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Tiphanie – Feuer der Sehnsucht

Tiphanie – Feuer der Sehnsucht

Titel: Tiphanie – Feuer der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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besaßen ziselierte Griffe mit eingelegten Edelsteinen. Jean de Montfort trank aus einem venezianischen Glaspokal, der wie durchsichtiges Gold schimmerte, und seine Gemahlin nippte an einem kleineren Glas, das einen Regenbogen aus verschiedenen Farben versprühte, sobald sie es im Licht der Kerzen hob.
    »Darf ich Euch von dem Wildschweinbraten auflegen, Dame Tristane«, erkundigte sich Erwann, als habe er es mit der Herzogin persönlich zu tun. Tiphanie nickte stumm und fand vor lauter Schauen kaum die Gelegenheit zu essen.
    »Ihr werdet hungrig von der Tafel aufstehen, wenn Ihr so weitermacht«, rügte Jannik de Morvan ihre Enthaltsamkeit. »Schmeckt es Euch nicht?«
    »Es mundet köstlich«, sagte Tiphanie. »Aber es ist schrecklicher Überfluss. Völlerei. Was geschieht mit dem, was übrig bleibt? Erhalten es die Armen der Stadt? Ich hoffe es doch!«
    Der Seigneur stutzte. Über solche Dinge hatte er sich bisher keine Gedanken gemacht. Die Tatsache, dass er ihr im Grunde sogar recht geben musste, trug nicht dazu bei, dass seine Antwort freundlicher klang.
    »Zähmt Eure Neigung zu klösterlicher Mildtätigkeit und Buße«, mahnte er mit gedämpfter Stimme. »Die Feste des Herzogs sind auch eine Demonstration seiner Macht und seines Reichtums. Wer schon bei den Speisen knausert, hat auch keine Mittel, seine Truppen mit Waffen und Pferden auszustatten.«
    »Wäre es nicht klüger, seine Feinde würden ihn unterschätzen?«
    »Was zum ...« Janniks Hand mit dem Bratenstück sank auf das Essbrett zurück, ehe er Tiphanie mit schmalen Augen musterte. »Das ist beileibe nicht das Gespräch, das eine Dame mit einem Edelmann führen sollte, wenn sie an der Tafel des Herzogs sitzt!«
    »Ach?« Tiphanie knabberte an der knusprigen Kruste eines Gänsebratens und warf ihm einen funkelnden türkisfarbenen Blick unter halb gesenkten Wimpern zu.
    »Worüber sprechen die Dame und der Seigneur?«
    Wollte sie ihn provozieren? Bei jeder anderen hätte er behauptet, sie mache zumindest den lästigen Versuch zu flirten. Aber Tiphanie? Diese scheue Unschuld, die man vor sich selbst schützen musste?
    »Sie tauschen Komplimente aus, Hofklatsch, Neuigkeiten oder Erinnerungen«, entschied er sich für eine ebenso knappe wie trockene Antwort.
    »Komplimente?«
    Jannik räusperte sich, dann fiel ihm ein, dass Tiphanie vermutlich nicht einmal wusste, was eine richtige, elegante Schmeichelei war. Die Bemerkungen, die sie hin und wieder über die Sünde der Eitelkeit machte, legten den traurigen Schluss nahe.
    »Nun, man sagt zum Beispiel: Ihr seht bezaubernd aus. In meinen Augen seid Ihr die reizendste Dame von allen.« Er sah die Röte, die in Tiphanies Wangen stieg, und korrigierte sich trocken, ehe sie vielleicht auf närrische Ideen kam. »Derlei sagt man eben, wenn man eine Dame umwirbt. Die Höflichkeit erfordert es ...«
    »Ich verstehe«, wisperte Tiphanie und versuchte, sich nicht gekränkt zu fühlen, nur weil er die Wahrheit sagte. »Ich wusste schon, dass Ihr es nicht ernst gemeint habt. Ich sehe nicht aus wie all diese feinen Damen. Ich habe nicht einmal vernünftige Haare, und außerdem bin ich klein und unbedeutend ...«
    Das vernünftigste wäre gewesen, zu nicken und die Sache auf sich beruhen zu lassen, aber genau das brachte Jannik de Morvan nicht fertig. Er hatte das absurde Empfinden, dass Tiphanie den Tränen nahe war und sie nur mit aller Tapferkeit unterdrückte. Klein und unbedeutend? Dachte sie das wirklich? Nicht eines dieser aufgeputzten Hühner konnte ihr das Wasser reichen!
    »Redet keinen Unsinn!«, schnauzte er sie in einem Ton an, der normalerweise Erwann galt, wenn er einen Fehler gemacht hatte. »Es ist nicht das Haar, das zählt, sondern das Herz! Ihr habt keinen Grund, Euch gering zu schätzen. Ihr habt das liebenswürdigste, reinste und gütigste Herz, das ich kenne. Niemand außer Euch wäre für einen räudigen Zwingerhund in die Schranken getreten.«
    Tiphanie freute sich einerseits unendlich, dass er überhaupt etwas zu loben an ihr fand. Andererseits sagte ihr eine innere Stimme, dass dies nicht die Sorte Kompliment war, die er Anne-Marie gemacht hätte. Eine Spur von Mutwillen tauchte in ihrem Blick auf, ehe sie dankend den Kopf neigte und sorgsam ihre Antwort formulierte.
    »Ich bin sicher, dass zumindest Marron Eure Meinung vertritt, Seigneur, seid bedankt. Damit wären wir beim Hofklatsch angelangt. Sagt mir, jener Seigneur, dem ich vor dem Arbeitskabinett Seiner Gnaden begegnet bin, ist er

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