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Tod am Laacher See

Tod am Laacher See

Titel: Tod am Laacher See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Juergen Sittig
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beiden stabilen Metallboote neben dem Steg sitzenden Kameraden
Jensen. »Nur so für alle Fälle. Ich hab nur noch zwei.«
    Der öffnete eine Plastikbox mit allerlei Angelutensilien und reichte
Wassmuth eine kleine Tüte.
    »Da sind noch zwei Stück drin. Jetzt schuldest du mir schon sechs
Stahlvorfächer und zwei große Schwimmer. Dabei hast du die größte Pension von
uns allen. Warum also gebe ich eigentlich immer dir was?« Der Tonfall ließ erahnen, dass »die Beschwerde«
nicht ganz so ernst gemeint war. Aber Wassmuth ließ sich den Ball gerne
zuspielen.
    »Weil du ohne mich aus deinem dörflichen Dornröschenschlaf gar nicht
mehr rauskämest in die Welt, mein lieber Lars. Du würdest einmal im Monat bei
euch am Strand tote Quallen zählen und das als Höhepunkt deines tristen Lebens
empfinden. Es ist also nur ein kleiner Obolus dafür, dass du so ein erfülltes
Anglerleben hast.«
    »Moment mal«, mischte sich Holger Brück, der Dritte im Bunde, ein.
»Wenn ich mich recht erinnere, habe ich diese
Angeltouren in Gang gebracht. Eberhard nimmt es mal wieder nicht so genau mit
der Wahrheit. Aber was will man auch von einem erwarten, der, wenn er mit den
Hechten kein Glück hat, einem armen Karpfen mit dem Ruder den Kopp platt haut,
ihm sein Gebiss einsetzt und ihn als Hecht verkauft.«
    Jensen lachte.
    »Psst, nicht so laut«, ermahnte ihn Brück, der aber selbst über
seinen Witz lachen musste. »Die pennen doch noch alle hier.«
    »Genau«, pflichtete ihm Wassmuth bei. »Muss ja nicht jeder hören,
wie ein lieber alter Kamerad von euch fertiggemacht wird.«
    »Gut, dass es noch nicht so hell ist und ich dein beleidigtes
Dorschgesicht nicht deutlich sehen kann«, gab Brück grinsend zurück.
    Jensen griff nach den Rudern. »Also ihr könnt ja hier weiter eure
Zuneigung füreinander ausloten. Ich jedenfalls will jetzt raus auf den See.«
    »Du wirst doch wohl nicht ohne einen erfahrenen Seemann auslaufen.
Eine Landratte wie du würde sich auf der Pfütze doch nur verfahren«, erwiderte
Brück und stieg zu Jensen ins Boot.
    »Erspar mir die Nummer mit dem erfahrenen Seemann«, spottete der.
»Nur weil du im Fernsehen häufiger die Wiederholungen von ›Flipper‹ geguckt
hast als ich.« Er stieß das Boot vom Steg ab und tauchte dann beide Ruder ins
Wasser, um langsam Fahrt aufzunehmen.
    »Und dass ihr mir schön Abstand haltet, damit ich mit den großen
Hechten ungestört bin«, rief ihnen Wassmuth nach, der nun auch in sein Boot
stieg.
    Sie ruderten zunächst in Richtung Ostufer. Dort wollte Wassmuth von
seinem Boot aus direkt unter Land mit einem Fischimitat wie Blinker oder
Wobbler die Schilfgürtel »abgrasen«. Auch das war verboten. Nach den
Bestimmungen der hiesigen Fischerei musste ein Mindestabstand von achtzig
Metern eingehalten werden. Aber Wassmuth wollte sich dadurch nicht davon abhalten
lassen. Hechte waren gefräßige Raubfische, die sich mit ihrem unstillbaren
Appetit auch auf gute Fischimitationen stürzten. Jensen und Brück würden
derweil etwas weiter draußen im Tiefwasser ihr Glück versuchen und die
Köderfische auslegen.
    Mit langsamen Ruderschlägen bewegten sich die beiden Boote leise in
Richtung Südost.
    Das Morgenlicht hatte sich verändert. Das schwächer werdende Blau
wich im Osten zunehmend einem zarten Rosa. Ein paar wenige Wolken am Himmel
nahmen den Farbton auf und intensivierten ihn nach und nach bis zu einem
kräftigen Rot. Innerhalb von Minuten war der Himmel eine Palette aus gelben,
rosafarbenen, roten, blauen und violetten Farbtönen. Die glatte Oberfläche des
Sees spiegelte alles in einer fast unerträglichen Intensität.
    »Wahnsinn«, meinte Jensen, nachdem er einen Blick über seine
Schulter geworfen hatte. »So was Schönes hab ich noch nie gesehen. Das ist ja
eine unglaubliche Spiegelung. Bei uns an der Küste geht das gar nicht, da ist
doch immer Wellengang. Und ich hab keine Kamera dabei. So ’n Schiet!«
    »Einfach gucken und genießen«, meinte Brück und starrte unverwandt
hinaus aufs Wasser. »So was vergisst man doch nicht. Ich jedenfalls nicht.«
    »Von so was Einmaligem hätte ich aber schon gern ein Foto. Das ist
doch ein Naturwunder, das es nur ganz selten mal gibt«, klagte Jensen weiter.
    »Also ich komm auch so klar«, meinte Brück. »Aber damit du mir nicht
den ganzen Morgen das Boot vollheulst, hab ich das hier dabei.« Er zog eine
kleine Kamera aus der linken Brusttasche und machte eine Aufnahme von seinem Kumpel
vor dem phantastischen Farbenspiel.

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