Tod einer Göttin (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition)
Dankte für die Lilien.
Nick und sie hatten ihre Nasen schon viel zu weit in diese alte Geschichte gesteckt, um es sein zu lassen.
„Um sechs Uhr heute Abend“, sagte Jana Tempel, „ich erwarte Sie und Ihren Nick in der Simbari Bar.“
Wurde man abends um sechs schon in eine Bar gelassen? Da wurden in der Bongo-Bar, in der Jef und sie aufgetreten waren, gerade die Putzfrauen mit ihrer Arbeit fertig.
Das konnte alles nur knapp werden. Jantosch aufsuchen. Eine neue Kandidatin für die Putzstelle empfangen.
Nick anrufen, dachte Vera. Er wenigstens saß ziemlich verlässlich neben seinem Telefon und nahm auch ab.
„Simbari Bar“, sagte Nick, „verlässt sie das Hotel jemals?“
„Erst einmal müssen wir zu Jantosch in die Brahmsallee.“
„Gute Arbeit“, sagte Nick und strich über die karierte Decke. Er war gerade dabei, neue Konfitürenfotos herzustellen. Nicht nur ein Butterhörnchen sollte neben der Konfitüre gezeigt werden, sondern ein Korb voll der verschiedensten Brötchensorten. Vermutlich wurde das Honorar jetzt von der Bäckerinnung gesponsert.
„Lass uns gleich zu Leo Jantosch gehen“, sagte Vera, „um vier kommt eine Polin, um sich als Putzfrau vorzustellen.“
So wie Frau Sauerwein würde sie wohl auch nicht sein.
Ließ sich nur hoffen, dass Anni gnädig war.
„Ich hole dich in einer halben Stunde ab“, sagte Nick.
Noch einmal die Brötchen ablichten.
Leo Jantosch. Die letzte ihrer Adressen. Wäre damit der Auftrag erfüllt? Hoffentlich nahm er das Kuvert an.
Doch Nick hatte keine Illusionen. Der Geistertrupp würde Vera und ihn nicht loslassen, bis sie sein Geheimnis kannten.
Jan van Engelenburg kannte die alten Kollegen. Er hörte ihr Grinsen durch das Telefon, als er den Namen Jana Tempel nannte. Hätte er Anita Ekberg gesagt, wäre es ein fettes Grinsen gewesen. Doch die Tempel war eine Göttin und ließ noch einige der kleinen grauen Zellen der Herren in ihrem Kopf und nicht nur in der Hose.
Gott bewahre. Sie waren nicht alle so. Einige liebten ihre Gattinen bis ans Ende. Gelegentlich sogar ihre ersten.
Hatten keine anderen Gelüste. Doch es war ein Irrglaube, anzunehmen, dass sich unter Bankiers eine größere Anzahl von Gentlemen fand als anderswo.
Nur, weil sie eine geschickte Hand für Anzüge hatten.
Engelenburg hatte es erlebt, dass gerade die, die ihre konservativen Werte am höchsten hängten, längst eine kleine Geliebte hielten.
Jana Tempel war eine Geliebte gewesen, doch keine kleine. Ihre Würde wäre ihr auch nicht verlorengegangen, wenn sie auf dem Kiez gekobert hätte.
Engelenburg war überrascht, wie viel er von ihr hielt. Er schien Zicken nach wie vor zu schätzen, so wie sie ihn schätzten.
Jana Tempel. Sie erinnerten sich alle an sie, die Herrn im Ruhestand. Doch keiner wusste sonst etwas zu sagen.
Außer, dass Jana Tempel eine sehr vermögende Frau sei.
Hatte es Sinn, die jüngeren Kollegen zu fragen?
Die grinsten dann bei Paris Hilton fett.
Bei der Tempel gelang ihnen wahrscheinlich nur ein langes Schweigen. Dafür musste er nicht telefonieren.
Jan van Engelenburg hätte Veras Vater gern gekannt gehabt.
Er ahnte eine große Seelenverwandtschaft, die ihm wohl auch Annis Sympathie einbrachte. Wie schade, dass man nicht viel Generationen überschreitender leben konnte, sondern nur seine eigenen Zeitgenossen zur Verfügung hatte.
Nicht einmal das traf zu, wenn er an seinen jüngsten Sohn dachte. Er hatte Jockel einen langen Brief geschrieben und ihn gebeten, nach Hause zu kommen.
Diese Australierin war gar nichts für ihn.
Hörten Kinder auf solch väterliche Einwände?
Engelenburg schloss seine Notizen mit einem festen Strich ab, den er unter ‘Geschätztes Vermögen zwölf Millionen Schweizer Franken’ setzte.
Das meiste lag bei der Vontobel Bank in Zürich.
Er war doch überrascht, dass Jana Tempel ein so großes Vermögen zusammengetragen hatte. In jenen Jahren waren die Gagen kaum vergleichbar gewesen mit den heutigen.
Heute verdienten sich die in der vordersten Reihe dumm und dämlich. Davon hatten die Sterne der fünfziger Jahre nur träumen können. Auch in Hollywood.
Half das Vera, was er da herausgefunden hatte?
Jan van Engelenburg seufzte und biss in das weiße Brot mit Apfelkraut. Appelstroop. Je älter er wurde, desto kindischer und holländischer wurde er in seinem Geschmack.
Bald tat er wieder Schokoladenstreusel auf seinen Toast.
Heimweh? Nach all den Jahren in Hamburg?
Jockel fehlte ihm. Die beiden älteren
Weitere Kostenlose Bücher