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Titan 09

Titan 09

Titel: Titan 09 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg , Wolfgang Jeschke
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Mensch, dessen Art dem genus homo erschreckend unähnlich ist.
    Manchmal hatte Scott selber Schwierigkeiten, ihren Gedanken zu folgen.
    Wäre Holloway nicht gewesen, hätte das Leben zur Alltagsroutine zurückkehren können. Die Spielsachen erinnerten nun nicht mehr an die Geschehnisse. Emma freute sich immer noch über ihre Puppen und den Sandkasten, ihr Vergnügen daran war völlig normal. Scott war mit Baseball und seinem Chemiekasten zufrieden. Sie taten alles, was andere Kinder auch tun, und zeigten nur wenige (wenn überhaupt welche) Anzeichen von Abnormalität. Doch Holloway schien ein Schwarzseher zu sein.
    Er hatte die Spielsachen untersuchen lassen – mit ziemlich idiotischen Ergebnissen. Er zeichnete endlos Karten und Diagramme, korrespondierte mit Mathematikern, Ingenieuren und anderen Psychologen und wurde fast verrückt bei dem Versuch, im Aufbau der Geräte ein Schema oder einen Sinn zu finden. Der Behälter selbst mit seiner geheimnisvollen Apparatur sagte gar nichts. Die Verbrennungshitze hatte zuviel zu Schlacke werden lassen. Aber die Spielsachen…
    Das Zufallselement brachte die Untersuchung aus dem Konzept. Sogar das war eine semantische Frage. Denn Holloway war überzeugt, daß es nicht wirklich Zufall war. Es waren einfach nicht genug Faktoren bekannt. Zum Beispiel konnte kein Erwachsener mit dem ›Abakus‹ arbeiten. Und nach einiger Überlegung verzichtete Holloway darauf, ein Kind mit dem Ding spielen zu lassen.
    Der Kristallwürfel war ähnlich geheimnisvoll. Er zeigte ein verrücktes Farbmuster, das sich manchmal bewegte. Darin ähnelte es einem Kaleidoskop. Aber es wurde weder vom Gleichgewichtsmoment noch von Schwerkraft beeinflußt. Schon wieder der Zufallsfaktor.
    Oder besser: Das Unbekannte. Das X-Muster. Schließlich fielen Paradine und Jane in so etwas wie Beschaulichkeit zurück; sie hatten das Gefühl, daß nun, da die wesentliche Ursache beseitigt war, die Kinder von ihrer geistigen Eigenart geheilt waren. Die verschiedenen Beschäftigungen Emmas und Scotts gaben ihnen jetzt allen Grund, sich nun keine Sorgen mehr zu machen.
    Denn die Kinder vergnügten sich mit Schwimmen, Radfahren, Fernsehen, Spielen, mit allen normalen Spielzeugen dieses bestimmten Zeit-Sektors. Zwar kamen sie mit manchen komplizierten, mechanischen Aufgaben, die einige Berechnung erforderten, nicht zurecht; zum Beispiel mit dem dreidimensionalen Kugel-Puzzle, das Paradine aufgetrieben hatte. Aber das fand er selber sehr schwierig.
    Ab und zu gab es Ausrutscher. Eines Sonntagnachmittags radelte Scott zusammen mit seinem Vater ins Blaue, auf der Kuppe eines Hügels machten sie Pause. Unter ihnen erstreckte sich ein sehr schönes Tal.
    »Hübsch, nicht wahr?« bemerkte Paradine.
    Scott untersuchte die Szene ernsthaft. »Es ist alles falsch«, sagte er.
    »Hee?«
    »Weiß nicht.«
    »Was ist daran falsch?«
    »Huuii…« machte Scott in die verblüffte Stille hinein. »Weiß nicht.«
    Die Kinder hatten ihre Spielsachen vermißt, aber nicht für lange. Emma erholte sich zuerst, obschon Scott immer noch den Kopf hängen ließ. Er führte mit seiner Schwester unsinnige Gespräche und studierte intensiv sinnlose Kritzeleien, die sie aufs Papier brachte. Es war fast so, als frage er sie bei schwierigen Problemen um Rat, die er selbst nicht in den Griff bekam.
    Wenn Emma mehr Verstand entwickelte, besaß Scott eine größere praktische Intelligenz und auch handwerkliche Geschicklichkeit. Er baute mit seinem Stabilbaukasten eine Maschine, war aber unzufrieden damit. Der offensichtliche Grund seiner Unzufriedenheit verschaffte Paradine Erleichterung, als er die Konstruktion in Augenschein nahm. So etwas machte jeder normale Junge, es erinnerte verschwommen an ein kubistisches Schiff.
    Es war ein bißchen zu normal, um Scott Freude zu machen. Er stellte Emma noch mehr Fragen, jedoch nur, wenn sie allein waren. Sie dachte eine Weile nach, packte dann den Bleistift mit ungeschicktem Griff und machte einige weitere Kritzel.
    »Kannst du das lesen?« fragte Jane ihren Sohn eines Morgens.
    »Nicht richtig lesen. Ich kann verstehen, was sie meint. Nicht immer, aber meistens.«
    »Schreibt sie?«
    »N-Nein. Es bedeutet nicht das, wo es nach aussieht.«
    »Symbolismus«, meinte Paradine über seine Kaffeetasse hinweg.
    Jane blickte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. »Denny…«
    Er zwinkerte ihr zu und schüttelte den Kopf. Später, als sie allein waren, sagte er: »Laß dich von Holloway nicht verrückt machen. Ich will

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