Tod auf der Themse
Henry war mächtig genug, um Beamte zu
bestechen.« Er trank sein Bier aus. »Ist Sir Jacob immer noch
in St. Bartholomew?«
»Allerdings, und es
geht ihm nicht schlechter.«
»Gut. Dann soll der
Tanz beginnen!«
Vierzehn
Tabitha Velour öffnete
die Tür, und ein Lächeln legte ihr Gesicht in Falten, als sie
Athelstan hereinwinkte.
»Guten Morgen, Bruder.
Ihr habt doch nicht etwa noch mehr Fragen?«
Sie führte den
Ordensbruder in die kleine Wohnstube, wo Emma Roffel mit einem Kontobuch
auf dem Schoß vor dem Feuer saß. Auch sie lächelte, als
Athelstan eintrat.
»Bruder, warum seid Ihr
hier? Bitte setzt Euch doch.« Sie wandte sich an Tabitha. »Bring
einen Krug Ale für Bruder Athelstan.«
Athelstan setzte sich.
Tabitha brachte Ale und einen Teller frische Milchbrötchen, den sie
auf eine Kante des Herdsteins stellte.
»Nun, Bruder, was kann
ich für Euch tun?« Emma Roffels Gesicht wirkte sanfter und
ruhiger.
Nun lächelte auch
Athelstan. »Ich war unterwegs zu Sir Jacob Crawley im Hospital von
St. Bartholomew und kam nur vorbei, weil ich dachte, Ihr könntet mir
das hier vielleicht flicken« - er zeigte auf einen Riß im
Ärmei seiner Kutte - »und mir zugleich noch ein paar Fragen
beantworten, bevor die ganze Sache abgeschlossen wird.«
»Abgeschlossen?«
Emma Roffel richtete sich auf.
Athelstan nickte. »Ich
treffe mich in St. Bartholomew mit Sir John. Er kommt mit Gerichtsdienern
und einem Haftbefehl für Sir Jacob Crawley wegen Mordes an Eurem
Gemahl sowie an Bracklebury und seinen beiden Matrosen.«
Emma Roffel schloß die
Augen. »Gott schütze uns«, flüsterte sie. Dann
beugte sie sich vor und faßte nach dem Ärmel von Athelstans
Kutte. »Tabitha ist eine gute Näherin. Sie kann das flicken.«
Sie schnippte mit den Fingern. »Komm schon her, Weib!«
Tabitha eilte zu der kleinen
Bank unter dem Fenster, klappte sie auf und holte einen Korb heraus. Dann
kniete sie damit neben Athelstan nieder. Der Ordensbruder schrak hoch, als
es laut an der Tür klopfte.
»Ich kümmere mich
darum«, sagte Emma Roffel.
Athelstan hörte, wie sie
den Korridor hinunterging, die Tür öffnete, ein paar Worte
sprach und sie wieder schloß.
Er blickte nicht auf, als sie
wieder hereinkam.
»Wer war das?«
fragte Tabitha.
Emma Roffel gab keine
Antwort. Sie ging in die Küche und kam dann zurück; ihre Hände
steckten in den Ärmeln eines weiten Gewandes. Sie setzte sich und
starrte ins Feuer.
»Wir haben hier einen
schlauen, schlauen kleinen Pfaffen, Tabitha.«
Athelstan blickte auf. Emma
Roffels Gesicht war eine Maske der Wut, bleich und schmallippig, und ihre
dunklen, kraftvollen Augen loderten.
»Mistress?«
fragte er.
»Laß seine Kutte,
Tabitha. Komm her und setz dich zu mir.«
Die Zofe huschte zu ihr hinüber.
Athelstan verschränkte die Hände vor dem Bauch und hoffte, daß
man ihm die Angst nicht anmerken würde. Emma Roffel beugte sich vor.
»Einen hinterlistigen, verschlagenen Pfaffen, der ganz und gar nicht
unterwegs nach St. Bartholomew ist!« spie sie. »Weißt
du, wer da geklopft hat, Tabitha?« Sie ließ Athelstan nicht
aus den Augen. »Ein anderer Pfaffe - dieser dumme, steinalte,
sabbernde Pfarrer Stephen aus der Kirche von St. Mary Magdalene.«
»Wieso erregt Euch das,
Mistress?« fragte Athelstan unschuldsvoll.
Emma Roffel lehnte sich zurück.
Offenbar machte ihr dieser Kampf der Gehirne Spaß.
»Das wißt Ihr
ganz genau, Pfaffe. Erzählt es mir doch!«
»Oh ja, ich werde Euch
etwas erzählen, Madam. Ich erzähle Euch die Geschichte eines
jungen schottischen Mädchens, geboren in einem Fischerdorf in der Nähe
von Edinburgh. Sie heiratete einen amtsenthobenen Priester, und sie
glaubte, diese Ehe habe der Himmel gestiftet, aber daraus erwuchs ein Haß,
der in der Hölle geschmiedet ward. Ihr, Mistress Roffel, haßtet
Euren Mann. Der Haß ließ beider Seelen frieren. Roffel wandte
sich an seine männliche Hure Bernicia, und Ihr gingt zu Eurer
Geliebten: Tabitha.« Athelstan schaute Tabitha an, die seinen Blick
kühl erwiderte. »Ihr nahmt Euch vor, Euren Mann zu ermorden«,
fuhr er fort, »indem Ihr die Flasche mit seinem Usquebaugh
vergiftetet; Ihr dachtet Euch, sollte es je herauskommen, würde
jemand von Bord der God’s Bright Light die Schuld bekommen, denn
Euer Mann war bei seiner Mannschaft verhaßt.«
»Aber Pater«,
schnurrte Emma Roffel,
Weitere Kostenlose Bücher