Tod an der Förde
Überraschend
schnell meldete sich am anderen Ende eine sympathische Frauenstimme, die
versprach, zu Herrn Köhler durchzustellen. Anscheinend musste sie ihn erst
suchen, denn Vollmers verfolgte ungeduldig, wie der Sekundenzeiger seiner Uhr
sich rasant drehte.
Schließlich meldete sich der Botschaftsmitarbeiter aus
Kapstadt. »Ich hätte mich bestimmt gemeldet«, sagte er. »Ich muss jedoch
bedauern, Ihnen nicht weiterhelfen zu können.«
»Was soll das heißen?«, fragte Vollmers. »Heute
Vormittag hatten Sie noch gesagt, es wäre kein Problem. War das zu vollmundig?«
Der Hauptkommissar war verärgert. Sonst hätte er
Köhler nicht so harsch angefahren. Doch das schien Wirkung zu zeigen. Der
Botschaftsmitarbeiter war in seiner Ehre gekränkt.
»Solche Anfragen bedeuten für mich keine
Schwierigkeit«, gab er zurück. »Das Problem liegt vielmehr bei Ihnen. Bevor Sie
uns hier loshetzen, sollten Sie Ihre Kompetenzen intern miteinander abstimmen.
Jedenfalls hat uns Berlin untersagt, in dieser Sache tätig zu werden. Und wir
gehören nun einmal zum Auswärtigen Amt. Guten Tag.«
Damit hatte Köhler, ohne eine Antwort abzuwarten,
aufgelegt.
»Was soll das nun wieder?«, fragte Horstmann, nachdem
ihm Vollmers berichtet hatte. »Das versteht nun keiner mehr. Da werfen uns die
eigenen Leute Knüppel zwischen die Beine.«
»Ich werde jetzt Lüders anrufen«, beschloss Vollmers.
*
Nach dem Gespräch mit Timothy McBain spürte Lüder
deutlich den Hunger, der sich seiner bemächtigte. Außer dem Kaffee bei Vollmers
und einem trockenen Sandwich an einer Autobahntankstelle hatte er den ganzen
Tag noch nichts Gescheites zu sich genommen. Es war mittlerweile
Spätnachmittag.
Er ging zurück ins Hotel, folgte einem Gang, der zu
einem neuen Anbau führte und nahm im Restaurant mit Blick in den großzügigen
Park Platz.
Es waren noch ein paar vorwiegend ältere Paare mit dem
Nachmittagskaffee beschäftigt, aber die freundliche Bedienung wollte in der
Küche nachfragen, ob man etwas Handfesteres als Kuchen für Lüder zaubern
könnte.
Während Lüder sich an einer Kanne Kaffee und einem
Wasser stärkte, musterte er den Speisesaal. Weiß gedeckte Tische, emsig hin-
und herlaufendes Personal, das für den Abend eindeckte, und die müßig
miteinander schwatzenden Gäste: Dies war eine andere Welt als Kiel, in dem es
seit einigen Tagen für bestimmte Menschen lebensgefährlich war.
Neben dem Restaurant führte ein Gang in den hinteren
Teil des Anbaus, in dem sich weitere Hotelzimmer und der Wellnessbereich
befanden. Vom Speiseraum aus führten mehrere verglaste Türen zu diesem
Korridor.
Hinter einer dieser Türen tauchte ein Gesicht auf, das
er kannte. Kurz darauf sah er den Mann erneut, als dieser die nächste Glastür
passierte. Lüder war überrascht. Mit allem hatte er gerechnet, aber nicht
damit, den vermissten Dr. Pagenkämper hier anzutreffen.
Zuerst war er versucht, dem Repräsentanten des
Innenministeriums hinterherzueilen und ihn anzusprechen. Aber was hätte er ihm
sagen sollen? Und da Pagenkämper ihn offensichtlich nicht entdeckt hatte, hielt
sich Lüder zurück. Vielleicht war es gut, wenn er sich nicht zeigte, da seine
Mission ohnehin nur halboffiziell war, obwohl seine Gegner offenbar genauestens
über seine Schritte unterrichtet waren.
Die Bedienung brachte ihm das ersehnte Essen. Nachdem
er den »auf der Haut gebratenen Müritzzander, in Kalbsjus glaciert mit
Puy-Linsengemüse« und die »mit Tonkabohne und Pomeranzenschale gekochte Sahne
an Gewürzorangenscheiben« genossen hatte, fühlte er sich wohler. Das Essen war
schmackhaft, und auch das Auge hatte seine Freude an der Kochkunst des
Küchenchefs.
Nach dem Essen observierte Lüder noch eine Weile
unauffällig das Hotel Schloss Teschow, aber Dr. Pagenkämper tauchte nicht
wieder auf.
Vor seiner Rückfahrt nach Kiel suchte er noch den
weitläufigen Parkplatz ab. Tatsächlich stand dort ein dunkelblauer Mercedes der
E-Klasse mit Kieler Kennzeichen.
Auf dem Heimweg startete er zuerst eine Halteranfrage.
Der Mercedes gehörte Dr. Pagenkämper.
Lüder war kurz vor Kiel, als sich sein Telefon
meldete. Jochen Nathusius fragte, ob es Neuigkeiten gebe.
»Mir wurde berichtet, dass Sie im Osten sind«,
erzählte der Kriminaldirektor. »Oberstaatsanwalt Brechmann rief mich eben an
und beschwerte sich, dass wir an ihm vorbei Ermittlungen durchführen. Ich
vermute, er wurde durch von Glahn aufgeschreckt, nachdem Dr. Pagenkämper außen
vor ist. Aber wie
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