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Tod einer Verrückten

Tod einer Verrückten

Titel: Tod einer Verrückten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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künstlichen Halbdunkel des fensterlosen Korridors erschrak er beinahe, als er feststellte, daß es bereits Tag zu werden begann. Der Warteraum mit seiner verglasten Front war von blaßrosa Licht erfüllt, in dem die leeren Stühle vergleichsweise armselig aussahen. Nach dem gestrigen Gewitter wirkte der Himmel viel höher und klarer .
    Der Maresciallo angelte ein paar Münzen aus seiner Hosentasche. Am Automaten hatte man die Wahl zwischen Kaffee und heißer Schokolade, und er war ziemlich sicher, daß Di Nuccio in seinem Zustand besser mit heißer Schokolade mit viel Zucker bedient gewesen wäre. Aber er war ebenso sicher, daß der Junge ihm dafür nicht dankbar sein würde, also drückte er den Knopf für Kaffee .
    Als er zurückkam, sah er, daß Di Nuccio zusammengesackt auf seinem Stuhl saß, als schliefe er, stellte dann aber fest, daß er die Augen offen hatte .
    »Da, trink das.« Er gab ihm einen kleinen Pappbecher und trank einen Schluck aus seinem eigenen. Erst jetzt kam er auf die Idee zu fragen: »Was hat er eigentlich gemacht, als du in die Wohnung geklettert bist? Ist es dir gelungen, ihn zu überraschen? «
    »Unseren Freund, den Gorilla? Das schon, aber ich hätte zwei Minuten eher dasein müssen, schon eine Minute hätte genügt. «
    »Und was hat er gemacht? «
    »Er hat was verbrannt. «
    »Was denn? «
    »Papier. Und es ist zwecklos, mich zu fragen, was für Papier, weil wir das nie erfahren werden. Er war in der Küche, als ich durchs Schlafzimmerfenster hineingeklettert bin, das er aufgebrochen hatte, und ich habe sofort gerochen, daß da was brennt. Aber was es auch war, er hatte es bereits im Ausguß verbrannt und die Asche hinuntergespült. Wahrscheinlich hat er mich nur nicht gehört, weil der Wasserhahn aufgedreht war. Ich habe in den Ausguß geschaut, aber außer schmutzigem Wasser war nichts mehr übrig. «
    »Woher willst du wissen, daß es Papier war? «
    »Weil es genau so gerochen hat, wie wenn man ein Feuer mit einer Zeitung anzündet. Der Rauch hing noch in der Luft – außerdem weiß ich nicht, was er sonst so einfach und ohne Rückstände hätte verbrennen können. «
    »Wahrscheinlich hast du recht. Aber was für Papier könnte das gewesen sein? Ich habe nirgends welches gefunden. «
    »Muß wohl ziemlich gut versteckt gewesen sein, weil er ziemlich lang in der Wohnung war. Wir hatten genügend Zeit, herzukommen und ihn zu überraschen, also muß er vorher gesucht haben. «
    »Und gesagt hat er nichts? «
    »Kein Wort. Nach dem ersten Schreck, als er meine Beretta zwischen den Rippen spürte, hat er sich hastig umgesehen, wie ein Tier, das in der Falle sitzt, und mich dann angegrinst, als wollte er sagen: Na wenn schon. Jetzt kannst du nicht mehr viel ausrichten. «
    »Das werden wir sehen. «
    »Wegen Einbruch ist er garantiert dran, aber glauben Sie, daß man ihm auch die Erpressung nachweisen kann? «
    »Das weiß ich nicht. Es existiert weder ein Brief noch sonst ein handfester Beweis. Nur die Aussage der Rossis gegen ihn. Aber so, wie du seine Reaktion beschreibst, als er erwischt wurde, möchte ich wetten, daß er nicht zum ersten Mal verhaftet worden ist. «
    Durch einen Seitengang näherten sich eilige Schritte. Eine Krankenschwester tauchte auf und steuerte auf den Maresciallo und Di Nuccio zu. Sie erkannte sie an ihren Uniformen .
    Ohne jede Vorrede herrschte sie sie an: »Sind die Eltern des jungen Mannes informiert worden?« Sie warf einen bösen Blick auf die Kaffeebecher, als hätte sie die beiden Männer bei einer Sauferei überrascht .
    »Ich … die Kommandantur wollte sich darum kümmern … «
    »Wenn das so ist, warum sind sie dann nicht da? «
    Di Nuccio ergriff das Wort: »Man wird sie wohl kaum erreichen können. Bruno hat mir gesagt, daß sie im Ausland Urlaub machen, und deshalb … «
    Ohne ihm zu antworten, blitzte die Krankenschwester den Maresciallo wütend an. »Dieser Patient gehört nach Hause ins Bett!« Zweifellos hielt sie den Maresciallo für den Zustand der beiden jungen Männer verantwortlich, und da er das ebenso empfand, fragte er kleinlaut: »Wie sieht es aus … wie geht es ihm? «
    »Unverändert. Er ist nach wie vor bewußtlos. Sie können hier gar nichts ausrichten. Es wäre besser, wenn Sie gehen, alle beide. «
    Damit drehte sie sich um und marschierte davon, wobei ihre weißen Schuhe laut auf den Fliesenboden klatschten. Der Maresciallo stand wie angewurzelt da und schaute ihr verunsichert nach, so daß Di Nuccio eine Entscheidung

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