Tod auf der Themse
wenn wir noch einmal mit dir zu dieser geheimen Schenke
gehen - wer weiß, wer dich da alles wiedererkennen würde.«
Cabe wurde noch bleicher.
»Komm schon«, drängte
Cranston sanft. »Früher oder später kommt die Wahrheit
doch heraus.«
»Was geschieht…
?« Cabe hob den Kopf. »Was geschieht, wenn ich die Wahrheit
sage, wie ich sie sehe?«
Cranston wedelte mit der
Hand. »Mord ist Mord, Master Cabe, und ein Mörder kommt an den
Galgen. Aber wer sich zum Zeugen der Krone macht, der kann vielleicht um königlichen
Pardon einkommen und sich bereit erklären, England zu verlassen…«
Cranston verdrehte die Augen und schaute zur Tür. »Sagen wir, für…
drei Jahre?«
Athelstan packte den Seemann
beim Arm. »Um der Liebe unseres Herrn willen, Master Cabe: Sagt uns
die Wahrheit!«
»Kann ich einen Becher
Wein haben, Pater?«
Cranston bestellte Rotwein,
und Cabe nippte behutsam daran.
»Dies sind die
Tatsachen«, begann er tonlos. »Roffel war ein gemeiner Mörder.
Gott sei uns gnädig - es war nicht das erste Mal, daß er ein
Schiff überfiel und die Gefangenen ermordete, aber dies war doch ein
besonderer Fall. Roffel suchte etwas.« Er zuckte die Achseln.
»Nun, Ihr wißt ja, was geschehen ist. Nachher nahmen
Bracklebury und ich uns vor, ihn zur Rede zu stellen. Nun hatte Roffel
vielleicht vorgehabt, die Kajütentür zu verriegeln, aber er tat
es nicht; es kam jedenfalls sehr selten vor, daß wir einfach
hineinspazierten. An jenem Morgen aber taten wir es, und da saß
Roffel an seinem Tisch, hatte den Geldgürtel vor sich, und die
Silbermünzen quollen heraus. Auf den ersten Blick war uns klar, was
geschehen war. Roffel brüllte uns an: Wir sollten verschwinden, und
wenn wir so etwas noch einmal täten, würde er uns aufhängen.«
Cabe rieb sich das Gesicht. »Bracklebury und ich waren natürlich
wütend. Es war nicht das erste Mal, daß Roffel uns um unseren
Anteil betrogen hatte.« Cabe sah Athelstan an. »Was immer Ihr
von mir halten mögt, Pater, ich bin ein guter Seemann und fürchte
mich vor nichts, was auf Erden wandelt. Mein ganzer Körper ist eine
einzige Narbe, von Kopf bis Fuß. Und wofür? Für schalen
Wein, billige Huren und ein klammes Bett in einem schmutzigen Wirtshaus?«
Er nahm seinen Becher und stürzte den Wein herunter. »Bracklebury
und ich machten unsere Pläne, aber da wurde Roffel krank und starb.«
»Habt Ihr ihn ermordet?«
unterbrach Cranston ihn.
Cabe hob die rechte Hand.
»Ich schwöre bei Gott, daß ich mit Roffels Tod nichts zu
tun hatte.«
»Aber Bracklebury?«
»Das weiß der
Himmel. Wie dem auch sei«, fuhr Cabe fort, »Roffels Tod gab
uns Gelegenheit, seine Kajüte zu durchsuchen. Wir durchwühlten
alles, aber von einem Gürtel voller Silber war keine Spur. Das Schiff
ging auf der Themse vor Anger, Bracklebury brachte den Toten an Land, und
eine Zeitlang spielten wir unsere Rollen weiter. Wir erlaubten den
Matrosen, ihre Huren an Bord zu holen, und dann, wie Ihr schon sagtet, ließ
Bracklebury das Schiff räumen. Bracklebury war ein guter Maat, aber
ich vertraute ihm nicht restlos; also
verabredeten wir, daß er einmal pro Stunde ein Lichtzeichen zum Ufer
blinken würde, das ich dann beantworten sollte.« Cabe leckte
sich die Lippen. »Die anderen Offiziere waren so betrunken, daß
sie sich nicht mehr erinnern konnten, wohin jeder einzelne von uns
gegangen war. Ich verbrachte den größten Teil dieser
verfluchten Nacht auf dem Kai und machte mir Sorgen um alles mögliche.
Wenn Bracklebury das Silber nun nicht fände? Und wenn er es fände
und auf den Gedanken käme, damit zu fliehen? Dann sah ich die Hure
Bernicia am Kai stehen und zum Schiff hinüberspähen. Ich hörte,
wie Bracklebury sie beschimpfte, und dann verschwand die Mißgeburt.«
Cabe schlürfte seinen Wein. »Die Nebelschwaden verlagerten sich
- manchmal bedeckten sie die God’s Bright Light vollständig,
dann wieder teilten sie sich. Ich sah die Blinksignale, und dann fuhr das
Boot des Admirals hinüber. Damit hatten wir gerechnet, aber
Bracklebury hatte gemeint, den würde er schob abwimmeln.« Cabe
spreizte die Finger auf der Tischplatte. »Am nächsten Morgen
kam mir das Ganze wie ein Alptraum vor. Die God’s Bright Light war
verlassen. Von Bracklebury und der Wache war keine Spur. Ich kam sofort zu
dem Schluß, daß Bracklebury das Silber gefunden und die beiden
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