Titanen-Trilogie 02 - Die Kinder der Titanen
und Soli unter einigen Schwierigkeiten zum Wasser ab. Er zeigte ihr die Schwimmbewegungen und wies sie an, sie solle den Kopf über Wasser halten. Soli hatte diese Kunst rasch gemeistert, spritzte aber viel Wasser auf und hielt sich eng an seiner Seite. »Es ist so tief!« rief sie aus. Sie schwammen westwärts, die Brücke entlang.
Die Strahlung kam, und sie mußten hinaus in den Ozean ausweichen. Soli bekam es mit der Angst zu tun, doch beide wußten, daß es keine andere Möglichkeit gab. Nach einer Weile mußte er Wassertreten, während sie sich erschöpft an ihn klammerte. Ob die Tropfen auf ihrem Gesicht vom Wasser herrührten oder Tränen waren, konnte er nicht unterscheiden. Es stand jedenfalls fest, daß sie müde, verängstigt und verzweifelt war. Var überlegte, ob es günstig wäre, ein Boot zu stehlen, entschied sich dann aber dagegen. Sie wollten ja verborgen bleiben und nicht durch solche Aktivität ihre Anwesenheit zu erkennen geben. Am sichersten waren sie auf der Brücke, wenn sie nur erst die Strahlung hinter sich gelassen hätten!
Sie kamen nur langsam voran. Mehrmals gelangten sie sicher zu einem Pfeiler und hielten sich fest, während Soli jede Menge Salzwasser ausspuckte. Ihre Lippen waren blau, ihr Gesicht elend. Schließlich kletterte Var an einem Pfeiler hoch und kroch steifbeinig weiter, bis er wieder auf Strahlung stieß. Sie mußten wieder weiterschwimmen.
Beim nächsten Versuch, eine halbe Stunde später, war keine Strahlung mehr spürbar. Er half ihr hinauf. Die Sonne zeigte sich, und sie aalten sich in der Wärme und aßen aufgeweichtes Brot aus dem Sack.
Und dann ging es die ebene Straße entlang in Richtung China. Durch den Verlust von Vars Sack waren ihre Vorräte auf die Hälfte zusammengeschmolzen, aber es bestand immerhin die Hoffnung, daß sie Fische fangen konnten. Und falls es unterwegs noch andere Inseln gab, fanden sie dort vielleicht Früchte oder Beeren oder wenigstens Ratten.
Später am Tag senkte sich die Straße hinunter auf eine Insel, eine viel größere, mehrere Meilen messende, mit Bäumen und Seehunden und Vögeln und Häusern.
Sie mußten auf der Hut sein, denn es konnten immerhin hier Menschen leben, und ihr Bienenhaus-Erlebnis hatte sie gelehrt, ihren eigenen Spezies nicht über den Weg zu trauen. Var hatte die wahre Stärke des Irren-Nomaden-Systems noch nie zuvor richtig eingeschätzt und begriff auch jetzt noch seine Mechanismen nicht zur Gänze. Aber die Menschen seiner Heimat waren irgendwie zivilisiert und unterschieden sich von denen im Bienenhaus. In Amerika brauchte kein Mensch Kastration oder einen Kampf außerhalb des Ringes fürchten.
Die Insel war unbewohnt. Sie entdeckten alte Konservendosen, rührten diese aber nicht an. Stellenweise wuchsen spärliche Beeren, und die sammelten sie als willkommene Ergänzung ihrer Vorräte. Eines der Häuser erschien ihnen einigermaßen intakt, und sie machten sich daran, die Ratten daraus zu vertreiben. (Soli erklärte, sie könnte auf das Verzehren von Ratten noch verzichten.)
Es dämmerte schon, als sie näher kommendes Motorengeräusch hörten. Sie versteckten sich und lugten durch ein schmutzstarrendes Glasfenster hinaus. Ein Boot voller Amazonen legte am Strand an. Diese Insel war also ihr Plündergebiet.
Die Frauen gingen an Land und unterzogen das Gebiet einer gründlichen Durchsuchung. Es sah aus, als kämen sie nur selten hierher, andernfalls hätten sie es nicht so gründlich durchkämmen müssen. Ein wahres Glück, daß sie dem Haus, in dem Soli und Var sich versteckt hielten, nicht nahe kamen. Als nächstes kamen ein paar Kastraten an Land. Sie wurden zu jenen Stellen getrieben, wo Beeren wuchsen, und mußten sich mit ihren Körben auf Beerenlese machen, während die panzertragenden Frauen sich abwechselnd Waffenübungen unterzogen.
Nach zwei Stunden waren die Körbe voll, und die Männer bestiegen die Boote. Var und Soli atmeten auf. Erschraken aber, als nun zwei Menschen an Land gingen und direkt auf die Häuser zukamen. Ein junger Mann und eine Frau. Sie gingen ganz langsam, der Mann trübsinnig voran, während die Frau ihn dauernd weiterschubste.
»Hier«, sagte sie und blieb vor einem Haus stehen. Sie stieß die Tür auf. Holz und Mörtel prasselten herunter, und die Frau wurde von starkem Hustenreiz gepackt.
Sie versuchte es beim nächsten Haus, dessen Tür aber versperrt war. Sie schien eine kräftige Frau zu sein und wirkte recht robust in ihrer Rüstung, doch die Tür gab nicht
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