Tiphanie – Feuer der Sehnsucht
wegen eines davongelaufenen Jagdhundes belästigt?«, sagte Marthe de Branzel kalt. »Wann hättest du das tun sollen und bei welcher Gelegenheit? Ich finde diese Art von Scherzen wenig amüsant!«
»Es ist kein Scherz«, ertönte in diesem Moment die trockene Stimme Jannik de Morvans von der Tür. Er zog die Pforte hinter sich ins Schloss und trat näher, worauf Morron sofort auf die Pfoten rumpelte und sich an Tiphanies Seite niederließ.
»Natürlich«, knurrte der Ritter völlig unbeeindruckt von den fletschend gezeigten Zähnen. »Jetzt, wo die Würfel zu deinem Vorteil gefallen sind, spielst du wieder das Raubtier!«
»Ich fürchte, mein Kopf schmerzt«, seufzte seine Tante leidend und nestelte das winzige Riechfläschchen aus dem Beutel an ihrem Gürtel. Sie entfernte den Stopfen, und der durchdringende Geruch nach Kampfer und Minze verbreitete sich im Zimmer.
»Wie ist es dir gelungen, Olivier de Clisson auf deine Seite zu bringen?«, erkundigte sich Jannik und bedachte Tiphanie mit einem düsteren Blick. »Ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen, als er dir die Tür aufhielt! Hast du den Verstand verloren, Mädchen?«
Von den barschen Worten eher verärgert als eingeschüchtert, hob Tiphanie das Kinn und presste die Lippen widerspenstig aufeinander. Die offene Rebellion dieser anmutigen Geste verblüffte Dame Marthe, und sie ließ den Flakon mit dem scharf riechenden Inhalt wieder sinken.
»Ich wäre dankbar, wenn mir endlich jemand erklären würde, was sich ereignet hat«, forderte sie.
Da Tiphanie keine Anstalten machte, die versiegelten Lippen zu öffnen, übernahm es Jannik, die Szene im Arbeitskabinett des Herzogs zu schildern. Bei ihm hörte es sich an, als sei es eine Mischung aus Majestätsbeleidigung und Gauklervorstellung gewesen. Am Ende musste er selbst den Kopf schütteln.
»Wie auch immer, Seine Gnaden hat ihr dieses Monster geschenkt. Wie es aussieht, werdet Ihr diesen Höllenhund dulden müssen, bis man einen Weg findet, ihn loszuwerden, ohne dass der Herzog mit seinem weiteren Schicksal belästigt wird.«
»Niemand wird mit Marron belästigt«, fauchte ihn Tiphanie entrüstet an. »Er gehört zu mir, und er wird bei mir bleiben!«
»Ach ja? Und wie stellst du dir das vor?«, nahm der Seigneur der empörten alten Dame den Widerspruch ab. »Das Tier braucht Auslauf und eine Aufgabe. Das ist kein Schoßhund, der sich in den seidenen Säumen seiner Dame versteckt und mit Stickgarnknäueln spielt!«
»Ich werde ihn spazieren führen, und seine Aufgabe ist es, mich zu beschützen«, entgegnete Tiphanie in ruhiger Selbstverständlichkeit. »Habt Ihr nicht selbst gesagt, dass ich vorsichtig sein soll und dass es besser ist, wenn ich diesen falschen Namen trage? Also kann es nur recht und billig sein, wenn ich meine eigene Wache bei mir habe.«
»Ausgezeichnet«, gratulierte Jannik sarkastisch. »Zur Belohnung fütterst du ihn mit Veilchenpastillen und Mandelkeksen, nicht wahr?«
»Haltet Ihr mich für eine dumme Gans?« Langsam verlor Tiphanie die Geduld mit ihm und seinen an den Haaren herbeigezogenen Widersprüchen. »Ich weiß sehr wohl, dass Marron vernünftiges Futter benötigt, aber das wird wohl kein Problem darstellen in einem Haushalt, in dem der Überfluss so vollkommen ist, dass keine einzige Schüssel leer gegessen wird. Und wenn Ihr meint, dass Euch dies bei Eurer Abrechnung am Ende des Monats in Schulden stürzt, dann schlage ich vor, Ihr lasst endlich davon ab, mir Schneider, Tuchhändler und Schuhmacher zu schicken. Ihr müsst mich nicht unter Kleidern begraben, damit ich Frieden gebe!«
Dame Marthes Miene wandelte sich im Laufe dieser feurigen Rede von Verblüffung zu Neugier und am Ende zu nachdenklicher Ratlosigkeit. So ratlos wie auch Jannik de Morvan das Mädchen betrachtete, das gleich einer fauchenden Katze vor ihm stand.
»Du willst keine Kleider und Spitzen? Aber alle Frauen wollen das!«
»Gütiger Himmel!« Tiphanie verdrehte die Augen. Dieser Mann konnte eine Heilige in Rage bringen. Hatte er denn überhaupt kein Gefühl für die Dinge, die ihr wichtig waren? »Ich bin nicht alle Frauen! Außerdem wart IHR es, der damit begonnen hat, wie ein Krämer hinter Hundefutter her zu jammern!«
»Potzblitz!«, mischte sich jetzt Dame Marthe ein, weil sie sah, dass sich Janniks Stirn bedrohlich rötete und in seinen Augen eine Wut funkelte, die sogar ihr Angst einjagte. »Ich hätte wahrhaftig gedacht, dass Ihr inzwischen ein wenig mehr Anstand und Benehmen
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