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Tod eines Fremden

Titel: Tod eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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herausfinden, wer ihn umgebracht hat, damit die Polizei wieder verschwindet und uns in Ruhe lässt. Und ich möchte herausfinden, wer den Frauen Geld leiht und sie es zurückzahlen lässt, indem er sie anschaffen schickt«, antwortete Hester. Sie wagte sich weit vor, und ihre Haut prickelte.
    Ada riss ihre schwarzen Augen noch weiter auf. »Wirklich? Wieso?« Ihre Frage kam herausgeschossen wie ein Projektil.
    »Weil es, solange die Polizei überall herumläuft, nichts zu verdienen gibt«, erwiderte Hester. »Und die Leute können ihre Schulden nicht bezahlen. Die Gemüter erhitzen sich, und es werden immer mehr Frauen zusammengeschlagen.«
    Ada war immer noch misstrauisch. »Und seit wann kümmern sich so anständige Frauen wie Sie drum, ob Frauen wie wir ihren Geschäften nachgehen können oder nicht?«, sagte sie und kniff die Augen zusammen. »Dachte, Sie wären Feuer und Flamme, die Straßen zu säubern und aus der Ecke hier wieder 'ne anständige Gegend zu machen.« Die letzten Worte waren mit der Schärfe eines offenen Rasiermessers gesprochen.
    »Wenn Sie glauben, dazu bräuchte man nur Polizei an jede Ecke zu stellen, sind Sie eine Närrin!«, entgegnete Hester. »Es gibt kein ›wie ich‹ und ›wie Sie‹. Alle Frauen können in Schwierigkeiten geraten und gezwungen sein, anschaffen zu gehen, um das Geld zurückzuzahlen. Sie müssen womöglich spezielle Bedürfnisse bedienen, aber sie nehmen, was sie kriegen können. Immer noch besser, als halb zu Tode geprügelt zu werden.«
    »Das tun wir niemandem an«, sagte Ada entrüstet, aber hinter ihrer Selbstgerechtigkeit klang in ihrer Stimme auch Aufrichtigkeit mit, und Hester hörte es.
    »Erfüllen Sie spezielle Bedürfnisse?«, fragte Hester.
    »Jedenfalls nicht mit Mädchen, die hier sind wegen Schulden«, antwortete Ada. »Es sind ganz gewöhnliche Mädchen, die sich ihren Lebensunterhalt verdienen möchten und den Hals nicht voll genug kriegen.«
    Hester sah sich im Raum um. Was Ada sagte, klang ziemlich glaubwürdig, obwohl es auch möglich war, dass es ein zweites Etablissement gab oder auch ein drittes, das anders war als dieses hier. Aber soweit sie es sagen konnte, hatte niemand Nolan Baltimore hier in der Gegend gesehen. Falls Abel Smith noch andere Häuser hatte und Baltimore dort umgebracht worden war, hätte Smith die Leiche wohl kaum hier abgelegt. Hester war geneigt, den beiden zu glauben.
    Ihr Schweigen entnervte Ada. »So was tun wir nicht!« Ada wiederholte sich. »Nur das Übliche. Und geschlagen wird hier auch keine.« Sie schniefte wütend. »Außer sie werden hochnäsig und benehmen sich nicht. Man muss für Disziplin sorgen, sonst kommt man nicht weit. Vor einem großen, weichen Kerl wie dem da haben die Leute keinen Respekt!« Sie warf Abel einen Blick voller Verachtung zu.
    »Könnte ich mit ein paar von Ihren Mädchen sprechen, um sie zu fragen, ob eine von ihnen Mr. Baltimore hier irgendwo in der Gegend gesehen hat oder weiß, wohin er gegangen sein könnte?«, fragte Hester.
    Ada dachte einen Augenblick darüber nach. »Geht in Ordnung«, sagte sie schließlich. Offensichtlich hatte sie über das nachgedacht, was Hester gesagt hatte, und beschlossen, ein wenig Vertrauen würde ihr eher weiterhelfen. »Aber nicht die ganze Nacht! Die Zeiten sind hart. Wir dürfen keine Gelegenheit versäumen!«
    Hester schwieg.
    Sie unterhielt sich fast eine Stunde lang mit einer gelangweilten oder verängstigten Frau nach der anderen, aber soweit sie sehen konnte, hatte keine von ihnen blaue Flecken. Keine von ihnen war bereit zuzugeben, dass sie Nolan Baltimore je in der Leather Lane gesehen hatte, nur am Fußende der Treppe in der Nacht seines Todes.
    »Blöde Frage, wenn Sie's wissen wollen«, sagte eine Frau namens Polly verächtlich. »Der war doch so 'n Feiner. Dem kam doch das Geld aus den Ohren raus.« Ihr Lachen wurde zu einem Zähnefletschen, das mehr Ekel als Wut ausdrückte. »Sehen Sie uns an, Lady! Glauben Sie wirklich, so einer kommt zu Frauen wie uns? Der will was Besonderes, und er kann dafür zahlen.« Sie zuckte die Achseln und zog das Kleid, das ihr über die Schulter gerutscht war, mit einem Ruck wieder hoch. »Vielleicht geht er zu Squeaky Robinson. Dem seinen Preis kann er bestimmt mit links zahlen.«
    »Squeaky Robinson?«, wiederholte Hester, die es fast nicht glauben konnte. »Wer ist das?«
    »Weiß nicht«, sagte Polly sofort. »In der Nähe von Coldbath und der Brauerei. Hatton Wall oder auch Portpool Lane. Will's gar

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