Tod am Laacher See
der«, antwortete sie und wandte sich um, um in die Küche zu
gehen. »Das ist doch der, den sie dir immer noch dazugeben. Als ob du deine
Fälle nicht allein lösen könntest.«
Wärmland seufzte. Das unvermeidbare Thema. Immer wieder machte seine
Mutter diese Anspielungen, obwohl er ihr wiederholt erklärt hatte, warum es zu
dieser Zusammenarbeit kommen musste.
»Mutter, ich hab es dir schon so oft gesagt: Ich bin zuständig für
Todesermittlungen im Einzugsgebiet Mayen, und nur dort. Dass die mich in
Mordfällen mit Sven gleichberechtigt zusammenarbeiten lassen, ist eine reine
Vorzugsbehandlung mir gegenüber. Er ist der eigentlich allein zuständige Beamte
von uns beiden. Also geht es nicht darum, Trobisch wegzulassen. Wenn, dann wäre
ich derjenige, der draußen wäre, weil mein Dienstposten im Normalfall nichts
mit Mordermittlung zu tun hat. Bitte behalt das endlich mal und fang nicht
immer wieder von vorn an.«
»Dann sollten sie dich nach Koblenz holen«, fuhr Wärmlands Mutter
ungerührt fort. »Hier wärst du am richtigen Platz. Und näher bei mir
obendrein.«
Wärmland fing an, seinen Besuch zu bereuen. Das hatte ihm noch gefehlt:
als leitender Mordermittler des Koblenzer Polizeipräsidiums abends am Tisch
seiner Mutter zu sitzen, um mit ihr über verstorbene Nachbarn, Eintopfrezepte
und die besseren alten Zeiten zu philosophieren.
»Du könntest das Zimmer haben, in dem deine Schwester zuletzt
gewohnt hat. Da würdest du eine Menge Geld sparen. Und ich wäre nicht mehr
darauf angewiesen, dass mir fremde Menschen bei den Einkäufen helfen.«
»Diese fremden Menschen sind alle sehr lieb zu dir und machen das
gern. Jedenfalls hast du es erst kürzlich so beschrieben. Und an deinem letzten
Geburtstag hattest du achtundvierzig Anrufe. Hast du jedenfalls gesagt. Du bist
offensichtlich sehr beliebt, da würden dir wahrscheinlich noch viel mehr
Menschen zur Hand gehen. Aber das ist sowieso eine völlig unsinnige Vision mit
mir als Koblenzer Beamten, weil ich nun mal auf eine freie Stelle in Mayen
gekommen bin. Koblenz steht überhaupt nicht zur Debatte. Auch das habe ich dir
schon mehrmals gesagt. Also hör bitte endlich damit auf, mich jede Woche einmal
hierher zu versetzen.«
»Als ob du jede Woche vorbeikommen würdest.« Sie machte ein
beleidigtes Gesicht. Und Wärmland war nun auch noch der Appetit auf das Eis,
das seine Mutter immer im Gefrierschrank für ihn bereithielt, vergangen.
»Ich wollte kurz vorbeischauen, um zu sehen, wie es dir so geht.
Anscheinend ganz gut. Auch wenn du mit der Arbeit des Koblenzer
Polizeipräsidenten nicht ganz zufrieden bist. Aber das sollten wir besser für
uns behalten. Sonst denkt nachher noch jemand, dass du alt wirst und die
Zusammenhänge nicht mehr richtig verstehst.«
»Ich gehe immerhin auf die achtzig zu. Da sollte man tatsächlich
sehr verständnisvoll und behutsam mit mir umgehen. Wer weiß, wie lange ich es
noch mache.«
»Tante Cholera ist zehn Jahre älter als du. Wir erwarten, dass du an
ihr dranbleibst. Weniger ist inakzeptabel.«
»Du weißt genau, dass ich es nicht mag, wenn du deine Tante
Charlotta so nennst«, rügte sie ihn. Doch ihr Groll war schnell verflogen, und
sie schmunzelte. »Ich schwärme meinen Freundinnen immer vor, was für liebe
Kinder ich habe. Deine Schwester ruft jeden Abend an und sagt mir gute Nacht.«
»Sie war ja auch mal Nachtschwester. Deshalb kann sie das besser als
jeder andere Mensch auf diesem Planeten.«
»Du könnest dich auch öfter melden.«
»Du hast meine Nummern und kannst mich jederzeit erreichen, wenn
etwas sein sollte. Außerdem komme ich doch oft mit Stefan vorbei, wenn wir in
Koblenz sind. Ich finde, es klappt alles ganz gut so.«
»Ich habe leider kein Eis mehr da. Hab ich beim letzten Einkauf
vergessen. Willst du sonst etwas?«
»Schlafen, Mutter, einfach heim und etwas früher schlafen gehen. Die
letzten Tage waren etwas anstrengend.« Wärmland erhob sich. »Deshalb werde ich
jetzt lostoben. Dann hab ich die Chance, mich wirklich mal ausreichend lange
auszuruhen.«
»Du musst auf dich achten, Junge. Du siehst blass aus.«
Wahrscheinlich deshalb, weil ich deinen missratenen älteren Sohn bei
mir daheim habe, dachte Wärmland. Noch hatte er keine Idee, wie man ihr die
Rückkehr des verlorenen Sohnes am besten vermitteln konnte. Er würde mit seiner
Schwester darüber reden müssen und mit Jörg selbst. Wärmland fragte sich, wie
ihre Mutter dann wohl reagieren würde. Zwischen Empörung und
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