Tod eines Holländers
Gerichts m edizinischen Inst i tut freigegeben worden war, hatte sich Signor Beppe, der Goldsch m ied, um alle F or m alitäten geküm m ert. Der Holländer lag jetzt, in seinem Sarg, im Goldsch m iede a telier, das zu diesem Zweck freigeräumt und mit Bl u m en von nebenan und zwei Bienenwachskerzen gesch m ückt worden war.
»Besser hie r « , hatte der Goldsch m ied gesagt, als der Wachtmeister und der Leutnant auf ihrem Weg zur Zentrale bei ihm vorbeigeschaut hatten, um zu kondolieren, »als dort obe n « , und er drehte die Augen kurz zur Decke. » Hier in d iesem Zimmer hat er sich immer wohlgefühlt . «
Sie hatten ihm nicht widersprochen.
»Wachtmeister…«
Der Leutnant kam m it einem Zettel herein und legte ihn wortlos vor den Wacht m eister, bevor er sich ihm gegenüber hinsetzte.
»Tja, Herr Leutnant « , s agte der Wachtmeister, nachdem er einen Blick auf den Zettel geworfen hatte, » niemand wäre so töricht und würde lügen, wenn er solch eine Einreisekarte ausgefüllt hat . «
»Ich weiß . «
Der Leutnant rieb sich d i e Augen, und seine Finger waren vor Nervosität ganz steif. » D ie Sache ist nur die: wir haben so wenig Zeit, daß jede Sackgasse uns wertvolle Minuten kostet . «
Aus seiner Erfahrung wußte der Wachtmei s ter, daß die Überprüfung des Offensichtlichen ein wichtiger Bestandteil jeder Er m ittlung war, doch jetzt war nicht d i e Zeit, darauf hinzuweisen.
»Ich habe mal aufgeschr i eben, was wir alles wisse n « , sagte er.
» Und a lle P ersonen, die irgendwie mit d e m Fall zu tun haben – vielleicht sollten wir m it dem chronologischen Ablauf beginnen, so wie er sich uns darstellt. Wenn Sie wollen, lese ich vor, und Sie können sich derweil schon Gedanken m achen . «
»Einverstanden . «
Der Leutnant sah hinter seinen Fingern hervor.
» Also. Der Holländer war zum letzten Mal vor vier Monaten hier, und wir wissen von Signor Beppe, daß er in dieser Zeit gesagt hat, er glaube, daß seine Stiefmutter – d ie er seit zehn Jahren nicht m ehr gesehen hat – zurückkommen werde. Er hat nicht gesagt, waru m . Hätte uns da m i t eine M enge Proble m e erspart. Nach seiner Abreise wurde i hm die Post nachgeschickt, aber etwas Wichtiges scheint nicht darunter gewesen zu sein – jedenfalls, Signora Goossens gibt an, sie sei nach Florenz gekom m en, nachdem sie m it ihrem Stiefsohn vereinbart habe, sich hier m it ihm zu treffen, und in dieser Angelegenheit Briefe zwischen England und A m sterdam hin und her gegangen seien. Der Holländer fährt also nach Florenz, wobei er seiner Frau erklärt, daß es sich um eine Geschäftsreise handelt. Signor Beppe und Signora Giusti sagen aus, daß seine Frau gegen die Stief m utter eingestellt i st, da sie die Frau ke i n einziges Mal gesehen hat und sie nur als eine Person kennt, die durch i hr Verschwinden ihrem Mann eine Menge Kopfzerbrechen bereitet hat. Wahrscheinlich aus diesem Grund hat er ihr nichts von dem tatsächlichen Anlaß der Reise gesag t . Er bestieg den Holland- Italien-Expreß, der A m sterdam u m 20.19 Uhr verläßt und in Florenz am nächsten Tag, also Sonntag, um 16.33 Uhr hätte ankom m en m üssen. Tatsächlich war es so « , er verglich seine Notizen m i t der Auskunft des Bahnhofsvorstehers, » daß der Zug in Basel neunzehn Minuten aufgehalten wurde, weil irgendein Güterzug en t gleist war. Bei jedem späteren Halt kam dann noch m ehr Verspätung hinzu, so daß er schließlich in Florenz um 18 . 56 Uhr eintraf. Aufgrund der Untersuchung des Mageninhalts wissen wir, daß er m indestens an zwei Stellen war, um etwas zu essen zu kaufen. Das könnte notfalls noch überprüft werden. Schinken und Käse etcetera kann er nur bei ein e m Grill i m biß be k om m en hab e n, denn es war Sonntag. Den Kaffee konnte er an je d er x-beliebigen Bar gekauft haben.«
» Dafür benötigen wir ein Foto von ihm aus jüngerer Zeit, was wir aber nicht haben . «
» Vielleic h t h at Signora Giusti eins in ihrem Alb u m. Wir können jetzt aber nicht zu ihr, sie schläft bestimmt schon, aber vielleicht m orgen … «
» Also. Er m e ldete sich nicht bei Signora Giusti, als er sein Haus betrat – vielleicht wollte er seinen Besuch ja geheimha l ten, aber es könnte auch so gewesen sein, daß es schon spät war und er keinen plausiblen Grund hatte, sie aus dem Schlaf zu holen –, u m halb acht liegt sie immer schon im Bett. Die m y steriöse Frau erscheint gegen acht. Wir können anneh m en, daß sie schon zu Abend gegessen
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