Tod auf der Themse
Silbergürtel
gehalten wurde. Auf dem Tisch lag eine Mütze von gleicher Farbe, an
deren Krempe eine Feder steckte. Crawley ergriff Cranstons Hand, grinste
von einem Ohr zum ändern und stieß ihm freundschaftlich vor den
Bauch.
»An Euch ist mehr dran
als früher, Sir John, was?«
»Dann hat Lady Maude
desto mehr zum Festhalten, wenn es einmal stürmisch wird.«
Die beiden Männer brüllten
vor Lachen. Crawley schüttelte Athelstan die Hand und klopfte ihm
geistesabwesend auf die Schulter. Er deutete auf zwei freie Schemel am
Tisch, und Cranston und Athelstan gesellten sich zu den Männern, die
sich dort bereits zusammendrängten. Crawley machte sie bekannt:
Philip Cabe, der Zweite Maat, Dido Coffrey, Zahlmeister, Vincent Minter,
Schiffsarzt, und Tostig Peverill, Schiffsprofoß. Ein bunter Haufen,
fand Athelstan, in ihren von der See verwaschenen Kleidern - hagere Männer
mit harten, wettergegerbten Gesichtern, kurzgeschnittenen Haaren und mit
Augen, die nicht lächelten. Voller Unbehagen saßen sie da, und
Athelstan spürte ihren Unmut darüber, daß sie so lange
aufgehalten wurden.
»Wir warten hier schon
seit Stunden«, fauchte Cabe, und sein ledriges Pferdegesicht war
voller Mißbilligung.
»Na, das tut mir aber
leid, verflucht!« rief Cranston. »Aber ich war verdammt beschäftigt!«
»Nun, nun.«
Crawley klatschte in die Hände wie ein Kind. »Sir John, einen
Schluck Rotwein«
Sir John sagte natürlich
bereitwilligst ja.
»Pater?«
Athelstan schüttelte lächelnd
den Kopf. Er öflnete seine Schreibtasche und legte Tintenhorn, Feder
und Pergament vor sich auf den Tisch. Dann sah er sich in der niedrigen,
engen Kajüte um und erblickte die Koje in einer Ecke. Ihm war
ziemlich schwindlig, zumal wenn das Schiff sich bewegte und knarrte, als
wolle die ganze Welt sich drehen.
Als Cranston seinen Becher
geleert und Crawley ihn ebenso schnell wieder gefüllt hatte, beugte
des Königs Admiral der Östlichen Meere sich vor und rülpste.
»Wie viele Jahre, Sir
John?«
»Sechzehn. Sechzehn
Jahre ist es her, daß wir die Franzosen vom Meer vertrieben haben,
und jetzt sind die Mistkerle wieder da.«
Athelstan stieß Sir
John an, um ihn daran zu erinnern, daß es hier ums Geschäft
ging, nicht um ein Wetttrinken unter alten Freunden. Cranston hustete.
»Master Cabe«,
begann er, »Ihr seid jetzt der leitende Offizier an Bord dieses unglücklichen
Schiffes. Wenn ich recht verstehe, wurde Kapitän Roffel krank und
starb, bevor das Schiff auf der Themse vor Anker ging?«
»Ja. Am 14. Oktober
klagte der Kapitän über Bauchschmerzen. Er sagte, es brenne wie
Feuer.«
Cranston wandte sich an
Minter. »Habt Ihr ihn untersucht?«
»Ja. Ich hielt es für
eine Form der Ruhr - heftige Krämpfe, übelriechender Kot, hohes
Fieber, Schwitzen.«
»Und was habt Ihr
verschrieben?«
»Ich habe einen
bindenden Trank gebraut, aber nichts hat geholfen. Am 20. Oktober lag
Roffel im Delirium. Er starb in der Nacht, bevor wir die Themse
hinaufsegelten.«
»Glaubt Ihr, er wurde
vergiftet?« fragte Athelstan.
Er musterte die Runde der
Gesichter im flackernden Licht der einen Laterne. Minters essigsaure Miene
erstrahlte in einem schiefen Lächeln.
»Oh ja, Pater, er wurde
vergiftet. Aber nicht so, wie Ihr denkt«, fügte er hastig
hinzu. »Leibschmerzen, Galle im Magen, Ruhr, Entzündungen der
Eingeweide und des Afters kommen auf Schiffen häufig vor. Ratten
scheißen in unseren Proviant, das Wasser fault, und im Zwieback sind
mehr Maden als Mehl.«
»Wie viele Leute sind
denn auf dieser Reise gestorben?«
»Zwei. Der Kapitän
und der Koch, Scabgut.«
»Woran dieser?«
»Er hatte die gleichen
Krämpfe. Aber fast auf jeder Reise gibt es Tote - wenn es nicht das
Essen ist, dann fällt einer über Bord.«
»Also war nichts Verdächtiges
an Roffels Tod?« fragte Cranston.
»Keineswegs. Allerdings
hatte er seinen eigenen Weinvorrat.«
»Aber davon habe ich
auch getrunken«, warf Coffrey, der Zahlmeister, ein.
»Wenn das so ist«,
schloß der Arzt, »hat Kapitän Roffel nichts gegessen und
getrunken, was nicht auch wir zu uns genommen hätten.«
»Wir haben gehört«,
sagte Athelstan, »daß Kapitän Roffel ein harter Mann war.«
»Stahlhart«,
sagte Cabe. »Hart wie Eisen. Er hatte ein Herz aus Stein.« Er
grinste spöttisch. »God’s Bright Light! ›Das helle
Licht Gottes‹ - welch ein
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