Timm Thaler
geärgert, als ich erfuhr, was die beiden taten oder vorhatten. Aber um Ärgernisse
leicht zu nehmen, dafür steht mir glücklicherweise Ihr Lachen zur Verfügung. Es erleichtert und befreit mich. Sie sehen, Herr Thaler, daß ich es zu nützlichen Zwecken verwende.“
„Sie scheinen alles in Ihrem Leben nur für nützliche Zwecke zu
verwenden, Baron.“
„Mit zwei Ausnahmen, Herr Thaler: Mein Interesse für Bilder ist
zwecklos und ebenso mein Interesse für Religi… Nein“, unterbrach
er sich selbst. „Auch mein Interesse für Religion hat einen Zweck.“
Timm lenkte schnell von diesem Gespräch ab; denn er hatte
keinen passenden Kronleuchter zur Hand. Er fragte: „Was ist mit
dem Vertrag, den ich mit Mister Penny abgeschlossen habe?“
„Nun, Herr Thaler, ob Mister Penny die Stimm-Aktien bekommt,
hängt davon ab, ob Sie mit einundzwanzig Jahren tatsächlich mein
gesamtes Erbe samt Stimm-Aktien antreten. Der übrige Teil des
Vertrages ist selbstverständlich gültig. Heute in einem Jahr werden die meisten Aktien unserer Reederei in Hamburg Ihnen gehören. Sie möchten wohl Herrn Rickert wieder in Amt und Würden einsetzen?“
„Ja“, sagte Timm, ohne zu zögern.
„Nun, hoffentlich ist er nächstes Jahr noch gesund und munter.“
Die letzte Bemerkung, die Lefuet ziemlich beiläufig gesprochen
hatte, erschreckte den Jungen. Der Baron war ohne Zweifel zu allem fähig, auch dazu, Herrn Rickert auf irgendeine Weise umzubringen.
Also mußte Timm so tun, als liege ihm gar nicht viel an Herrn
Rickert. Deshalb sagte er: „Es tat mir leid, daß Herr Rickert wegen unseres kleinen Telefongesprächs seine Stellung verlor. Deshalb
machte ich das Geschäft mit Mister Penny.“
Lefuet goß sich aus einer kleinen Kristallkaraffe Rum in den Tee
und fragte: „Auch einen Schuß?“
Timm nickte, der Baron bediente ihn und sagte dann: „Ich mache
Ihnen einen Vorschlag, Herr Thaler. Nehmen Sie ein Jahr lang
keinerlei Verbindung mit Herrn Rickert oder Ihren anderen Freunden in Hamburg auf; dann sorge ich dafür, daß Ihnen in einem Jahr die Hamburger Reederei-Aktien wirklich gehören. Einverstanden?“
„Ja“, sagte Timm nach kurzem Überlegen. „Einverstanden!“
Er dachte bei sich: „Ein Jahr ohne Lachen ist lang, aber ein Leben ohne Lachen ist unerträglich. Ich muß dieses Jahr durchstehen. An seinem Ende werde ich vielleicht wissen, wie ich den Baron
übertölpeln kann. Als Geschäftsmann kann ich ihm nicht
beikommen; aber vielleicht komme ich dem privaten Baron Lefuet
auf die Schliche.“
Als ob er Timms Gedanken erraten habe, sagte Lefuet nun: „Ich
schlage Ihnen vor, Herr Thaler, daß wir dieses Jahr für eine
Weltreise benutzen, die wir gemeinsam und privat unternehmen. Ich schenke Ihnen diese Weltreise zum Geburtstag. Übrigens
nachträglich meinen herzlichen Glückwunsch!“ Ein kullerndes
Lachen und der Druck einer sehr kühlen Hand.
„Danke sehr“, sagte Timm. Dann trank er einen Schluck heißen
Tee.
„Wissen Sie, daß Sie soeben den Rum des Steuermanns Jonny
getrunken haben, Herr Thaler?“
„Wie bitte?“
„Sie haben in Genua die zwei Flaschen Rum vergessen, die Sie
vom Steuermann gewonnen haben. Man brachte sie ins Hotel, und
ich ließ sie hierherschaffen, damit Sie auch tatsächlich in den Genuß der gewonnenen Wetten kämen. In Kleinigkeiten bin ich genau.“
Timm sagte darauf nichts. Er wiederholte in Gedanken wieder
einmal Jonnys Spruch:
„Lehre mich lachen; rette meine Seele, Steuermann!“
Lefuet unterbrach die Gedanken des Jungen: „Kommen wir zum
Geschäft, Herr Thaler! Sprechen wir von Margarine.“
„Gut, Baron, kommen wir zum Geschäft!“
Sechsundzwanzigster Bogen
Margarine
Der Baron war aufgestanden und ging – die Hände auf dem Rücken
– im Pavillon auf und ab. Er hielt dabei eine kleine Rede.
„Sie wissen, Herr Thaler, daß die von uns geplante Marken-
Margarine einen Namen haben muß, einen attraktiven, einprägsamen
Namen, der am besten an etwas Bekanntes anknüpfen sollte. Wir
haben lange über diesen Namen beraten; denn er ist sehr wichtig. Ein guter Warenname ist bares Geld.“
Timm nickte. Er begriff noch immer nicht, was das mit ihm zu
tun hatte. Aber er sollte es gleich erfahren.
„Nach allen möglichen Vorschlägen…“ (der Baron ging weiter
auf und ab) „… machte Selek Bei einen Vorschlag, den wir sofort
und einstimmig als den weitaus besten akzeptierten. Selek Bei ist –
das möchte ich noch
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