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Tod am Chiemsee (German Edition)

Tod am Chiemsee (German Edition)

Titel: Tod am Chiemsee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina May
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an der Bootswand hatte
sie gar nicht geschaut. Gerlinde.
    Althea kannte Gerlinde Dissler vom Sehen und nicht sonderlich gut.
Und wohingegen sie Gregors Kunstwerke immer schon gemocht hatte, hatten ihr
Gerlindes Bilder nie auch nur das Geringste gesagt. Da kam einfach nichts,
keine Empfindung. So als würde man gar nichts sehen. Und man sah auch nicht
viel, alles war verschwommen und nur vage angedeutet. Althea mochte konkrete
Dinge, die ein Gesicht hatten. Aber jetzt hatten einige der konkreten Dinge ein
Gesicht bekommen, in das sie lieber nicht gesehen hätte.
    Bei der Wasserwacht war in der vergangenen Nacht ein Notruf
eingegangen; zwei führerlose Boote, die auf dem Chiemsee trieben, und in einem
davon Kleidung, was darauf schließen ließ, dass sich möglicherweise jemand in
Not befand.
    Und weil das noch nicht genügte, hatte ausgerechnet an diesem Tag
ein Journalist den Einsatz der Wasserwacht begleitet – ein unschöner Zufall.
    Stefan hatte noch versucht, sich schützend vor Althea zu stellen.
»Ein wahrer Ritter, aber ich bin ja selbst schuld«, sagte sie mit einem Blick
zum Kreuz über ihrem Bett.
    Die Visionen der alten Kath und alles, was danach kam … Althea hatte
etwas geahnt, aber es war das Falsche gewesen. Denn es war nicht der Fischer,
sondern Gerlinde Dissler.
    Wo war Martin Sattler? Hoffentlich nicht auch am Grund des Sees.
Kath würde es womöglich wissen. Und Stefan musste es herausfinden.
    Noch in der Nacht hatte Althea an die Tür der Priorin geklopft,
nachdem sie sich abgetrocknet und ihr Nachthemd übergezogen hatte. In
Spitzenunterwäsche konnte sie schlecht vor Jadwiga treten. Obwohl diese in
Kürze ohnehin Bescheid wissen würde.
    Sie berichtete ihr von dem Tauchgang und was sie Grausiges entdeckt
hatte.
    Jadwiga hatte ihre müden Augen auf Althea gerichtet und gemurrt: »Du
hast doch den Fahrtenschwimmer, da muss so was schon gehen.«
    Oh!, hatte sich Althea gedacht. Gesagt hatte sie: »Schwimmen ja,
nicht tauchen – das bedeutet nämlich, man muss die Luft anhalten.«
    »Dann hältst du jetzt die Luft an und gehst in dein Bett. Wir sind
beide müde. – Morgen, gleich nach dem Frühstück, erwarte ich dich und unseren
Kommissar im improvisierten Büro. Zur Inquisition. – Schlaf gut, Schwester
Althea.«
    Gut hatte sie nicht geschlafen, aber wie ein Stein. Falls Steine
schliefen.
    Nach dem Frühstück, das war jetzt, und Althea klopfte an Stefans
Tür. Er war angezogen und strahlte eine Frische aus, die sie nicht empfand.
»Einen guten, frühen Morgen, Tante Marian.«
    Und bevor Althea etwas sagen konnte, deutete Stefan auf einen
Zettel. »Wir wurden einbestellt. Ist ein bisschen wie zu Schulzeiten – ins Büro
der Direktorin, nur dass wir einen Direktor hatten.«
    »Gestern Nacht hat sie es Inquisition genannt«, sagte Althea. »Aber
sie wollte lieber schlafen, damit ist das Überraschungsmoment auf unserer
Seite.«
    »Inquisition klingt strafend. Was, denkst du, wird Schwester
Bärtchen dir tun? Was kann sie dir tun?«
    Althea zog ein Gesicht. »Schwester Bärtchen kann mich ans andere
Ende der Welt schicken – womöglich in eine Missionsstation am Rande der Wüste.«
    »Gott bewahre!« Stefan lachte. »Dort missionierst du dann Rennmäuse
und Wanderdünen.«
    »Das nehme ich auf mich, aber nicht, bevor ich nicht Gewissheit
habe, was vor langer Zeit geschehen ist und warum zwei junge Menschen sterben
mussten.«
    Das gefiel Stefan nicht, der offenbar Widerstand erwartet hatte.
»Wenn es die Wüste sein sollte, dann kündigst du hier und kommst mit mir nach
München. – Gute Privatdetektivinnen sind gesucht.«
    »Ich bin verheiratet, und uns scheidet nur der Tod«, gab Althea
zurück, und über ihr Gesicht huschte ein Lächeln. »Glücklich verheiratet.« Es
war die Wahrheit.
    »Wenn ich das meiner Mutter erzähle, dann … ach, sie begreift es
sowieso nicht mehr. Aber zuvor hätte sie es auch nicht begriffen.« Stefan
umarmte Althea und küsste sie auf die Wange.
    »Wie ist es wohl abgelaufen dort auf dem Wasser? – Die Moderatoren
der Morgensendung wussten natürlich schon davon, haben sich ausnahmsweise aber
bedeckt gehalten. Zumindest mehr als sonst.« Althea musste an den Traum denken,
in dem sie das Boot gesehen hatte. Gerlinde Dissler konnte höchstens einen Tag
und eine halbe Nacht dort unten gelegen haben.
    »Auf den ersten Blick ein Selbstmord«, sagte Stefan. »Der halb
abgerissene Außenbordmotor – du kannst es dir so vorstellen: Gerlinde Dissler
hat sich diese

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