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Tochter des Nordens: Historischer Roman (German Edition)

Tochter des Nordens: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Tochter des Nordens: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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Ende bringen, so stark geriet sie ins Stammeln. Die wenigen Wortbrocken genügten Adarik jedoch, um sie zu verstehen.
    »Wenn Rollo wüsste, was ich hier tue, so wäre er gewiss zutiefst erzürnt«, erwiderte er. »Aber ich denke, doch mehr über dich und deine Mutter als über mich.«
    Er hob die Hand und strich ihr das Haar zurück, das der Wind ihr ins Gesicht peitschte - ähnlich wie Thure über ihr Haar gestreichelt hatte, nur dass seine Fingerspitzen auch ihre Stirn berührten. Es traf sie wie ein Schlag, und als er die Hand zurückzog, war sie sich sicher, dass rotglühende Male ihre Haut zeichneten.
    »Also wollen wir nicht, dass Rollo es weiß, nicht wahr?«, fuhr Adarik fort. »Ja, er wäre erzürnt, und wenn Rollo erzürnt wäre, würde er deinem Vater den Frieden aufkündigen, würde er wieder Klöster überfallen und gute Franken töten. Dass ich hier bin, obwohl ich ein Franke und obendrein ein Krieger bin, würde ihn demgegenüber nicht erzürnen. Einige der vagabundierenden Banden, ähnlich dieser hier, haben nämlich die Epte überschritten, um nicht länger nur das Nordmännerland, sondern auch das Frankenreich heimzusuchen.« Er hob erneut die Hand, diesmal nicht, um ihr Gesicht zu berühren, sondern um auf die toten Männer zu deuten. »In Saint-Clair-sur-Epte wurde beschlossen, dass wir sie nicht nur zurückschlagen, sondern sie notfalls verfolgen dürfen, und das über die Grenze hinweg.«
    Er trat zurück, und ihr blondes Haar flatterte nun ungezähmt im Wind. Erstmals verstand sie, warum Runa ihre Haare so kurz geschnitten trug. Wenn ihre nicht so blond und lang wären, hätte Adarik sie vielleicht nicht so schnell erkannt.
    »Es hat also seine Richtigkeit, dass wir hier sind«, sprach Adarik. »Nicht richtig hingegen ist, dass du noch lebst.«
    Er war noch einen weiteren Schritt zurückgetreten, um genügend Platz zu finden und sein Schwert ziehen zu können. Er tat es zum ersten Mal an diesem Abend, denn er hatte nicht wie die anderen gegen Thures ... Taurins Männer gekämpft. Im fahlen Mondlicht glitzerte das Metall silbern. Noch war es nicht blutbefleckt.
    »Nein ... bitte ...«, stammelte Gisla.
    Stolz war zu teuer, wenn man um sein Leben flehte. Sie legte diesen Stolz ab und legte sich vor ihm nieder, kaum dass die Männer, die sie eben noch festgehalten hatten, losließen, um nicht selbst vom Schwert getroffen zu werden. Sie begnügte sich nicht damit, auf die Knie zu fallen, sondern presste ihren Körper auf den Boden, hob nur den Kopf, um zu sehen, ob seine Miene hart blieb. Aus den Augenwinkeln nahm sie wahr, dass Runa nicht weit von ihr mit zwei Männern rang. Sie war nicht erbärmlich feige wie sie, sondern gewillt, sich bis zum Schluss zu wehren, ganz gleich ob es sinnlos schien oder nicht.
    »Nein ... bitte ... ich bin des Königs Tochter«, flehte sie.
    »Ein Bastard bist du.«
    »Und dennoch seines Blutes!«
    Adarik runzelte die Stirn, die erste menschliche Regung, wie ihr schien. »Teurer als du ihm bist, ist meinem Vetter Hagano der Frieden mit den Nordmännern. Der wiederum ist brüchig genug, auch wenn niemand je von deiner Täuschung erfährt.«
    »Ich könnte in einem Kloster ...«
    »Auch von dort werden Gerüchte in die Welt getragen.«
    Er hob sein Schwert. In der Ferne erklang ein Stöhnen - ihr eigenes oder Runas oder vielleicht das von Thure, weil er oder der Dämon, der in ihm hauste, noch lebte?
    Das schwarze Tuch der Nacht wurde nicht nur vom Mond, sondern auch von unzähligen Sternen verdrängt, und in ihrem silbrigen Licht blitzte das Schwert Adariks erneut auf, nunmehr dicht über ihrem Kopf. Gisla dachte, dass es ein rascher und darum schöner Tod wäre, unter seiner Klinge zu fallen. Nur fühlen tat sie etwas anderes: Angst vor dem Ende, Angst vor dem Nichts, Angst davor, nicht mehr zu leben, und sei es hungrig und frierend wie in den letzten Tagen.
    »Nein, tu es nicht!«, rief sie gellend.
    Er ließ sein Schwert sinken, gelangweilt, wie es ihr schien, seiner Taten überdrüssig. »Ich bin vierzig Jahre alt. Denkst du, in mir gäbe es noch so etwas wie Mitleid?«, fragte er.
    »Mitleid nicht - nur Verstand«, erklärte sie hastig. »Und diesen Verstand solltest du gebrauchen. Ich bin eines Königs Tochter. Ob Bastard oder nicht - in meinen Adern fließt sein Blut. Du weißt doch, was das bedeutet?« Sie sprach zitternd, aber schnell, und er zögerte, das Schwert erneut zu heben. »Der König ist mit dem heiligen Öl des Remigius gesalbt worden«, fuhr sie

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