Tod auf der Themse
gegen ihn richten würde.« Ihre Augen wurden schmal. »Seid
Ihr denn sicher, daß es Mord war?«
»Er wurde vergiftet.«
Sie beugte sich überrascht
vor. »Wie kann das sein? Er verkündete überall, daß
er nur das aß und trank, was auch seine Mannschaft bekam.«
»Was ist mit dem
Usquebaugh?« fragte Cranston. »Mit der Flasche, die er sich in
der Schenke ›Zu den gekreuzten Schlüsseln‹ zu füllen
pflegte?«
Emma Roffel machte ein
erstauntes Gesicht. Sie wandte sich zu Tabitha und flüsterte ihr
etwas zu; diese huschte lautlos wie eine Maus davon. Emma Roffel starrte
ins Feuer, bis die Zofe mit einer Zinnflasche zurückkam; sie nahm sie
in Empfang und streckte sie Cranston hin.
»Das ist die berühmte
Flasche, Sir John. Als sie meinen toten Mann an Land brachten, schafften
sie auch seine Habe herüber.«
Sie zog den Korken aus der
Flasche und schnupperte am Flaschenhals. Dann goß sie ein wenig vom
flüssigen Inhalt in einen Becher, den sie von einem kleinen Tisch
hinter ihr nahm. Lächelnd bot sie den Becher erst Cranston, dann
Athelstan an. Beide schüttelten den Kopf.
»Ihr solltet Usquebaugh
trinken«, sagte sie. »Er wärmt das Herz und stählt
den Körper gegen das Alter. Ach ja.« Und ehe sie jemand daran
hindern konnte, leerte sie den Becher in einem Zug. Sie hustete, zog eine
Grimasse und lächelte dann. »Wenn diese Flasche vergiftet war,
werde ich bald zu meinem Gatten gehen.«
»Ihr seid Euch Eurer
Sache anscheinend sehr sicher, Mistress.«
Emma Roffel grinste. Sie
stellte den Becher hin und verschloß die Flasche wieder. Dann
zwinkerte sie Athelstan zu. Ihre gute Laune ließ ihr Gesicht plötzlich
viel jünger erscheinen. Vorjahren, dachte Athelstan, war Emma so schön
gewesen, daß ein Priester ihretwegen seine Gelübde gebrochen
hatte.
»Das war tollkühn«,
murmelte er.
Sie schüttelte den Kopf.
»Ich muß Euch um Entschuldigung bitten, denn ich habe Euch zum
Narren gehalten. Ich habe schon aus der Flasche getrunken, als man sie mir
zurückbrachte.« Sie verzog das Gesicht. »Das war dumm,
das will ich zugeben - zu riskieren, daß Mann und Frau mit demselben
Trank vergiftet werden.«
»Ihr glaubt also, der
Mord wurde an Bord der God’s Bright Light begangen?« fragte
Cranston.
»Natürlich«,
antwortete Emma. »Er war bei der Besatzung verhaßt.«
»Und bei seinem
Admiral?«
Emma hob die Schultern.
»Crawley hielt meinen Mann für einen Piraten. Er hat einmal
gedroht, ihn für seine Räubereien auf See aufhängen zu
lassen.«
»Mistress Roffel«,
sagte Athelstan, »wißt Ihr denn, was sich in jener Nacht, als
der Maat und zwei Matrosen verschwanden, an Bord seines Schiffes
zugetragen haben könnte?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Pfarrer Stephen wird
bezeugen, daß ich an diesem Abend beim Leichnam meines Gemahls in
der Kirche von St. Mary Magdalene wachte. Aber wenn Ihr mich nach meinen
Vermutungen fragt, so würde ich sagen, daß alle drei Männer
auf irgendeine Weise von Bord desertiert sind.«
»Kanntet Ihr
Bracklebury, den Ersten Maat?«
»Ja. Er hat den
Leichnam meines Mannes an Land gebracht, und außerdem eine Tasche
mit seinen kläglichen Habseligkeiten - darunter auch die Flasche.«
Aufmerksam beobachtete sie die dunklen Augen des Priesters. »Wollt
Ihr die Sachen sehen?«
Athelstan nickte. »Aber
macht Euch keine Mühe«, sagte er besorgt. »Vielleicht könnte
Eure Zofe Tabitha so freundlich sein, mir den Weg nach oben zu zeigen?«
Die mausgraue, unauffällige
Frau schaute lächelnd zu ihrer Herrin, und diese nickte zustimmend.
Der Coroner nahm leutselig den Wein entgegen, den Mistress Roffel ihm
anbot. Unterdessen folgte Athelstan der Zofe die Treppe hinauf. Der Rest
des Hauses erwies sich als gleichermaßen trostlos, dunkel und klamm.
Möbel und Wandbehänge waren schäbig -sauber und
wohlduftend, aber verschlissen und verschossen. Die Tür des großen
Schlafgemachs stand offen, und Athelstan konnte im Vorbeigehen einen Blick
auf ein Vierpfostenbett werfen. Auf einer Truhe am Fußende lagen
achtlos hingeworfene Kleider. Tabitha brachte ihn in eine kleine,
verstaubte Kammer, an deren Wänden sich Truhen stapelten. Die Zofe
blieb stehen und schaute sich um.
»Wie lange dient Ihr
Eurer Herrin schon?« fragte Athelstan leise.
Die Zofe sah ihn an und kniff
die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. »Oh…seit ihrer
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