinkel zuckten, und mit einem Male fingen sie täppisch und
    komisch zu hüpfen und dann prustend zu lachen an.
    In diesem Augenblick klang vom Fenster herunter das Lachen der
    Prinzessin. Musik setzte ein. Alles tanzte und hüpfte und lachte, und auch die Kinder im Saal lachten mit und trampelten vor Vergnügen.
    Der arme Timm saß wie ein Stein in einem Meer von Lachen. Die
    alte Frau Rickert neben ihm lachte so sehr, daß sie das Gesicht in die Hände nehmen und sich nach vorn überbeugen mußte, weil ihr vor
    Lachen die Tränen aus den Augen kullerten.
    In diesem Augenblick bemerkte Timm zum erstenmal, wie
    ähnlich sich die Gebärden des Lachens und des Weinens sind. Und
    er tat etwas Schreckliches: Er nahm sein Gesicht in die Hände,
    beugte sich vornüber und tat, als lache er auch.
    Und dabei weinte Timm. Er murmelte zwischen den Tränen:
    „Schwester Prinzessin, warum hast du gelacht? Warum, warum hast
    du gelacht?“
    Als der Vorhang fiel und das Licht anging, nestelte die alte Frau Rickert ein Spitzentaschentuch aus ihrer Handtasche, tupfte sich das Wasser aus den Augen, gab dann das Taschentuch dem Jungen und
    sagte: „Da, Timm, wisch dir auch die Lachträn’ ab. Hab’ ich ja
    gewußt, daß du bei so einer Vors-tellung lachen würdest!“ Und die alte Frau sah ihren Sohn, den Herrn Rickert, triumphierend an.
    „Ja, Mutter“, sagte Herr Rickert höflich. „Das war wirklich ein
    guter Einfall von dir.“ Aber sein Gesicht war traurig, als er das sagte.
    Er wußte, daß der Junge die alte Frau aus Gutmütigkeit und
    Verzweiflung getäuscht hatte. Und Timm sah, daß Herr Rickert ihn
    durchschaut hatte.
    Zum erstenmal seit jenem verhängnisvollen Tag auf dem
    Rennplatz stieg in dem Jungen eine ohnmächtige Wut gegen den
    Baron Lefuet auf. Er verbiß sich geradezu in diese Wut und war
    fester als je entschlossen, sein Lachen zurückzugewinnen – koste es, was es wolle!

ZWEITES BUCH

    Verwirrungen

    Teach me laughter,
    save my soul!

    Lehre mich lachen,
    rette meine Seele!

    Englisches Sprichwort

    Elfter Bogen

    Der unheimliche Baron

    Zu Timms Erleichterung ging das Schiff am folgenden Tag nach
    Genua ab. Die alte Frau Rickert winkte ihm von den Stufen der
    weißen Villa nach, und Timm winkte zurück, solange er sie sehen
    konnte.
    Der Reedereidirektor brachte den Jungen selbst aufs Schiff. Er
    hatte ihm Kleidung und Schuhe, eine Armbanduhr und einen
    nagelneuen Seesack gekauft. Als er Timm auf der Mole die Hand
    gab, sagte er: „Halt die Ohren steif, Junge! Wenn du in drei Wochen zurückkommst, sieht die Welt ganz anders aus. Dann wirst du gewiß auch wieder lachen. Abgemacht?“
    Timm zögerte. Dann sagte er schnell: „Wenn ich zu Ihnen
    zurückkomme, Herr Rickert, werde ich wieder lachen. Abgemacht!“
    Er stammelte noch ein Dankeschön, weil ihm die Kehle wie
    zugeschnürt war, und hastete dann über die Laufplanke an Deck.
    Der Kapitän des Schiffes war ein mürrischer Mann, der gern trank
    und im übrigen fünf gerade sein ließ. Er sah Timm kaum an, als der Junge sich vorstellte, und brummte: „Wende dich an den Steward. Er ist auch ein neuer Mann, und ihr habt zusammen eine Kabine.“
    Timm, der zum erstenmal in seinem Leben ein Schiff betreten
    hatte, irrte ratlos über eiserne Treppen, durch enge Gänge und über das Vorderund Achterdeck, um den Steward zu suchen. Die
    Mannschaft des Dampfers trug keine Matrosenuniform. Sie
    unterschied sich von den zahlenden Fahrgästen nur durch die
    Arbeitskleidung. So wußte der Junge nicht

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