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Tod am Laacher See

Tod am Laacher See

Titel: Tod am Laacher See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Juergen Sittig
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an
die Stelle angenähert und sah sich unschlüssig um. Inzwischen waren auch andere
Menschen aus ihren Wohnwagen und Zelten gekommen. Die meisten standen in
respektvollem Abstand um den lichterloh brennenden Wohnwagen. Erleichtert
registrierte Scherer, dass der Abstand zu seinem Wohnmobil wohl ausreichend
groß war, dass die Flammen es nicht gefährden konnten. Die Funken flogen
jedenfalls in eine andere Richtung.
    In diesem Augenblick, es war ein Uhr sechs, setzte die von Koblenz
aus in Betrieb gesetzte Sirenenwarnanlage des Ortes ein, nachdem kurz zuvor
über die 112 ein Anruf bei der dortigen Feuerwehrleitstelle eingegangen
war.
    Scherer hatte sich nur eine Sekunde lang abgewandt. Als er sich nun
aber wieder in Richtung Fluss drehte, hatte sich das Bild gewandelt, und er
erschrak bis ins Mark. Eine dunkle Gestalt stand in der Mosel und beugte sich
über das im Wasser liegende Flammenopfer. Als sie ihn bemerkte, tauchte sie
blitzschnell unter und war verschwunden. Scherer überwand endlich die Starre,
die ihn befallen hatte, und ging weiter auf den Körper im Wasser zu. Als er ihn
an den Schultern aus dem Wasser hob, fiel der flackernde Lichtschein des
brennenden Wohnwagens auf das Gesicht des Mannes und beleuchtete schwach dessen
entstellte Züge. Noch nie hatte Scherer etwas so Furchtbares gesehen. Von
Mitleid und Abscheu zugleich überwältigt, wandte er den Kopf in eine andere
Richtung und zog den leblosen Körper ans Ufer.
    ***
    Mit dem Einsetzen der Sirene hatte die Feuerwehr ihre
Löschfahrzeuge entsandt und Meldung bei der zuständigen Polizeiinspektion im
elf Kilometer moselaufwärts gelegenen Cochem gemacht. Der dort wachhabende
Polizist hatte umgehend einen Wagen mit zwei Kollegen nach Treis-Karden
geschickt und zugleich den Präsenzdienst des Koblenzer Polizeipräsidiums
benachrichtigt. Damit waren alle bei Vorfällen dieser Art vorgeschriebenen
polizeilichen Maßnahmen in Gang gesetzt. Vom Leiter des Mayener Kommissariates 1,
das im Großraum Mayen für Todesermittlungen, Brände und Vermisste zuständig
war, hatten darüber hinaus alle Dienststellen die Anweisung, in solchen Fällen
auch ihn unmittelbar zu informieren. Dieser Anruf erreichte Hauptkommissar
Wärmland um ein Uhr neun.
    Wärmland hatte nur etwas mehr als eine Stunde geschlafen und wirres
Zeug geträumt. Von seinem Bruder, der an der schwedischen Landesgrenze stand –
die in diesem Traum seltsamerweise im Industriegebiet von Mayen lag – und
»Ulli, hol Ulli her!« zu Wärmland rüberschrie. Doch schon knapp zehn Minuten
nachdem man ihn benachrichtigt hatte, saß er in seinem alten Land Rover und
fuhr stadtauswärts. Er nahm die A 48 in Richtung Trier. Seine Gedanken kreisten
um die wenigen ersten Informationen, die er erhalten hatte: ein Wohnwagenbrand
und ein brennender Mann. Was war da geschehen? Ein klassischer Unfall,
ausgelöst durch die Gasflamme eines Campingherdes? Oder ein Urlauber, der mit
einer brennenden Zigarette in der Hand eingeschlafen war? Er beschloss, sich
das Spekulieren zu schenken. In einer knappen Viertelstunde würde er den Ort
des Geschehens persönlich in Augenschein nehmen. Falls die Feuerwehr oder die
Kollegen vom Präsenzdienst bis dahin keine eindeutigen Hinweise gefunden
hatten, konnte er immer noch spekulieren.
    Nach sechs Kilometern verließ Wärmland die Autobahn über die Abfahrt
Kaifenheim und folgte der Beschilderung bis Karden. Dort wurde die Landstraße 108
zur Kernstraße, die in die große Bundesstraße 416 entlang der Mosel
mündete. Jetzt war es nur noch ein kurzes Stück bis zur Brücke, die ihn in den
am südöstlichen Moselufer gelegenen Ortsteil Treis führen würde. Schon von
Weitem sah er die flackernden Lichter der Feuerwehrfahrzeuge auf der großen
Moselinsel, wo sich der idyllisch gelegene Campingplatz befand. Sie leiteten
Wärmland über die Nebenstraße »Am Kalkofen« zum Jachthafen und von dort über
eine kleine Brücke auf die Campinginsel. Bei den Einsatzfahrzeugen stand auch
der Streifenwagen der Beamten aus Cochem. Dass die Kollegen vom Koblenzer Präsenzdienst
nicht dort waren, wunderte Wärmland nicht. Sie hatten mit fünfzig Kilometern
Fahrstrecke eine doppelt so lange Anfahrt wie er aus Mayen.
    Wärmland ging zu den beiden Kollegen aus Cochem und fragte sie nach
ihren ersten Erkenntnissen. Er schickte einen der beiden Männer zur Brücke, um
eine Personenkontrolle durchzuführen. Sowohl bei denen, die die Insel betreten,
als auch bei denen, die sie verlassen wollten.

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