Tod auf der Themse
Und wir überprüfen, was der Krone Zufallen muß, Steuern,
Vorrechte, Privilegien, Abgaben, Tribute.«
»Ihr seid also Beamte
der Staatskasse?«
Wieder dieses Lächeln.
»Oh, das und noch viel mehr! Unser besonderes Augenmerk
gilt den Rechten der Krone in Frankreich - und Ihr wißt ja, Sir
John, was dort geschehen ist. Der Großvater unseres derzeitigen Königs
eroberte und besetzte den größten Teil des nördlichen
Frankreich. Männer von gleichem Blut, aber unfähiger Natur sind
jedoch zusehends dabei, dieses väterliche Erbteil zu verlieren. Was
hat die Krone heute noch?«
Cranston zuckte die Achseln.
»Einen Teil der Gascogne in der Gegend von Bordeaux.«
»Und in der Normandie?«
»Calais und seine
Umgebung.«
Peter nickte. »Wir
haben Männer, die von Calais aus operieren, um die verlorenen Gebiete
zurückzuholen.«
»Ihr meint, Spione?«
»Ja, doch, so könnte
man sie nennen. Ihre Aufgabe ist es nun, die Franzosen zu schwächen.«
Peter hob die Schultern und sah lächelnd zu seinem Kumpan. »Sie
in Atem zu halten. Ihr versteht schon - dafür zu sorgen, daß
gelegentlich eines ihrer Schiffe verunglückt, Unzufriedenheit zu schüren
und allerlei Erkenntnisse zu sammeln.«
»Und was hat das mit
uns zu tun?« fragte Athelstan.
»Eigentlich gar nichts,
lieber Bruder. Nur, daß Ihr den Tod des Kapitäns Roffel und das
Verschwinden der Wache von der God’s Bright Light untersucht. Nicht
wahr? Nun, auch das interessiert uns eigentlich nicht. Was uns allerdings
interessiert, sind die Bewegungen von Roffels Schiff auf seiner letzten
Reise. Wißt Ihr, zwei unserer Brüder, die mit einem Fischerboot
von Calais nach Dieppe wollten, sind nämlich nie dort angekommen. Ihr
Schiff verschwand.«
»Und Ihr glaubt, Roffel
habe es versenkt?«
»Möglicherweise.
Roffel war ein Hund - ein Räuber und Pirat, der unter der Flagge des
Königs segelte. Wir wissen von seinen kleinen geschäftlichen
Unternehmungen. Aber der Mord an unseren beiden Agenten, das ist eine
andere Sache. Mord und Piraterie sind schwere Verbrechen. Und was noch
wichtiger ist, wir wollen herausfinden, von wem Roffel wußte, wo er
dieses Fischerboot abfangen konnte.«
»Vielleicht hat er bloß
Glück gehabt«, meinte Cranston.
»Wir glauben nicht an
Glück!« schnappte der Revisor. »Einen Verräter muß
Roffel dafür bezahlt haben, daß er das Boot abfing und unsere
Agenten ermordete.« Peter beugte sich über den Tisch. »Mit
anderen Worten, Sir John: Es geht um Hochverrat!«
»Bei unseren
Ermittlungen sind wir auf nichts dergleichen gestoßen«, sagte
Cranston.
Die beiden Revisoren lächelten
gleichzeitig.
»Oh, aber das könnte
noch kommen«, schnurrte Paul wie ein geschmeidiger Kater. »Das
könnte durchaus noch kommen, Sir John, und wenn es geschieht, dann möchten
wir es wissen.«
»Wie können wir
Euch Bescheid sagen?« fragte Athelstan.
Die beiden Revisoren leerten
gleichzeitig ihre Humpen und stellten sie in einer einzigen Bewegung
wieder auf den Tisch.
»Ihr kennt die Statue
Unserer Lieben Frau mit dem Jesuskinde in der St.-Paul’s-Kathedrale?«
fragte der größere der beiden.
Athelstan nickte.
»Davor steht eine große,
eisenbeschlagene Kiste für die Bittschriften der Gläubigen.«
Peter erhob sich, und Paul tat es im selben Augenblick. »Wenn Ihr
mit uns sprechen wollt, legt eine
Bittschrift in diese Kiste - Ihr Heiligen Peter und Paul, bittet für
uns. Noch am selben Tag werdet Ihr von uns hören. Gute Nacht, Sir
John, Bruder Athelstan.«
Die beiden Revisoren schlüpften
zur Tür hinaus. Sir John stieß einen leisen Pfiff aus, trank
seinen Humpen leer und brüllte nach einem neuen.
»Und einen Teller
Zwiebelsuppe!« schrie er. »Bruder?«
»Für mich nur Ale,
Sir John.«
»So, so, so«,
sagte Cranston. »Was hältst du davon, hm, Bruder? Piraterie,
Mord, verschwundene Seeleute - und jetzt auch noch Hochverrat.«
»Ich sehe keinen
Zusammenhang«, sagte Athelstan. »Wieso soll Roffel den Hals
riskieren, wenn er mit der Piraterie so gut verdient?«
Cranston schnippte mit den
Fingern und befahl einem Schankknecht, den Tisch abzuräumen.
»Heraus mit Pergament
und Feder, Mönch!«
Athelstan stöhnte, aber
er gehorchte; er holte eine Rolle Pergament hervor und strich sie auf dem
Tisch glatt.
Leif, der einbeinige Bettler,
hatte sie aus der gegenüberliegenden Ecke beobachtet. Jetzt kam
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