Tod eines Holländers
überraschte die junge Frau beim Hantieren unter der Matratze . «
» Kann sie d enn nicht einfach das Bett ge m acht haben, so wie jeden Tag ? «
» Natürlich nicht. Versuchter Diebstahl. Außerdem soll sie auch vorgehabt haben, sie langsam zu vergiften . «
» Aha . «
Dem Wachtmeister wurde klar, daß er, wohl wegen seines reifen Alters und des Konfekts, einigerma ß en ungeschoren davongekom m en war. » Dennoch scheint die Fa m ilie des Holländers ihre guten Seiten angesprochen zu haben – ich bin fast überzeugt, daß das, was sie uns von ihnen erzählt hat, die Wahrheit ist, es sei denn…«
»Es sei denn ? «
»Wenn nicht, dann war es jedenfalls sehr clever von ihr. Vielleicht hat sie die m y steriöse Frau erfunden… aber das war j a schon, bevor wir hinübergingen, also bevor sie wußte, daß ein Toter in der Wohnung lag . «
Oder doch? Der Wachtm e ister sah die alte Frau boshaft grinsend in ihrem Sessel sitzen, sah sie m it d e m Schlüssel des Holländers i n der Hand, sah sie den Korridor entlanghumpeln, und bevor sie überhaupt etwas gesehen hatte, sagte sie » W as haben Sie gefunden? Ist j e m and tot ? «
Und ihr Sch l üssel befand sich in der Hand des Holländers. D i e Annah m e, daß er sich bei Signora Giusti hatte Hilfe holen wollen, hatte nahegelegen, aber woher wollten sie wissen, daß er nicht gerade von dort zurückgekehrt oder im Begriff war, ein zweites Mal hinüberzugehen, v i elleicht u m festzustellen, was sie ihm gegeben hatte und woraufhin ihm derart übel geworden war?
»Ist was, Herr Wachtmei s ter ? «
»Ich… ich v ersuche gerade, m ir Signora Giusti nicht bloß als alte Frau vorzustellen, die aus unseren Überlegungen herausfällt. So halten wir es doch immer m i t alten Leuten, als ob sie wegen ihres Alters keine Menschen, keine eigenen Persönlichkeiten m ehr wären. Signora G i usti selbst hat m ich darauf hingewiesen. Sie will beachtet werden, verstehen Sie… nicht im Mittelpunkt stehen, nur einfach beachtet werden.«
»Wieso denn nicht ? «
» Na, weil … «
»Weil sie alt ist. Genau das versuche ich ja zu erklären, Herr Leutnant. Ich weiß, ich kann m ich n icht gut ausdrücken, ich b i n kein gebildeter Mann…«
›Das alte Schlüsselloch, weiter unten. Sie müß t en die ganze Wohnung sehen können.‹ Hatte sie etwas gesehen? War tatsächlich dort eine Frau gewesen?
›Wenn er zurückkommt, dann besucht er mich immer zuerst.‹ Und wenn nich t ? War das Gift wo m öglich für die andere Frau bestimmt, wer sie auch gewesen sein m ochte, und der Holländer starb aus Versehen?
»In ihrem Alte r « , sagte der Leutnant, »hat sie doch nichts m ehr zu gewinnen.«
»In ihrem Alter hat sie nichts m ehr zu verlieren. Wir w i ssen aber nicht, was sie wo m öglich gewinnen könnte… Rache, befriedigte Eifersucht, vielleicht sogar eine kleine Erbschaft ? «
»Ich weiß davon « , sagte der Leutnant. In der Akte vor ihm lag eine Fotokopie des Tes t a m ents, die sie bei den Anwälten des Holländers angefordert hatten. » Aber man e r m ordet nicht einen alten Freund für ein paar Millionen Lire. Selbst m i t gesunden Beinen würde sie damit n icht weit kom m en. Ve r mutlich würde es gerade m al f ür ein paar neue Kleider reichen . «
Der Wachtmeister dachte einen Mo m ent nach und sagte dann ruhig: » Es würde für ihre Beerdigung reichen . «
»Wofür ? «
» Für ihre Beerdigung. Wahrscheinlich ist es dafür gedacht. Ich glaube, es ist das einzige, was für sie noch wichtig ist . «
Er fühlte ihre winzigen Finger, die sich verzweifelt in seinen Arm krallte n .
›Was w i rd b l oß aus meinen armen alten Knochen?‹ überlege gerade… Haben wir die Num m er des Goldsch m ieds? Ich m eine, seine Privatnummer ? «
» Ja, die Liste liegt ganz hinten in der Akte . «
»Ich denke, wir sollten ihn anrufen, wenn Sie einverstanden sind…«
» Gut. Ich kann zwar nicht behaupten, daß ich Ihre Ver m utung teile, aber Sie haben recht, wenn Sie sagen, daß es falsch wäre, sie von vornherein als potentielle Verdächtige auszuschließen. Ohnehin wird sich m ühelos feststellen lassen, ob sie Schlaftabletten oder Wiener Kaffee i n der Wohnung hatte, da sie ja selbst nicht einkaufen gehen kann – i m Ernst, Herr Wachtm e ister, Sie m üssen zugeben, daß es ziemlich abwegig i st, sie zu verdächtigen. Selbst wenn sie nichts von kri m inalistischen Er m ittlungs m ethoden u nd dergleichen wußte, so m uß ihr d och klargewesen sein, daß wir ihr auf
Weitere Kostenlose Bücher