Tod auf der Themse
rasierte sich. Hastig aß er ein bißchen Brot und Käse;
dann gab er Mugwort die Aufsicht über die Kirche, bis Benedicta oder
Watkin erschienen, sattelte Philomel und ritt zur London Bridge hinunter.
Athelstan kam nur langsam
voran. Philomel war träge, und auf der London Bridge drängten
sich Schubkarren, Fuhrwerke und Packpferde; alle wollten rasch hinüber,
bevor die Märkte öffneten. An der Kirche von St. Thomas Becket
auf halbem Wege machte Athelstan halt. Er sprach ein Gebet und zündete
vor der Statue der Jungfrau eine Kerze an, damit sie ihm bei der Suche
nach der Wahrheit Anleitung und Weisheit zuteil werden ließe.
In der Stadt angekommen, sah
er sich weiteren Verzögerungen gegenüber. In der Bridge Street
stand ein Haus in Flammen, und weiter unten vollführte eine Schar
Abrahamsmänner ihre wahnwitzigen Tänze zur Belustigung der einen
und zum Verdruß der anderen. Als er in der Cheapside angekommen war,
hatte er sich den Hintern wundgescheuert und verfluchte erbittert den
Ritt, der ihn mehr als eine Stunde gekostet hatte.
Cranston fand er wohlbehalten
im »Heiligen Lamm Gottes« vor. Der Coroner saß an seinem
Lieblingsplatz und sah zu, wie der Wirt und seine Frau, unterstützt
von einem Heer von Knechten, Feuer anzündeten und die Kochherde
anheizten. Zu so früher Stunde gab sich der dicke Coroner
ausnahmsweise damit zufrieden, sich zurückzulehnen und die würzigen
Düfte zu genießen, die nach und nach aus der Küche
drangen.
Er grinste Athelstan
entgegen. »Mönch, du siehst wütend aus.«
»Ordensbruder, Sir John
- und ich bin nur verdrossen.« Behutsam setzte Athelstan sich hin
und spähte dann in Cranstons Humpen.
»Ale mit Wasser«,
sagte Cranston. »Aber ich habe eine Hackfleischpastete bestellt, mit
Zwiebeln, Lauch und einem Hauch Rosmarin und Knoblauch.« Er schloß
die Augen. »Stell’s dir nur vor, Bruder: fettes, würziges
Fleisch, brutzelnd unter einer dicken, goldenen Kruste. Übrigens -
ich habe ihn schon rufen lassen.« Er klappte ein Auge auf und spähte
zu der Stundenkerze hinüber, die neben der Tür in ihrem eisernen
Halter steckte. »Sag mir also lieber, was du vor hast.«
Athelstan erklärte es
ihm, stockend zunächst, aber dann immer beredter, je größer
sein Zutrauen in die eigenen Schlußfolgerungen wurde. Anfangs brüllte
Cranston vor Lachen.
»Am Arsch!« höhnte
er. »Quatsch mit dicker Sauce!«
»Danke gleichfalls,
mein Sohn«, erwiderte Athelstan.
Sir John beruhigte sich allmählich.
Noch einmal trug Athelstan seine Schlußfolgerungen vor und
untermauerte jede seiner Thesen mit Argumenten und Beweisen, bis Cranstons
Heiterkeit vergangen war. Athelstan machte eine Pause, als die Wirtin, die
den Coroner stets verwöhnte, noch einen Humpen Ale brachte und auf
einem großen Brett eine dampfende Pastete auftrug. Der Anblick
dieser Pastete machte Athelstan hungrig, und so schnitt sie auch für
ihn ein Stück ab. Die beiden aßen und tranken schweigend. Erst
als Cranston fertig war, umriß Athelstan seine Strategie. Der
Coroner hatte ein ganzes Bündel von Fragen. Athelstan beantwortete
sie, und schließlich nickte Sir John.
»Mir leuchtet ein, was
du sagst, Bruder. Und da kommt er, vielleicht gerade im rechten
Augenblick.«
Philip Cabe hatte die Schenke
betreten. Er sah Cranston und Athelstan, kam breitbeinig heran und ließ
sich auf den Schemel fallen, den Athelstan heranrückte.
»Sir John, es ist sehr
früh.«
»Master Cabe, es ist
auch sehr dringend.«
Athelstan musterte den
Seemann aufmerksam. Cabe sah abgespannt aus - er war unrasiert, und seine
grauen Augen waren von nächtlicher Trinkerei noch glasig.
»Was macht Euch denn
Sorgen, Master Cabe?« fragte Athelstan sanft.
»Nichts, Pater.«
»Möchtet Ihr etwas
trinken?«
Der Seemann zuckte die
Achseln. »Verdünntes Bier vielleicht.«
Cranston gab die Bestellung
auf, und sie warteten, bis serviert worden war. Cabe nippte behutsam an
seinem Humpen.
»Was wollt Ihr von mir?«
fragte er dann.
»Die Wahrheit«,
sagte Athelstan.
»Die habe ich Euch
schon gesagt.«
Cranston beugte sich vor und
quetschte das Handgelenk des Mannes.
»Nein, das habt Ihr
nicht. Ihr seid ein Lügner, ein Dieb und ein Mörder. Und wenn
Ihr mir nicht die Wahrheit sagt, werde ich Euch baumeln sehen!«
Cranston lächelte finster. »Jetzt seid ein braver Junge und
legt beide
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