Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte
und
die meisten Unfälle passieren im Nebel – wenn der drahtlose Funk vom Unfall
berichtet, erlaubt er anderen Schiffen doch nicht, sie nahe genug aneinander
heranzuführen, um ihre Passagiere sofort zu übernehmen. Es ist zur Zeit noch
keine Methode bekannt, wie man über die drahtlose Telegraphie die Richtung der
Meldung bestimmen kann. Wenn das Schiff sich für einen längeren Zeitraum im
Nebel befindet, ist es noch schwieriger, die genaue Position einem
hilfebringenden Schiff mitzuteilen.
Nichts kann
die beiden Punkte besser beschreiben als die Geschichte, in der die Baltic die Republic im Jahre 1909 fand, die in dichtem Nebel abseits des
Nantucket-Feuerschiffes herumtrieb, hilflos nach einer Kollision mit der Florida. Die Baltic empfing einen drahtlosen Funkspruch, der den Zustand der Republic beschrieb und die Information enthielt, daß sie Kontakt mit einer
Unterwasser-Glocke von [der Insel] Nantucket hatte, die sie hören konnte. Die Baltic drehte um und fuhr zu der Position im Nebel, nahm das
Unterwasser-Glocken-Signal von Nantucket auf und begann, nahe dieser Position
nach der Republic zu suchen. Sie brauchte dafür 12 Stunden, um das
beschädigte Schiff zu finden, hin- und herfahrend in einem Kreis, in dessen
Umfeld die Republic vermutlich liegen würde. In rauher See wäre es
zweifelhaft, ob die Republic lange genug schwimmfähig geblieben wäre,
bis die Baltic sie fand und alle Passagiere abholen konnte.
Nun zu den
beiden Gelegenheiten, bei denen die drahtlose Telegraphie als unzuverlässig
empfunden, die Nützlichkeit von Unterwasser-Glocken aber offensichtlich wird.
Die Baltic hätte im dichten Nebel die Republic unfehlbar finden
können, wenn letztere mit einer Unterwasser-Notglocke ausgerüstet wäre. Es ist
vielleicht ganz gut, sich einige Zeit zu nehmen, um die Wirkungsweise der
Unterwasser-Signal-Vorrichtung zu beschreiben, und zu verstehen, warum man
dieses Ergebnis erwarten kann. Zwölf angstvolle Stunden in dichtem Nebel auf
einem Schiff, das derart angeschlagen war, daß es später sank, ist eine
Erfahrung, die jedes bekannte Mittel menschlichen Geistes zu dessen
Verhinderung aktivieren sollte. Dem Unterwasser-Signalwesen wurde nie die
allgemeine Aufmerksamkeit gewidmet wie der drahtlosen Telegraphie, weil es
nicht so populär war. Daß es eine absolute Notwendigkeit für jedes
Passagierschiff – ebenso jedes andere Schiff – wäre, steht außer Frage. Es
stellt eine zusätzliche Sicherheitsvorkehrung dar, auf die kein Schiff
verzichten sollte.
Es gibt viele
Gelegenheiten, bei denen die Atmosphäre als Übertragungsmedium für Meldungen
kläglich versagt. Auch wenn sich Nebel ausbreitet, was manchmal nur Augenblicke
beansprucht, fahren Hunderte von Schiffen auf Routen in unserem Küstenbereich.
Sie laufen auf Strecken, die bei klarem Wetter leicht, aber bei Nebel schwer zu
finden sind. Hunderte von Leuchttürmen und Feuerschiffen, die ein Vermögen
gekostet haben, helfen ihnen nicht als Warnbaken, denn sie sind dann für den
praktischen Gebrauch der Navigierenden nutzlos, so als wären sie nie gebaut
worden. Sie sind nun genauso hilflos, als wären sie zurückgeworfen in die Zeit
vor 1514, als dem Trinity House [erste engl. Schiffahrtsbehörde in London] von
Heinrich dem VIII. ein Freibrief gewährt wurde »… zur Erleichterung… der
Schiffahrt in diesem Königreich von England…« und begann, ein System von
Leuchtfeuern an den Küsten einzurichten, welche die gegenwärtige Kette von
Leuchttürmen und Feuerschiffen zum Ergebnis hat.
Auch das
Nebelhorn ist nicht viel besser: Das Auftreten von unterschiedlicher Schichtung
von Nebel und Luft und deren verschiedene Dichte, die zu Spiegelungen und
Brechungen des Geräusches führt, bewahrt die Luft davor, ein brauchbares Medium
zum Tragen des Schalls zu sein. Nun, das Unterwasser-Signalwesen hat keinen
dieser Fehler, weil das Medium Wasser nicht so verschiedene Bedingungen wie die
Luft annimmt. Seine Dichte ist fast ohne Veränderung, und der Schall breitet
sich mit einer Rate von 4 400 Fuß pro Sekunde aus, ohne Abweichung und
Reflexion [etwa 1 435 m/s in Salzwasser]. Die Apparatur besteht aus einer
Glocke, die so eingerichtet ist, daß sie entweder von einem Feuerschiff aus
pneumatisch ausgelöst wird, oder elektrisch von der Küste aus (die Glocke
selbst ist als Dreibein auf dem Meeresgrund verankert); oder automatisch von
einer schwimmenden Schall-Boje, oder von Hand von einem Schiff oder Boot. Der
Schall pflanzt sich in alle
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