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Titan 11

Titan 11

Titel: Titan 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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die breiten Frontfenster verteilt, so daß jeder hinaussehen konnte; in der Luft hing der Geruch von Euphorie. Von draußen fiel genug Licht hinein, so daß Oliver sehen konnte, daß einige wenige Zuschauer noch die Hände an die Ohren gepreßt hielten, die meisten sich aber begierig vorbeugten, um besser sehen zu können.
    Wie durch einen traumhaften Nebel sah Oliver die Stadt mit unheimlicher Deutlichkeit vor sich. Er wußte genau, daß normalerweise eine Häuserreihe an der anderen Straßenseite die Sicht versperrte – und dennoch überblickte er jetzt die Stadt und konnte bis zum Horizont ein grenzenloses Panorama sehen. Die Häuser dazwischen waren verschwunden.
    Weit am Horizont brannte es; das Feuer färbte die tiefhängenden Wolken mit hellem Purpur. Dieses schwefelartige Licht wurde vom Himmel auf die Stadt reflektiert und erhellte, wie an Häuserreihe auf Häuserreihe Flammen emporleckten; weit dahinter lagen formlose Klumpen, die Schlacke von Gebilden, die vor ein paar Minuten noch Häuser gewesen waren.
    Lärm klang von der Stadt herüber; das Prasseln der Flammen war am lautesten, aber dann und wann konnte man menschliche Stimmen hören, fern wie das Tosen einer Brandung an einem vorgelagerten Riff, und das Stakkato der Schreie erzeugte im Netz der Geräusche ein ständig aufsteigendes und abebbendes Muster. Das Wogen der Schreie und das Heulen von Sirenen verflocht das Netz zu einer schrecklichen Symphonie von fremder unmenschlicher Schönheit.
    Durch Olivers ungläubigen Verstand zuckte kurz die Erinnerung an jene andere Symphonie, die Kleph vor ein paar Tagen gespielt hatte und die eine andere Katastrophe in Form von Musik und Bewegung erzählte.
    »Kleph«, sagte er heiser.
    Die Sitzordnung am Fenster wurde durchbrochen. Köpfe fuhren herum, und Oliver sah, wie fremde Gesichter ihn anstarrten; in einigen Augen lag Verlegenheit, doch die meisten betrachteten ihn mit jener lebhaften, unmenschlichen Neugier, die eine Menge den Opfern eines Unfalls entgegenbringt. Doch diese Leute befanden sich absichtlich hier, stellten das Publikum zu einem riesigen Unglück dar, zu dem sie extra angereist waren.
    Kleph erhob sich unsicher, ihr samtenes Abendkleid raschelte bei der Bewegung. Sie setzte eine Tasse ab und schwankte ein wenig, als sie auf die Tür zukam. »Oliver«, sagte sie mit hoher, klirrender Stimme, »Oliver…«
    Er sah, daß sie stark berauscht war; die Katastrophe hatte ihre Stimulation bis zu einem Punkt gepeitscht, an dem sie nicht mehr wußte, was sie tat.
    »Was… was war das, Kleph?« hörte sich Oliver mit einer Stimme sagen, die nicht die seine war. »Was ist geschehen? Was…« Doch geschehen schien ein so unpassendes Wort für das unglaubliche Panorama unter ihnen zu sein, daß er über der Frage in ein hysterisches Kichern ausbrach, dann ganz still wurde und versuchte, das Zittern, das sich seines Körpers bemächtigt hatte, unter Kontrolle zu bekommen.
    Kleph bückte sich unsicher und ergriff eine dampfende Tasse. Schwankend kam sie auf ihn zu, reichte sie ihm – ihr Wundermittel gegen alle Krankheiten.
    »Hier, trinke Oliver – wir sind hier alle sicher, völlig sicher.« Sie hob die Tasse an seine Lippen, und er schluckte automatisch, war den Dämpfen dankbar, die seinen aufgewühlten Verstand langsam beruhigten.
    »Es war ein Meteor«, sagte Kleph. »Wirklich nur ein ziemlich kleiner Meteor. Wir sind hier alle völlig sicher. Das Haus wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen.«
    »Sue?« hörte Oliver sich aus irgendeiner Zelle seines Unterbewußtseins heraus sagen. »Ist Sue…« Er konnte den Satz nicht beenden.
    Kleph reichte ihm die Tasse erneut. »Ich glaube, sie ist in Sicherheit – für eine Weile. Bitte, Oliver, vergiß das alles und trinke.« »Aber du hast es gewußt!« Endlich drang diese Erkenntnis in sein schmerzendes Gehirn. »Du hättest uns warnen können oder…« »Wie könnten wir die Vergangenheit ändern?« fragte Kleph. »Wir kennen sie zwar – doch können wir einen Meteor stoppen? Oder die Stadt warnen? Bevor wir kamen, mußten wir unser Wort geben, uns niemals einzumischen…«
    Die Stimmen der Zuschauer waren lauter geworden, um in dem steigenden Getöse von draußen noch vernehmbar zu sein. Die Stadt brüllte nun vor Flammen und Schreien und dem Donnern zusammenbrechender Gebäude. Es war heller im Zimmer geworden; der Flammenschein pulsierte in dunklem Rot und hellem Weiß auf den Wänden und der Decke.
    Unten schlug eine Tür. Jemand lachte, ein

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