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Tochter des Windes - Roman

Tochter des Windes - Roman

Titel: Tochter des Windes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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ich in meiner Kindheit gekannt und wieder vergessen hatte. Und später in der Nacht, zwischen Schlaf und Wachen, sah ich Mias helles Gesicht in der Dunkelheit, von schwarzem Haar umgeben. Ihre Worte kamen von weither, als hörte ich sie im Traum.
    Â»Du kannst ganz beruhigt sein. Die Geister mögen dich.«
    Ihre warme Hüfte war eng an meine gepresst. Ich streichelte sie in traumhaft gelöster Zärtlichkeit.

    Â»Mmm … Wie kommst du darauf?«
    Sie lachte leise an meiner Schulter.
    Â»Oh, sie hätten dir längst zu verstehen gegeben, dass du hier unerwünscht bist, wenn es so gewesen wäre.«
    Â»Wie?«, fragte ich.
    Â»Auf verschiedene Arten. Durch besondere Geräusche, Worte oder Berührungen, etwas, das gesehen oder gehört werden kann.«
    Offenbar liebten die Geister unverantwortliches Verhalten. Es sah so aus, als ob meine Verrücktheiten ihnen gut gefielen.
    Â»Ich habe nichts gesehen, nichts gehört.«
    Â»Nein.«
    Ich umfasste sie mit beiden Armen.
    Â»Und? Darf ich jetzt hier wohnen?«
    Â»Das darfst du. Du hast ja schon die Miete für sechs Monate im Voraus bezahlt.«
    Mit wachem Verstand hätte ich unser Gespräch als völlig unrealistisch taxiert. Aber ich war im Halbschlaf. Und wusste gleichzeitig, dass ihre Worte meine innere, unformulierte Frage beantworteten. Die Frage nämlich: Warum fühlte ich mich in diesem verrückten Haus so verdammt wohl? Alles mündete in einem zentralen Punkt in meinem Kopf, verloren zwischen tausend anderen Punkten. Im Inneren gab es dort einen Kern, den Mittelpunkt eines unbekannten Universums, dessen Anfang und Ende ich nicht kannte. Und trotzdem war ich glücklich. Sehr glücklich.
    Â»Da kann ich ja ruhig schlafen«, sagte ich.
    Mit diesen Worten zog ich entspannt die Beine an, drückte meine Knie eng in Mias gelockerte Kniekehlen und schlief sofort ein.

18. Kapitel
    M ia hatte eine Sitzung im Büro und verließ mich gleich nach dem Frühstück. Ich breitete die Bettmatratzen zum Auslüften aus und brachte die Küche in Ordnung. Und beschloss gleichzeitig, Japanisch zu lernen. Dass es dringend wurde, merkte ich, als ich den Kopf aus der Schiebetür steckte (Mia hatte einen kleinen Klebstreifen angebracht, damit ich wusste, wo ich sie zu öffnen hatte) und ich im Abstand von etwa drei Metern die komplette Nachbarsfamilie erblickte. Alle standen in Reih und Glied, Vater, Mutter und drei Kinder in Schuluniform, und verneigten sich im Takt. Sie hatten gemerkt, dass sie einen neuen Nachbarn hatten, und wollten ihn offenbar willkommen heißen.
    Ich erwiderte die Verneigungen, grinste einfältig dabei, weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Eine Weile ging das so hin und her, bis die Kinder kicherten und die Mutter mit präzisen Gesten alle vorstellte. Aha. Ich hatte es also mit der Familie Yoshimura zu tun. Ich stellte mich ebenfalls vor:
    Â»Rainer Stockborn.«
    Â»Oooh! Lainer Steckboln!«, riefen meine Nachbarn unisono. Worauf Herr Yoshimura mir die Hand schüttelte und in sonorem Englisch » Glad to meet you !« ausrief.
    Und das war alles. Wir standen uns eine Zeit lang hilflos grinsend gegenüber, bis die Yoshimuras Abschied nahmen, indem sie die Arme im Takt von einer Seite auf die andere bewegten und ich es ihnen gleichtat. Dann traten sie, immer
noch winkend zurück, und ich wischte mir den Schweiß von der Stirn. Wer in dieses Land kam, war selber schuld. Ich musste unbedingt Japanisch lernen. Bald nämlich hörte ich eine freundliche Mädchenstimme, die vor der Schiebetür ein paar Worte rief, die ich später als »Verzeihung, darf ich stören?« identifizierte. Durch das Moskitogitter sah ich das älteste der Yoshimura Girls: Makiko, die mir schüchtern einen Teller mit zwei reifen Pfirsichen überreichte. Ich dankte gerührt. Und da ich keine Ahnung hatte, was von mir jetzt erwartet wurde, ging ich in die Küche, holte einige von meinen mitgebrachten Aachener Printen und legte sie als Gegengabe auf den Teller, was die rotwangige Makiko in Entzücken versetzte. Sie verneigte sich hektisch, bevor sie mit wippendem Matrosenkragen zurück in ihr Haus stürmte.
    Als Mia später anrief, erzählte ich ihr die kleine Begebenheit.
    Â»Das hast du richtig gemacht«, sagte sie. »Bei uns gibt man einen Teller niemals leer zurück. Aber hast du ihn vorher auch abgespült?«
    In Japan lag der

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