Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Titan 22

Titan 22

Titel: Titan 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
Vom Netzwerk:
kurzen Blick auf die Mutter erhaschen, grauhaarig, klein, ein Glas in der Hand, ihr Gesicht eingeschrumpelt, ausdruckslos.
    Dann eilte Baines den Korridor hinunter. Er kam durch ein Schlafzimmer, zog eine Türe auf, fand sich vor einem Kleiderschrank. Er drehte sich um und rannte durchs Wohnzimmer zurück in ein Eßzimmer, dann ein weiteres Schlafzimmer. In wenigen Augenblicken hatte er das ganze Haus durchsucht.
    Er spähte zum Fenster hinaus. Der Hinterhof. Überreste eines verrostenden Lastwagens. Der Eingang zu einem unterirdischen Bombenunterstand. Ein Hund, der in seiner Hütte schlief. Ein paar alte Autoreifen.
    Er fand eine Tür, die ins Freie führte. Lautlos zog er sie auf und ging hinaus. Niemand zu sehen. Da war eine Scheune, ein alter, durchhängender Holzbau, dahinter Zedern, eine Art Bach. Die Reste eines Aborthäuschens.
    Baines schob sich vorsichtig um das Haus herum. Er hatte vielleicht dreißig Sekunden. Er hatte die Toilette geschlossen gelassen; der Junge würde glauben, daß er wieder hineingegangen sei. Baines sah durchs Fenster ins Haus. Ein großer Kleiderschrank, gefüllt mit alten Kleidern, Schachteln und Bündeln von Zeitschriften. Er drehte sich um und eilte zurück, erreichte die Hausecke und wollte um sie herumgehen.
    Nat Johnsons hagere Gestalt ragte vor ihm auf und versperrte ihm den Weg. »Also schön, Baines, Sie wolltenʹs ja nicht anders haben.«
    Ein rosafarbener Blitz erblühte. In einem einzigen blendenden Aufleuchten verdrängte er das Licht der Sonne. Baines sprang zurück und fuhr an seine Jackettasche. Der Rand der Blitzentladung erfaßte ihn, und er stürzte halb, von der Wucht benommen. Sein Anzugsschild saugte die Energie auf und entlud sie, aber trotzdem klapperten seine Zähne, und er zuckte einen Augenblick lang wie eine Marionette. Dunkelheit sank über ihn. Er konnte spüren, wie das Geflecht des Schilds weiß aufglühte, während es die Energie absorbierte und sich abmühte, sie von seiner Haut fernzuhalten.
    Sein eigenes Rohr fuhr heraus – und Johnson hatte keinen Schild. »Sie sind verhaftet«, murmelte Baines grimmig. »Runter mit Ihrem Rohr und dann die Hände hoch! Und rufen Sie Ihre Familie!« Er gestikulierte mit dem Rohr. »Kommen Sie, Johnson, bißchen fix!«
    Das Peitschrohr zitterte etwas und entglitt dann Johnsons Fingern. »Sie leben noch.« Schierer Schrecken überzog sein Gesicht. »Dann müssen Sie…«
    Dave und Jean erschienen.
    »Dad!«
    »Hier herüber!« befahl Baines. »Wo ist eure Mutter?«
    Dave deutete benommen mit dem Kopf. »Im Haus.«
    »Holt sie und bringt sie hierher!«
    »Sie sind von der AWKA«, flüsterte Nat Johnson.
    Baines gab keine Antwort. Er machte etwas an seinem Hals, zog an dem faltigen Fleisch. Die Drähte eines Kontaktmikrofons glitzerten, während er es zwischen den Falten seines Doppelkinns herauszog und in die Tasche steckte. Vom Feldweg war jetzt Motorengeräusch zu hören, sanftes Summen, das schnell lauter wurde. Zwei schwarze, tropfenförmige Fahrzeuge glitten heran und parkten neben dem Haus. Männer in den dunklen graugrünen Uniformen der Zivilpolizei der Regierung schwärmten aus. Vom Himmel senkten sich Schwärme schwarzer Punkte herunter, Wolken häßlicher Fliegen, die die Sonne verdunkelten, während sie Männer und Geräte ausspien. Die Männer schwebten langsam herunter.
    »Er ist nicht hier«, sagte Baines, als der erste Mann zu ihm trat. »Er ist entkommen. Informieren Sie Wisdom im Labor!«
    »Wir haben den Abschnitt abgesperrt.«
    Baines wandte sich Nat Johnson zu, der in benommenem Schweigen verständnislos dastand, seinen Sohn und seine Tochter neben sich. »Woher wußte er denn, daß wir kamen?« wollte Baines wissen.
    »Ich weiß nicht«, murmelte Johnson. »Er hat es – einfach gewußt.«
    »Ein Telepath?«
    »Ich weiß nicht.«
    Baines zuckte die Achseln. »Wir werden es bald wissen. Die ganze Gegend ist abgeriegelt. Er kommt nicht an uns vorbei, ganz gleich, wozu er imstande ist. Außer er kann sich entmaterialisieren.«
    »Was werden Sie mit ihm machen, wenn Sie… falls Sie ihn fangen?« fragte Jean verstört.
    »Ihn studieren.«
    »Und ihn dann töten?«
    »Das hängt von den Laborergebnissen ab. Wenn Sie mir mehr sagen könnten, könnte ich das besser vorhersagen.«
    »Wir können Ihnen gar nichts sagen. Wir wissen nicht mehr.« Die Stimme des Mädchens wurde schrill. »Er redet nicht.«
    Baines zuckte zusammen. »Was?«
    »Er redet nicht. Er hat nie mit uns geredet. Niemals.«
    »Wie

Weitere Kostenlose Bücher