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Tod eines Holländers

Tod eines Holländers

Titel: Tod eines Holländers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Schlüssel, warum also nicht? Es lag nahe, daß er von dort H i lfe holen würde, aber wahrscheinlich hatte er keine klare Vorstellung, wie spät es war, und er wußte, daß sie ohne die Altenpflegerin nicht in der Lage gewesen wäre, aufzustehen und ihn in die Wohnung zu lassen. Wenn sich h e rausstellte, daß es Signora Giustis Sch l üssel waren und er Hil f e hatte holen wollen, dann würde das doch beweisen, daß er nicht sterben woll t e ! «
    Es bewies allerdings nicht, daß er nicht in der Nacht zuvor hatte sterben wollen. Wer sich m it Hilfe von Schlaftabletten das Leben nimmt, der geht davon aus, daß er ruhig im Schlaf sterben wird und nicht das durch m achen m uß, was der Holländer durchge m acht hat.
    Trotzdem schrieb der Wachtm e ister etwas auf das Blatt Papier: das Wort SCH L ÜSS E L. Er zog einen Kreis darum und betrachtete e s.
    Mein Lieber… es ist eine Tatsache, daß Menschen si c h eigenartig verhalten, und wenn sie un t er Streß stehen… Es bewies nichts, rein gar nichts. Obwohl er allein in seiner Küche saß, wurde der Wachtmeister rot vor Scham u nd Verlegenheit. Wenn jemand wie der Professor, ein gebildeter Mann, praktisch ein Genie, der i m stande ist, das Leben eines Menschen anhand einiger weniger körperlicher Merk m ale zu rekonstruieren, sich nicht auf Selbst m ord festlegen will – wer war er schon, darauf zu bestehen… Eine ganze Ar m ee von ko m petente n , gebildeten Leuten tauchte in der Phantasie des Wachtmeisters auf… der Leutnant, jung, gewiß, aber er hatte das G y m nasium besucht, die Offiziersakade m ie abs o lviert und sprach Fre m dsprachen, er konnte nötigenfalls m it A m sterdam telefonieren, ihm sta n den Männer zur Verfügung, die jedes Detail überprüfen konnten, von seinen Co m putern ganz zu schweigen. Für ihn waren der Staatsanwalt oder Professor Forli ebenbürtige Gesprächspar t ner. Er hockte nicht m it Papier und Bleisti f t am Küchentisch, nachdem er den ganzen Tag in der Stadt herumgefahren war – und zwar i n einem Fiat, der so klein war, daß m an nur m it Mühe hineinka m , und dessen Tür erst nach drei- oder viermaligem Zuknallen schloß.
    Das Wort ›Schlüssel‹ starrte ihn höhn i sch an. Zuallererst m ußte m an doch ein Motiv finden oder sowas Ähnliches. Und wie konnte er herausfinden, ob jemand von dem Tod des Holländers profitierte? Er konnte es nicht, und er hatte kein Recht dazu! Der Leutnant war ein Offizier, während er… er war bloß ein klei n er Bea m ter, er hatte nichts zu sagen… Warum war der Holländer überhaupt nach Florenz gekommen? Eine Geschäftsreise? Mit wem wollte er sich denn treffen?
    Schon ging es wieder los. Aber es hatte ihn nicht zu interessieren. Er war nicht zuständig… Eine Fliege landete auf dem Resopaltisch und m achte sich über einen Brotkrü m el her, der nach der eiligen Abwischaktion des Wachtmeisters liegen geblieben war. Widerlich. Glas und Teller standen benutzt im Spülbecken. In se i ner Verzweiflung schlug er heftig, aber erfolglos nach der Fliege, stand dann auf und begann, das Geschirr zu spülen. Dann wischte er den Tisch noch einmal gründlich ab. Wenn seine Frau hier wäre, m üßte er sich wenigstens nicht auch noch da m it heru m pla g en… er haßte Sch m utz… es hinderte ihn daran, in Ruhe nachzudenken.
    Sofern m an es als Nachdenken bezeichnen konnte… Vor ihm lag noch immer das Blatt Papier m i t dem Wort ›Schlüssel‹ und dem unsinnigen Kreis darum, der ihm noch m e hr Bedeutung geben sollte als er tatsächlich hatte.
    » Du bist ein Ignorant! W i rklich ein Ignorant!«
    Er warf das zerknüllte Blatt in den Papierkorb, löschte das Licht und ging durch das Wohnzimmer in sein Büro, um das Telefon ins Schlafzimmer zu l e gen. Auto m atisch schaltete er für e i nen Mo m ent den Monitor ein, auf dem er den Vorplatz überwachen konnte. Eine Lorbeerhecke und ein Stück Kiesweg, bleich im Mondschein… die hintere Stoßstange seines K l einwagens, der Ko m bi und der Jeep. Er stellte den Monitor wieder ab. Oben war kein Geräusch zu hören. Ginos Radio war schon vor einer Stunde abgestellt worden. Besti mm t schliefen sie alle. Bevor er das Licht aus m achte, fiel sein Blick a uf einen kleinen Stapel Streichholzschachteln und ein paar Münzen neben dem Telefon. Es dauerte eine Weile, bis ihm klar wurde, was es bedeutete, dann nahm er alles an sich und l öschte das L i cht.
    »Ignorant « , m u r m elte er wieder, während er ins Schlafzimmer ging, dabei an den

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