Tod an der Förde
Sie einen Moment.«
Da Silva machte sich über die Kamera her, die bisher
unbeachtet auf dem Tisch gelegen hatte. Dann zeigte er Lüder das Display auf
der Rückseite. Zuerst waren die Bilder zu sehen, die da Silva beim
Zusammentreffen mit Urquía aufgenommen hatte. Dann tauchten Bilder auf, die wie
fotografierte Aktenseiten aussahen. Auf dem kleinen Display der Kamera war aber
nichts zu erkennen.
»Was ist das?«, fragte Lüder.
»Das sind interessante Dokumente aus dem Besitz von
Jürgen Forstheim. Der Mann hat sich finanziell übernommen. Haus, Auto und
Lebenswandel sind eine Nummer zu groß für sein Einkommen. Nun drückt es an
allen Enden. Die Kreditkarte ist gesperrt, die Hypothekenzinsen überfällig, und
auch sonst weiß der Mann nicht mehr ein noch aus. Und das, obwohl er vor einer
Reihe von Jahren eine gar nicht so üble Erbschaft gemacht hat. Forstheims
Fehler ist sicher seine Selbstüberschätzung. Das gilt in beruflicher Hinsicht
ebenso wie in seinem Privatleben.«
»Kennen Sie Einzelheiten?«
Da Silva zeigte auf das Display.
»Forstheim hat sich in großem Umfang in argentinischen
Staatsanleihen engagiert. Die versprachen nicht nur eine hohe Rendite, sondern
er glaubte auch, schlauer als die Mehrheit der Anleger zu sein. Durch seine
Arbeit auf der Werft und das U-Boot-Projekt hat er sich nicht vorstellen
können, dass Argentinien irgendwann verkünden könnte, seine Schulden gegenüber
Privatanlegern nicht mehr zu tilgen. Über Nacht waren die Papiere wertlos. Und
sie dienten als Sicherheit für seine Verbindlichkeiten. Forstheim ist, wenn
auch mit etwas Verspätung, genauso ein Opfer der Kapitalmarkteuphorie wie viele
andere selbsternannte Cleverles.«
»Woher wollen Sie das alles wissen?«, fragte Lüder. Er
war erstaunt über das Material, das da Silva zusammengetragen hatte. Zwar hatte
Vollmers schon herausgefunden, dass es um Forstheims Finanzen nicht zum Besten
stand, aber so fundiert waren die Rechercheergebnisse der Kieler Kripo nicht.
»Ich habe meine Quellen.« Da Silva tat geheimnisvoll.
Lüder legte die Hand auf den Fotoapparat. »Ich
beschlagnahme das Material«, erklärte er.
Da Silva zuckte zusammen. »Sie haben mir versichert,
dass ich Ihnen vertrauen kann«, sagte er. »Mit einer Beschlagnahme verstoßen
Sie gegen Ihr Wort. Und wenn ich Ihnen jetzt auch noch erkläre, dass die
Unterlagen illegal beschafft worden sind, dann haben Sie ein Problem. Nicht
ich.«
»Was wollen Sie damit sagen? Illegale Beschaffung?«
Der Journalist lachte herzhaft. »Glauben Sie
ernsthaft, dass Forstheim dieses Material freiwillig herausgerückt hat? Der
bemüht sich sogar, sein Dilemma vor der eigenen Frau zu verbergen.«
»Und wie sind Sie daran gekommen?«
Da Silva spitzte die Lippen. »Ich glaube, Einzelheiten
interessieren Sie nicht. Sagen wir einmal, ich habe die Dokumente gefunden. An
einem Platz, wo sie hingehören. Vielleicht ist die Inaugenscheinnahme nicht mit
Forstheims Einverständnis erfolgt.«
»Wollen Sie sagen, dass Sie bei ihm eingebrochen
sind?«
Erneut lächelte der Chilene.
»Gibt es im deutschen Recht nicht eine Regel, nach der
man sich nicht selbst bezichtigen muss?«, fragte er.
Lüder war klar, dass sich da Silva die Informationen
auf gesetzwidrige Weise beschafft hatte. Bei Abwägung aller Interessen wollte
er aber auf die Verfolgung dieses Diebstahls verzichten. Der Fall war viel zu
groß, um mögliche Spuren durch die Ahndung eines Einbruchs zu gefährden.
»Zu guter Letzt habe ich noch etwas«, sagte der
Chilene triumphierend. Erneut hantierte er an seiner Kamera, bis er auf das
Display wies. »Auch das findet sich bei Forstheim.«
Lüder sah die Abbildung einer Walther P38.
»Dieses Spielzeug hält sich Forstheim in der
Nachttischschublade«, erklärte da Silva. Dann stand er auf. »Ich glaube, meine
Anwesenheit ist für heute nicht weiter erforderlich.«
Er griff nach seiner Kamera.
»Moment«, unterbrach ihn Lüder. »Wenn Sie mir
inoffiziell etwas anvertraut haben, können Sie mir eine Kopie Ihres
Speicherchips aus der Kamera geben.«
»Natürlich«, erwiderte da Silva und fingerte den
Datenträger aus seiner Kamera.
Während Lüder einen Beamten des Kriminaldauerdienstes
um einen Rechnerarbeitsplatz bat, erklärte da Silva nebenbei: »Sie sollten bei
allen Überlegungen auch nicht vergessen, dass von höchster Stelle ein sonderbares
Interesse an diesem Fall vorgebracht wird. Ihre Regierung würde sich kaum
einschalten, wenn es bei diesem Mord nur um
Weitere Kostenlose Bücher