Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titel: Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Beesley
Vom Netzwerk:
Gruppe von Heizern als erste von der
Beschädigung erfahren hat.
    Er ergänzte
traurig: »Jetzt könnte ich die heiße Suppe brauchen.« In der Tat, das könnte
er, denn zur Zeit der Kollision war er nur leicht bekleidet, wie er uns
erzählte, in Hosen und Unterhemd, beides sehr dünn wegen der enormen Hitze vor
den Feuerlöchern, und so zog er zusätzlich später noch ein kurzes Jackett über,
trotzdem klapperten seine Zähne wegen der Kälte. Er fand einen Platz, sich
unterhalb der Steuerpinne niederzulegen, auf einer Plattform, auf der unser
Kapitän stand. Da lag er die ganze Nacht, zugedeckt mit einem Mantel eines
anderen Heizers, und ich denke, er muß meistens ohnmächtig gewesen sein.
    Eine Frau in
seiner Nähe, die mit mehreren Mänteln warm angezogen war, versuchte, ihm einen
von ihren pelzbesetzten abzugeben; er aber lehnte energisch ab, solange noch
andere Frauen nicht ausreichend angekleidet wären. So wurde der Mantel zu einem
irischen Mädchen mit rotbraunen Haaren gereicht, das in der Nähe stand,
angelehnt an das Dollbord und welches mit einem »Außenplatz« mehr der kalten
Luft ausgesetzt war. Die gleiche Frau war in der Lage, noch mehr von ihrer
Garderobe an andere Passagiere abzugeben, eine Decke hier, eine Pelzstola dort,
und es erfüllte sie mit Freude zu erleben, daß ihr die Stücke in dem Moment von
den Menschen zurückgegeben werden sollten, die sie entliehen hatten, als sie
die Bordwand der Carpathia emporkletterten. Aber da sie, wie wir alle,
durch eine Schwimmweste behindert war, erklärte sie, daß sie die Sachen erst
nach dem Aufstieg wiederhaben wollte. Ich hatte meinen Bademantel nicht mehr
gesehen, seit ich ihn ins Boot geworfen hatte, aber irgendwann in der Nacht
fand ihn einer der Zwischendeckspassagiere und zog ihn über. Es ist nicht
leicht zu sagen, wer sich um diese Zeit im Boot befand. Wegen der Dunkelheit
war es kaum möglich, mehr als ein paar Fuß weit zu sehen, und als die Dämmerung
heraufzog, hatten wir nur Augen für Rettungsschiffe oder Eisberge, aber soweit
mich meine Erinnerung nicht trügt, gebe ich nun folgende Aufstellung: keine
Erste-Klasse-Passagiere, drei Frauen, ein Baby, zwei Männer aus der zweiten
Klasse, die anderen Zwischendeckspassagiere, meist Frauen, zusammen etwa 35
Passagiere.
    Der Rest,
etwa 25 oder vielleicht mehr, gehörten zum Deckspersonal oder waren Heizer.
    In meiner
Nähe befand sich die ganze Nacht über eine Gruppe von drei schwedischen
Mädchen, warm gekleidet, dicht beisammen, um sich warmzuhalten, und sehr ruhig,
tatsächlich gab es wenige Gespräche zu dieser Zeit. Es gab allerdings ein
Gespräch, das aber nach meiner Meinung falsch wiedergegeben wurde; ein Beweis
mehr, wie klein die Welt doch ist. Darin spielt ein zehn Monate altes Baby eine
Rolle, welches im letzten Moment heruntergereicht wurde zur Frau neben mir –
die gleiche, die Decken und Mäntel abgab. Die Mutter hatte einen Platz in der
Mitte gefunden und war zu bepackt, um zum Kind zu gelangen, und so schlief es
für etwa eine Stunde in fremden Armen, dann begann es zu schreien, und die
Ersatzmutter sagte: »Würden Sie sich mal hinunterbeugen und nachsehen, ob die
Füße aus dem Tuch rausgucken? Ich weiß zwar nicht viel über Babys, aber ich
denke, daß ihre Füße warm gehalten werden sollten.« Mich nach unten
schlängelnd, so gut ich es konnte, fand ich seine Zehen bloß, der Luft
ausgesetzt und wickelte sie wieder ein. Als es sofort auflachte, war das der
Beweis einer erfolgreichen Diagnose! Die Frau nur an ihrer Stimme erkennend,
sagte ich: »Sie sind sicherlich Frau…?« – »Ja«, antwortete sie, »und Sie müssen
Herr Beesley sein, wie komisch, daß wir uns im selben Boot wiederfinden!« Mich
daran erinnernd, daß sie das Schiff in Queenstown erreicht hatte, sagte ich:
»Kennen Sie [den Ort] Clonmel? Ein Brief von einem guten Freund von mir, der
dort lebt – ich gab ihr die Adresse –, kam in Queenstown an Bord.« – »Ja, das
ist meine Heimat, und ich habe dort noch gegessen, bevor ich abfuhr.«
    Es sah so
aus, als ob auch sie meinen Freund kennen würde, und wir stimmten darin
überein, daß es von allen Plätzen dieser Welt wohl der unvermutetste ist, über
gemeinsame Freunde zu sprechen, zusammen in einem Rettungsboot, in der Mitte
des Ozeans um 02.00 Uhr morgens, zwölfhundert Meilen von unserem Zielhafen
entfernt. Und die ganze Zeit über beobachteten wir, wie die Titanic vorn
tiefer und tiefer sank und der Winkel immer steiler wurde, als die Lichter

Weitere Kostenlose Bücher