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Tod eines Holländers

Tod eines Holländers

Titel: Tod eines Holländers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Wacht m eister beugte sich p l ötzlich vor, die breiten Hände auf den Knien, starrte sie an und sag t e sehr ruhig: » N e id auf wen ? «
    Seine unver m ittelt ande r e Art beunruhigte Signora Giusti, und sie antwortete folgsa m : »Ich habe gerade von Tonis Stiefmutter gesprochen, Signora Wilkins, so hieß sie, bevor sie Goossens heiratete. All dieser Ärger, den sie m i t ihrer Schwester hatte, ihrer älteren Schwester, sie waren e i n Jahr ause i nander – es war alles nur Neid, und das habe ich ihr auch gesagt. Es schien, als würde sich m eine eigene Geschichte wiederholen, aber bei ihnen ist es sozusagen zwe im a l passiert. Nicht, daß Signora Wilkins so reagiert hätte wie ich; es war nicht ihre Art, andere zu hänseln oder auf den eigenen Vorteil zu achten – Sie brauchen gar nicht so überrascht zu gucken, ich kenne m eine Fehler. Ich bin immer egoistisch gewesen und habe immer eine spitze Zunge gehabt, ich kann ' s ja ruhig zugeben, jetzt, da m ein Leben vorüber ist und es zu spät ist, sich noch zu ändern. Aber Signora Wilkins war ein völlig anderer Mensch. S i e hat gut ausgesehen als junge Frau, ihre Schönheit aber nie eingesetzt, wenn Sie verstehen, was ich m eine. Sie heiratete als erste, genau wie ich, a b er sie heiratete einen M ann, der außer Ideen und Unternehmungsgeist praktisch nichts besaß. Ich glaube, ihre Eltern waren nicht besonders begeistert, und die Schwester reagierte ausgesprochen hä m isch. Wenn ich es rich t ig deute, dann war sie selbst in den jungen Wilkins verknallt, wollte aber einen Mann ohne Geld und Rang nicht heiraten – sie nicht. Naja, es wurde geheiratet, und ich schätze, der junge Mann hat in allen m öglichen B erufen gearbeitet, ehe er seine Idee hatte . «
    »Was für eine Idee ? «
    Ob sie wohl jem a ls bis zum Holländer kom m en würden?
    »Ich werd ' s Ihnen erzählen, wenn Sie m ir zuhören. Offenbar wird in Nordengland Tuch hergestellt, so wie in Prato, ver m ute ich, eine Industriegegend, Bau m wolle etcetera. Al s o, wie in Prato konnten die Leute dort Stoffe praktisch u m sonst beko m men, wenn sie sie direkt von der Fabrik bezogen, Reste und Stücke m it kleinen Webfehlern, m a n ch m al ganze Ballen. Wie auch immer, Wilkins war dort oben als Vertreter irgendeiner F i r m a unterwegs und kam auf die Idee, das Zeug aufzukaufen und es in den Süden zu transport i eren, wo sie wohnten – fragen Sie m ich nicht, wie der Ort heißt, ich würde m ir die Zunge brechen. Jedenfalls konnte er das Zeug dort für das Doppelte des Einkaufspreises wiederverkaufen, und t rotzdem war es im Vergleich zu den Ladenpreisen noch i mm e r billig – ich m ußte i mmer lachen, wenn Signora Wilkins davon gesprochen hat. Schließlich hat sie tatsächlich einen Tuchhändler geheiratet, nicht wahr, jedenfalls einen Tuchhändler im weitesten Sinne. Deshalb habe ich ihr gegenüber nie von den Witzen erzählt, die ich über m eine Schwester ge m acht hatte. Es hätte sie wo m öglich verletzt … «
    Der Wachtmeister versuchte, sich die Engländerin vorzustellen, der es gelungen war, das Gute in Signora Giustis ichbezogenem kleinen Herzen anzusprechen. Sie m ußte etw a s Besonderes gewesen sein, denn offenbar war sonst niemand von dieser spitzen Zunge verschont worden. » Und hat es sich gelohnt für ihn, finanziell ? «
    » Und ob! Er hat ein Ver m ögen verdient. Am Anfang war es natürlich ein ziemliches Risiko, weil er ja seine Ste l lung kündigen m ußte. Sie hatte zwar etwas gespar t , aber nicht sehr viel. Sie m ußten schon nach wen i gen Monaten Erfolg haben. Es fing da m i t an, daß er das Zeug kofferweise m i t der Bahn in den Süden schaffte. Sie ist im m er m i tgefahren und hat ihm geholfen – und ich sage Ihnen, sie war von Ihrer Erziehung her für ein solches Leben nicht vorbereitet. Ihr Vater war wohl Rechtsanwalt. S i e sind dreimal die Woche hin- und wieder zurückgefahren, und dann stand er m i t den offenen Koffern auf dem M arktplatz. Nicht ein m al einen Stand hatten sie. Aber die Leute haben sich um das Zeug gerissen, sagt sie, gerissen haben sie sich daru m . Es waren ja hochwer t ige Stoffe, m eist mit irgendwelchen winzigen, unsichtbaren Webfehlern, Polsterstoffe aus Brokat, Bettbez ü ge, Handtücher, einfach alles… Bald besaßen sie einen Stand und einen kleinen Lieferwagen. Sie hatten keine Kinder, aber sobald es ihnen e i niger m aßen gut ging, verlangte er, daß seine Frau zu Hause bleiben sollte. Sie war darüber nicht sehr froh, denn

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