Titan 09
telepathischen Fähigkeiten besaß, war der Versuch von vornherein zum Scheitern verurteilt, aber er glaubte, daß es solche Fähigkeiten hätte. Er hatte vorher eine Projektion von etwas verspürt, das nicht körperlich war, als das Wesen auf ihn zustürmte. Eine fast materielle Welle des Hasses.
Wenn es so etwas projizieren konnte, vielleicht konnte es dann auch in seinem Verstand lesen, für diesen Zweck mochte es ausreichen.
Bedächtig hob Carson den Stein, der seine einzige Waffe gewesen war, und ließ ihn mit einer verzichtenden Geste in den Sand fallen.
Dann erhob er seine leeren Hände und hielt seine Handflächen der Kugel entgegen.
Er sprach laut. Zwar wußte er, daß seine Worte für die Kreatur vor ihm ohne Bedeutung sein würden, aber so würde er sich stärker auf seine gedachte Botschaft konzentrieren können.
»Können wir nicht Frieden schließen?« sagte er, und seine Stimme klang sehr fremd in der absoluten Stille um sie herum. »Das Wesen, das uns hierher brachte, hat gesagt, was geschehen muß, wenn unsere Rassen miteinander kämpfen: eine wird ausgelöscht, und die andere geht ebenfalls dem Untergang entgegen. Der Verlauf der Schlacht zwischen ihnen, so sagte das Wesen, hängt davon ab, was wir hier tun. Warum also sollen wir nicht Frieden schließen? Deine Rasse bleibt in ihrer Galaxis und wir in unserer.«
Carson entspannte sich völlig, um die Antwort aufzunehmen.
Sie kam, und sie warf ihn beinahe von den Füßen. Sein Magen verkrampfte sich, als er den Anprall dieses reinen Hasses und der geballten Mordlust verspürte. Es waren keine artikulierten Worte, so wie die Sprache des alten Wesens, sondern eine Welle triebhafter Gefühle.
Einen Augenblick lang, der ihm wie eine Ewigkeit erschien, mußte er gegen den Ansturm dieses Hasses ankämpfen, er mußte seinen Verstand davon befreien, in den er diese Gedankenwellen so leichtfertig eingelassen hatte. Ihm war übel.
Langsam klärte sich sein Geist wieder, so wie sich am Morgen nach dem Erwachen das Schreckensgewebe eines Alptraums allmählich lichtet. Er atmete schwer und fühlte sich geschwächt, aber er konnte denken.
Er musterte die Kugel. Sie hatte völlig regungslos verharrt während des geistigen Duells, das sie beinahe gewonnen hätte. Sie rollte ein paar Meter zur Seite, zu dem nächsten der blauen Büsche. Aus den Vertiefungen fuhren drei Tentakel heraus und begannen, den Busch zu untersuchen.
»Okay!« sagte Carson. »Also führen wir Krieg.« Er brachte ein schwaches Grinsen zustande. »Wenn ich dich richtig verstanden habe, hat der Friede wenig Anziehungskraft auf dich.« Und weil er ein normaler junger Mann war und einem leichten dramatischen Impuls nicht widerstehen konnte, fügte er noch hinzu: »Auf Leben und Tod!«
Aber in dem tiefen Schweigen um sie herum kam ihm der Klang seiner Stimme selbst närrisch vor. Es wurde ihm klar, daß es wirklich um Leben und Tod ging. Nicht nur um sein eigenes Leben oder das dieses runden Dings, an das er nur noch als ›die Kugel‹ dachte, sondern um das Leben ihrer beider Rassen. Sein Scheitern würde den Tod für alle Menschen bedeuten.
Plötzlich fühlte er sich sehr klein und hilflos, und er hatte Angst, diese Gedanken weiterzuspinnen. Diese Gedanken, die eine Gewißheit bedeuteten. Mit einer Sicherheit, die stärker als Glaube war, wußte er, daß das Wesen, das diesen Kampf arrangiert hatte, die Wahrheit gesagt haben mußte, über seine Ansichten und seine Macht. Es hatte nicht gescherzt.
Die Zukunft der Menschheit hing von ihm ab. Es war schrecklich, dies zu erkennen, und er zwang seine Gedanken in eine andere Richtung. Er mußte sich auf seine gegenwärtige Situation konzentrieren.
Es mußte einen Weg geben, diese Barriere zu durchdringen, oder durch sie hindurch zu töten.
Durch Geisteskraft? Er hoffte, daß es nicht so sei, denn die Kugel hatte offenbar stärkere telepathische Fähigkeiten; sie waren wirkungsvoller als die primitiven unterentwickelten Fähigkeiten der Menschen. Oder vielleicht nicht?
Er hatte es geschafft, die Gedankenimpulse der Kugel aus seinem Verstand zu verdrängen; konnte sie auch mit seinen fertig werden? Wenn ihre Ausstrahlungskraft stärker war, vielleicht war dann auch ihre Empfängergabe verwundbar?
Er starrte sie an und bemühte sich, all seine Gedanken auf sie zu konzentrieren.
»Stirb!« dachte er. »Du wirst sterben… Du stirbst… Du…« Er variierte diesen Satz und versuchte es mit geistigen Bildern. Schweiß trat ihm auf die
Weitere Kostenlose Bücher