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Tims gefährlichster Gegner

Tims gefährlichster Gegner

Titel: Tims gefährlichster Gegner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Schultern zu
weit, erfüllte dennoch ihren Zweck. Grinsend schloss der Gangster die silbrigen
Knöpfe, entleerte die Taschen seiner Jacke und entsorgte auch die.
    Die Dresscode -Tüte war
nur auf einer Seite mit dem Geschäftsnamen bedruckt. Algirdas, dessen Hinken
nicht auffiel, wenn er langsam ging, legte den mit Beute gefüllten Leinenbeutel
hinein, schloss die Tüte, indem er die Öffnung umknickte, und nahm dann das
Behältnis unter den Arm, wobei er den Geschäftsnamen körperwärts drehte.
    »Unverfänglich?«, fragte er in
seiner Muttersprache.
    »Völlig.«
    »Wie sehen wir aus, Jurij?«
    »Wie harmlose Touristen, die
eingekauft haben.«
    »Sind wir doch auch.« Er
feixte.
    Jurij nickte, schob abermals
die Containerklappe auf und wühlte mit einem ausrangierten Kleiderbügel, der
auf dem Abfall gelegen hatte, darin herum.
    »Was machst du?«

    »Ich schiebe Jacke, Hüte und
Masken unter den Abfall. Die Sachen sollen verschwinden für immer.«
    Algirdas nickte. »Der
genetische Fingerabdruck. Gut, dass du daran denkst. Die Sachen sind voll
davon. Hautpartikel, ein Härchen, Schweiß. Würde tausendfach reichen, um uns zu
überführen. Natürlich nur, wenn die Bullen uns haben und ’ne Probe von uns mit
’ner Probe von dem hier vergleichen können. Sind lausige Zeiten für unsereins,
Jurij. Die Kriminalisten haben zu viele technische Möglichkeiten. Wenn ich da
an meinen Urgroßvater denke. Der beste Einbrecher seiner Zeit. Das war zu
Anfang des vorigen Jahrhunderts. Er hat zwar mit Handschuhen gearbeitet, aber
seinen genetischen Fingerabdruck hat er zigmal hinterlassen. Den Begriff gab’s
damals noch gar nicht. Urgroßvater Valdas hätten sie auf frischer Tat ertappen
müssen, um ihn hinter Gitter zu bringen. Ist nie passiert.«
    Sie schlenderten jetzt durch
das Durchhaus, einen finsteren, aber breiten Gang im Häuserblock. Der Gang
führte von der Zittsamm-Straße zur Parallelstraße, die Am oberen Eck hieß.
    Algirdas trat in einen
Hundehaufen und merkte es nur daran, dass der Untergrund plötzlich seltsam
weich war. Der Gangster fluchte. »Ausgerechnet mein linker Schuh. Der
Spezialschuh.«
    »Ist das schlimmer als der
rechte?«, grinste Jurij. »Stinkt der mehr?«
    »Er lässt sich schwerer
säubern, Esel. Übrigens liegt es bei uns in der Familie, dass das linke Bein
kürzer ist. Im Milieu, in Fachkreisen, nannte man Urgroßvater den hinkenden
Uhu. Sein linkes Bein war noch kürzer als meins.«
    »Und warum Uhu?«
    »Weil er nachts gearbeitet hat.
Damals kamen Einbrecher immer nachts. Heute kommen sie zu jeder Tageszeit. Und
sind bemüht, keinen genetischen Fingerabdruck zu hinterlassen. Am liebsten
würden sie nichts berühren und über den Boden schweben. Urgroßvater Valdas war
da völlig unbesorgt, wie er seinem Sohn und später seinem Enkel, meinem Vater,
erzählt hat. Valdas drang in Villen ein, wenn die Bewohner nicht da waren,
bediente sich zuerst in Küche und Speisekammer, ging aufs Klo, nahm auch mal
ein Bad in der Wanne — wenn er sich verschwitzt fühlte — und suchte dann ganz
in Ruhe alle Wertsachen zusammen. Gestört wurde er nur ein einziges Mal, als
der Hausherr, ein litauischer Baron, vorzeitig nach Hause kam. Samt seiner
Frau, samt Diener und Chauffeur. Urgroßvater musste sich auf dem Dachboden
verstecken. Alle glaubten natürlich, der Einbrecher sei längst über alle Berge.
Die Polizei kam und sah sich um, aber nicht auf dem Dachboden. Stunden später,
als alles schlief, hat Urgroßvater sich rausgeschlichen, aber vorher einen
Abstecher ins Schlafgemach gewagt. Der Baron hatte sich mit Cognac müde
gesoffen. Wahrscheinlich ist er erst am nächsten Mittag aufgewacht. Und musste
dann feststellen, dass sich der Schaden vergrößert hatte. Nun fehlten auch
Taschenuhr, Geldbörse und die goldenen Manschettenknöpfe. Ja, Urgroßvater
Valdas hatte Nerven wie ein Steppenwolf.«
    »Dass auch dein Vater
Einbrecher war, hast du mir erzählt. Was hat denn dein Großvater gemacht?«
    »Der ist aus der Art
geschlagen. Er war Taschendieb.«
    »Immerhin.«
    »Damit kannst du nicht reich
werden. Die Beute ist fast immer gering.« Algirdas wechselte die Tüte unter den
anderen Arm. »Urgroßvater ist reich geworden mit seinen Einbrüchen und hat sich
dann zur Ruhe gesetzt. Er hatte vier Häuser in Vilnius und war Teilhaber an
einer Wodkafabrik. Eins der Häuser ist noch im Familienbesitz. Mein Bruder
wohnt dort mit seiner Familie.«
    »Der Zahnarzt?«
    »Ja. Ich habe nur einen
Bruder.«
    Sie

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