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Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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wie
     weich und voll ihre Stimme klang.
    »Ihr wart…?«
     begann er zögernd.
    »Ich war William
     Roffels Paramour.« Bernicia hob die Hand und kicherte leise hinter
     beringten Fingern. Ihre Nägel waren dunkelviolett bemalt.
    »Ah ja.«
     Cranstons Unbehagen wuchs. »Und er hat Euch oft besucht?«
    Sie spreizte die Hände
     und schaute sich im Raum um.
    »Kapitän Roffel
     hat die Gunst, die ich ihm schenkte, großzügig erwidert.«
    »Und habt Ihr ihn
     geliebt?« fragte Athelstan.
    Wieder das gezierte Kichern
     und die schnelle Handbewegung.
    »Aber Pater, seid nicht
     albern. Wie kann man jemanden wie Kapitän Roffel lieben? Einen
     Schurken von Kindsbeinen an! Er war großzügig, und ich war zu
     haben.« Sie schürzte die Lippen. »Ihr wißt, daß
     er ein ehemaliger Priester war?«
    »Was?«
    »Ja.« Sie lachte
     fröhlich. »Roffel war einmal Kurat in einer Gemeinde bei
     Edinburgh. Er geriet in irgendeine unangenehme Sache und mußte seine
     Pfarrei ziemlich überstürzt verlassen.«
    »Was war das für
     eine Sache?«
    »Das weiß ich
     nicht.«
    »Und wo habt Ihr ihn
     kennengelernt?« wollte Cranston wissen.
    »In einer Schenke.«
    »In welcher?«
    Sie hob die Schultern.
     »Ich kann mich nicht erinnern.«
    »Habt Ihr je seine
     Gemahlin kennengelernt?«
    »Oh je, dieses sauertöpfische
     Biest. Nein, niemals.«
    »Habt Ihr Kapitän
     Roffel etwas gegeben, bevor er auf seine letzte Reise ging?«
    »Einen schönen,
     dicken Kuß.«
    »Und findet Ihr seinen
     Tod irgendwie verdächtig?«
    »Nein. Der widerliche
     Schurke hatte immer schon einen schwachen Magen.« Bernicia zuckte
     die Achseln. »Jetzt ist er dahin« - sie flatterte mit den
     Wimpern - »und ich bin wieder zu haben.«
    »Wißt Ihr etwas
     über seine letzte Reise?«
    »Nein. Ich war an Bord,
     aber sie wollten mich nicht einmal in seine Kajüte lassen, und da bin
     ich wieder an Land gegangen.«
    »Hatte Roffel Feinde?«
    Bernicia schüttelte sich
     vor Lachen. »Ich glaube, Sir John, die Frage sollte lauten: ›Hatte
     er Freunde?‹ Feinde hatte er überall entlang der Themse.
     Roffel mag ein Kapitän des Königs gewesen sein, aber er war außerdem
     ein übler Pirat.« Bernicia senkte die Stimme. »Ihr habt
     doch sicher die Geschichten gehört? Roffel war es zuzutrauen, daß
     er jedes Schiff angriff. So manche einsame Seemannswitwe verflucht ihn des
     Nachts vor dem Einschlafen.«
    »Wart Ihr an seinem
     Sarg in St. Mary Magdalene?« fragte Athelstan. Er hatte Cranstons
     Unbehagen bemerkt und musterte die Frau aufmerksam.
    »Nein, das habe ich
     nicht getan, und ich habe es auch nicht vor.«
    Vielleicht war es die Art,
     wie sie es sagte und dabei den Kopf zur Seite drehte. Vielleicht hatte
     Cranston im Feuerschein auf ihrer Oberlippe ein Haar schimmern sehen, das
     von der weißen Schminke nicht ganz verdeckt wurde. Jedenfalls beugte
     sich der Coroner plötzlich vor und packte sie beim Knie.
    »Na, du bist aber hübsch!«
     knurrte er. »Wie heißt du denn wirklich, Bernicia?«
    Sie versuchte, sich loszureißen.
     Sir Johns Hand wanderte weiter an ihrem Oberschenkel hinauf. Athelstans
     warnenden Blick beachtete er nicht.
    »Ich habe von
     deinesgleichen schon gehört«, sagte er. »Ich frage mich
     nur, was ich wohl finden werde, wenn ich meine Hand weiter hinauf zu
     deinem süßen Geheimnis bewege?«
    Er legte die Hand auf ihre
     ziemlich flache Brust, und seine Finger drückten auf den Musselin.
     »Bernicia, die Hure«, sagte er. »Du bist keine Frau. Du
     bist ein Mann!«
    Athelstans Unterkiefer
     klappte herunter. Er glotzte erst Bernicia, dann Sir John an. Bernicia sträubte
     sich immer noch gegen Sir Johns Griff.
    »Die Wahrheit«,
     verlangte der Coroner. »Sonst lasse ich die Büttel rufen und
     dich ausziehen. Dann kannst du nicht mehr verbergen, was Gott dir
     geschenkt hat.« Er beugte sich weiter vor und berührte
     Bernicias Haar. »Ich weiß, wo du Roffel kennengelernt hast«,
     fuhr er fort. »In der Schenke »Zur Meerjungfrau‹, unten
     bei St. Paul’s Wharf. Wie heißt du wirklich? Komm schon, wie
     heißt du?«   
    »Mein Name ist
     Rogeratte-Southgate.«
    Athelstan bekam den Mund
     nicht mehr zu.
    »Ich habe früher
     als Kajütenjunge bei Roffel gedient. Ich war und bin eine Frau in
     einem Männerkörper.« Bernicia schaute ins Feuer. »Ich
     habe die Huren immer beneidet - wie sie sich bewegten, die Kleider, die
     sie tragen konnten, die Erregung, die sie bei den Matrosen hervorriefen.
     Und dann,

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