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Tochter des Windes - Roman

Tochter des Windes - Roman

Titel: Tochter des Windes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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lächelte süß, mit geschlossenen Lippen, sie war zufrieden. Wir unterschrieben beide, Frau Dr. Irgendwas beglaubigte das Dokument, und wir verließen als glücklich Geschiedene die heiligen Hallen. Da wir nicht allzu viel seelisches Porzellan zerschlagen hatten, konnten wir uns ohne Hintergedanken gegenseitig alles Gute wünschen. Ein letztes Mal hauchte mir Tanja ein Küsschen auf die Wange, doch, doch, versprochen, wir würden uns nicht aus den Augen verlieren, und Seine Wichtigkeit schüttelte mir kräftig die Hand. Ein Mercedes brachte sie in ihr neues Leben, und ich nahm die U-Bahn. Zu Hause steckte ich eine Pizza Margherita in den Mikrowellenherd und schickte eine kurze Mail nach Japan.
    Â»Ich bin frei. Und wie steht es mit dir?«
    Die Antwort kam acht Stunden später. Zeitverschiebung.
    Â»Gr8! Ich werde es am nächsten Mittwoch sein.«
    Ich fand heraus, dass »gr8« nicht ein zustimmender Grunzton war, sondern ganz einfach great bedeutete. Immerhin hatte ich mich schlaugemacht, und als ich in der Nacht von
Mittwoch auf Donnerstag eine Nachricht von Mia vorfand, dass auch sie alles überstanden hatte, schickte ich ihr eine Glückwunschmail und setzte ein verschämtes »ly« hinzu, was so viel wie love you hieß.
    Mias Antwort, drei höchst sibyllinische Akronyme, kam pünktlich acht Stunden später.
    Â»Gn8, cul8r, asap.«
    Nicht ohne Kopfschmerzen übersetzte ich das, was sie da schrieb. »Wunderbar, ich sehe dich so bald wie möglich.« Und mit dem Gedanken, dass diese Frau mich noch verrückt machen würde, bestellte ich, asap, mein Flugticket nach Tokio.

11. Kapitel
    I ch bestieg das Flugzeug nach Tokio-Narita ohne irgendeine vorgefasste Meinung. Von meiner jüngsten Vergangenheit hatte ich mich mühelos getrennt. Auch Mutter hatte sich in ihrer leicht belustigten Art von mir verabschiedet. Sie freute sich, dass ich meine Entdeckungsfreude endlich auslebte. »Besser spät als nie!«, meinte sie. Sie fragte auch nicht, wie lange ich zu bleiben gedachte. Am Ende war ich fast beleidigt.
    Â»Sag mal, wirst du mich eigentlich überhaupt nicht vermissen?«
    Sie schüttelte freundlich ihren grauen Wuschelkopf.
    Â»Wieso? Seit zweiundvierzig Jahren habe ich dich am Rockzipfel. Du hast immer perfekt gemacht, was du eigentlich nicht hättest machen sollen. Jetzt mach mal das, wozu du Lust hast!«
    Ich kaute eine Weile an dem Satz herum, bis ich ihn als mütterlichen Segen verstand.
    Und jetzt saß ich in einer Maschine der Lufthansa, ungemütlich in die Touristenklasse eingepfercht, und wusste nicht, was mich in Japan erwartete. Mia hatte mir erklärt, dass ich vom Flughafen aus mit dem Zug, der jede halbe Stunde ging, bis zum Hauptbahnhof von Tokio fahren konnte. Dort würde sie mich abholen. Kein Umsteigen, alles war ganz einfach. Und wenn ich den Zug verpasste? Kein Problem, dann würde sie da bleiben, wo sie war, und auf den nächsten warten. Irgendwann würde ich ja mal eintreffen.

    Mein Gepäck bestand aus einem großen Koffer, in den ich meine Bücher gepackt hatte. Ein bildungsgeladener Koffer auf Rädern. Die Bücher waren eine Art Verlängerung meiner Person, ohne Bücher konnte ich nicht leben. Aber musste es denn gleich eine solche Menge sein? Dafür hatte ich kaum Kleider eingepackt, konnte ich doch an Ort und Stelle alles kaufen, was mir fehlte. Shopping-Paradies Tokio, zum Glück ohne Tanja. Und so fuhr ich nach Japan mit zerfledderten Büchern, harter schwarzer Schokolade für Mia und weicher Milchschokolade für die Tante, von der ich nicht wusste, ob sie überhaupt noch Zähne hatte (besser also keine Nüsse), und  – was mich betraf  – sehr unklaren Erwartungen.
    Das anfänglich freudige Gefühl verwandelte sich im Laufe der Stunden und unter dem Einfluss der Müdigkeit in eine Art permanentes Beduseltsein. Das Summen der Triebwerke machte mich schläfrig, ich kam mir vor wie in einem surrealen Traum und entwickelte allmählich eine fixe Idee bis zur Besessenheit: mich in meinem Bett langzulegen und die Beine auszustrecken.
    Landung in Tokio, lokale Uhrzeit halb neun. Das Morgenlicht schien grell und kalkig. Ich hatte immer noch diesen Druck in den Ohren, hinter den Augen. Die Leute, die mit mir die Maschine verließen, sahen alle gleich aus: wie Zombies. Ich begriff kaum, in welcher Sprache sie redeten, sie tauschten ohnehin

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