Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte
das Anlaufen zu verweigern. * Die Antwort der britischen Regierung gegenüber dem
Senats-Ausschuß, der das Handelsministerium »… ungenügender Anforderungen und
unzureichender Inspektionen« beschuldigte, könnte dann lauten: »Ihr habt auch
ein Gesetz, seht selbst darin nach!« [Anm. d. Übers.: Hafenstaat-Kontrolle =
Recht des Staates des angelaufenen Hafens, die Einhaltung verbindlicher
Standards zu überprüfen, ggf. Sanktionen zu verhängen.] Es wird nun gut sein,
die verschiedenen Einrichtungen vorzustellen, welche für die Sicherheit von
Passagieren und Besatzungsmitgliedern sorgen sollen. Dabei sollte daran
erinnert werden, daß der Durchschnittspassagier das gleiche Recht hat, diese
Dinge zu betrachten, denn sie sind bei weitem technisch nicht so kompliziert,
daß sie jemand mit normaler Intelligenz vom Verstehen ihrer Konstruktion
abhielten. Sie werden im weitesten Sinne behandelt, zunächst:
Schotten und wasserdichte
Abteilungen
Es ist unmöglich, an dieser
Stelle zu versuchen, eine Abhandlung über genaue Konstruktionseinzelheiten
dieser Schiffsteile zu geben, aber in der Absicht, die Bedeutung der Schotten
begreiflich zu machen, nehmen wir die Titanic als Beispiel. Sie wurde in
16 Abteilungen durch 15 stählerne Querwände eingeteilt, Schotten genannt. Wenn
ein Leck in einer dieser Abteilungen auftritt, schließen wasserdichte Türen die
einzigen Restöffnungen in der Abteilung und trennen diese beschädigten vom Rest
des Schiffes, und das Schiff kann das rettende Land erreichen. Es sind schon
Schiffe nach einer Kollision in einen nahe liegenden Hafen eingelaufen, die
nach einer Untersuchung nur eine wassergefüllte Abteilung ohne andere Schäden
aufwiesen. Später verließen sie den Hafen wieder zur Fahrt zum Heimathafen ohne
Unannehmlichkeiten, wie das Ausbooten von Passagieren und umfangreiche
Reparaturen.
Die
Ausführung der Schotten der Titanic verdient besondere Aufmerksamkeit.
Ein ausgezeichneter Artikel in der Zeitschrift »Scientific American« lenkte
dieselbe auf folgende Schwachpunkte, die sich aus einem Vergleich der
Sicherheit von wasserdichten Abteilungen ergaben (der Typ der Titanic und
anderer) – betrachtet vom Standpunkt eines möglichen Zusammenstoßes mit einem
Eisberg. Die Titanic hatte keine Längsschotten, die sie in kleinere
Abschnitte unterteilt und verhindert hätte, daß das Wasser die große Abteilung
überschwemmte. Wahrscheinlich war aber die Länge einer Abteilung auf jeden Fall
zu groß – 53 Fuß [gut 16 Meter]. Die Mauretania war andererseits
zusätzlich zu den Querschotten mit Längsschotten ausgestattet
[Torpedo-Schutz-Schotten, eins an jeder Bordwand im Abstand von etwa 4,5
Metern], und der Raum zwischen ihnen und der Bordwand wurde als Kohlebunker
benutzt. Außerdem reichen alle Schotten der Mauretania bis zum
Hauptdeck, während sie im Falle der Titanic teilweise nur bis zum
Salondeck, manchmal sogar nur bis zu einem tieferen Deck gezogen waren
[innerhalb des Rumpfes, vom Boden aus gerechnet fünf durchgehende Etagen (excl.
Kessel- und Maschinenraum: Unter-, Mittel-, Ober-, Salon-, Schutzdeck; siehe
Seitenriß] – der Schwachpunkt ist, daß, wenn das Wasser die Oberkante eines
Schotts erreicht, es darüber fließt und die nächste Abteilung überschwemmt. Die
britische Admiralität, welche die Mauretania und Lusitania subventionierte,
um sie im Kriegsfall als schnelle Hilfskreuzer einzusetzen, bestand auf dieser
Art der Konstruktion, und sie wird als erheblich besser angesehen, als die in
der Titanic eingebaute.
Der Autor des
Artikels ist der Meinung, daß es möglich sei, daß diese Schiffe [Mauretania und Lusitania] bei einer vergleichbaren Kollision nicht gesunken wären. Aber
als das ideale Schiff in bezug auf die Schotten-Konstruktion betrachtet er die Great
Eastern, konstruiert vor vielen Jahren vom genialen Ingenieur Brunei. Ihr
System der Abschnitte, geteilt und unterteilt von vielen Quer- und
Längsschotten, war so vollkommen, daß sie trotz eines Lecks von 80 Fuß Länge
[gut 24 Meter] an ihrer Seite, verursacht durch das Streifen eines Felsens, ihren
Hafen sicher erreichte. Unglücklicherweise waren das Gewicht und die Kosten
dieser Bauart so groß, daß dieses Verfahren hinterher nicht mehr angewendet
wurde. Aber man sollte nicht behaupten, daß die Konstruktion der Titanic ein
ernsthafter Fehler von Seiten der White Star Line oder der Bauwerft wäre,
aufgrund der Tatsache, daß die Schotten nicht so gut konstruiert waren wie
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